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Foto: Louise Hagger / Quadrille
Ich falle jetzt mal mit der Tür ins Haus: Ich liebe Kohlenhydrate. Warum ich das sage? Setz dich kurz, ich erzähl's dir.
Wir schreiben das Jahr 2018: Winzige Großstadtwohnungen von jungen Menschen quellen über vor Sukkulenten, die Welt wird von Monstern regiert, Cola Light kann man auch mit exotischem Mangogeschmack kaufen (WARUM) und wer will, lässt sich Kisten voller regionalem, saisonalem Bio-Obst und -Gemüse direkt nach Hause liefern. Es gibt mittlerweile Anbieter, die dich vor die Wahl stellen: Gemüsekiste mit oder ohne Kartoffeln. Soweit sind wir mittlerweile gekommen. Eine Option ohne Möhren oder Zwiebeln gibt es nicht. Aber die Kundschaft hat scheinbar irgendwann feierlich verkündet: „Wir wollen nicht jede Woche Kartoffeln in der Gemüsekiste. Wir schaffen so viele Kartoffeln nämlich gar nicht, weil wir sie nur einmal die Woche an unserem Cheat Day essen dürfen.“
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Kartoffeln. Aus dem Acker. Nur am Cheat Day. Was geht ab?
Es ist kein Geheimnis, dass Dinge besser schmecken und sich besser anfühlen, wenn sie eigentlich verboten sind. Aber ich bezweifle, dass Kohlenhydrate etwas sind, das wir uns verbieten sollten. Ich denke, dass Kohlenhydrate einfach gut schmecken und sich gut anfühlen und dass es ein glücklicher Zufall ist, dass sie uns außerdem mit der Energie versorgen, die wir brauchen, um die Dinge im Leben zu tun, die wir tun wollen. Wenn vermeintliche Gesundheitsapostel mir weismachen wollen, dass carb-free besser ist, dann heißt das für mich eigentlich nur, dass sie nach einer durchzechten Nacht noch nie richtig gute Pizza gegessen haben.
Je älter ich werde, desto bewusster wird mir, dass ich mir einige Sachen einfach abschminken kann: Gleiches Geld für gleiche Arbeit, eine funktionierende Regierung und einen Paketboten, der tatsächlich vorher klingelt, bevor er mir den „Wir haben Sie heute leider nicht zu Hause angetroffen“-Zettel in den Briefkasten schmeißt, zum Beispiel. Aber worauf ich mich verlassen kann, ist Kartoffelbrei. In einer Welt mit wenigen glücklichen Zufällen werde ich mir die Freude, Kartoffeln mit Butter, Salz und Pfeffer zu einem cremigen Brei zu stampfen, sicherlich nicht nehmen lassen! Davon hält mich niemand ab. Vor allem kein Robert Atkins, Erfinder der berühmten low-carb (wahlweise no-carb) Atkins-Diät. Dieser prägte seinerzeit den Ausspruch, es wäre gesünder, Sahne zu trinken, als Basmatireis zu essen. Der gute Mann starb vor nunmehr 16 Jahren nach einer Reihe von Herzinfarkten im Alter von 72 Jahren. Und weißt du was? Wir werden alle sterben.
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Foto: Louise Hagger / Quadrille
Was mir außerdem an Kohlenhydraten gefällt, ist ihr vornehmes Understatement, selbst wenn sie der eigentliche Star eines Gerichts sind. Anders als Proteine, die sich ins Rampenlicht stellen und schreien „Schau mal, wie toll ich bin“, würden die bescheidenen Kohlenhydrate nur vom Tellerrand aus murmeln: „Ich bin die Nudel, und ich bin hier um alle anderen zu supporten“. Dabei verdienen so viele Gerichte mit Kohlenhydraten in Wirklichkeit Standing Ovations! Eine Backkartoffel mit einer leckeren goldbraunen Knusperschale und einem butterweichen, duftenden Inneren beispielsweise kann, wenn sie richtig zubereitet wird, ein spektakuläreres Dinner abgeben als so mancher Hummer. Und wie geil es sich anfühlen kann, einfach nur vor einem riesigen Teller Pasta zu sitzen, muss mir nun wirklich niemand erzählen. Oder wie es der berühmte Foodie Kevin McCallister aus Kevin – Allein zu Haus einmal treffend formulierte: „Lieber Gott, bitte segne diese nahrhaften 5-Minuten-Mikrowellen-Makkaroni mit Käse und die, die sie mir so billig verkauft hat.“
Und weißt du, wofür Essen mit Kohlenhydraten auch noch bestens geeignet ist? Fürs Soßentunken. Ich liebe es, zu tunken! Etwas in richtig viel Soße oder Dip zu tunken, ist eines der wohltuendsten Gefühle. Und hast du schon mal eine Feige getunkt, oder eine Sardine vielleicht? Hoffentlich nicht. Denn, meine lieben Freunde und Freundinnen, man tunkt Brot. Gibt es etwas Schöneres, als einen kleinen Teller voller Aioli, Zaziki und Romesco-Soße zu bekommen, den man dann mit Hilfe einiger Scheiben knusprigen Sauerteigbrots leerputzen/-wischen/-tupfen kann? Ich denke nicht.
Das neue Jahr steht vor der Tür und wenn wir ehrlich sind, sieht es weltpolitisch nicht rosiger aus als das vergangene. Deswegen möchte ich dich um einige kleine Gefallen bitten: Abonniere die Gemüsekiste mit den Kartoffeln. Gönn dir ab und an eine richtig saftige Käsepizza. Bestell' dir die Vorspeisenplatte mit all den Dips und einem halben Brotlaib und iss danach einen Teller Pasta. Wir werden alle sterben. Bis es soweit ist, sollten wir das Beste aus dem machen, was wir haben.

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