Wir wissen auch, dass Frauen bei manchen ernsthaften Krankheiten andere Symptome aufweisen. Wenn Frauen zum Beispiel einen Herzinfarkt haben, bekommen sie das klassische Symptom Brustschmerz, oder auch nicht. Stattdessen haben sie mit höherer Wahrscheinlichkeit als bei Männern Atemnot, kalte Schweißausbrüche und Benommenheit. Das Geschlecht ist zwar nicht in allen Gesundheitsaspekten ein Faktor, aber wenn, dann wird es oft ernst.
„Wir wissen noch nicht, ob das Geschlecht grundsätzlich bei jeder Krankheit, bei jedem Leiden einen Einfluss hat, aber wir müssen wissen, wann es einen Einfluss hat“, sagt Phyllis Greenberger, Vorsitzende und Geschäftsführerin der Society for Women's Health Research (dt. Gesellschaft zur Forschung an Frauengesundheit). Sie nahm kürzlich an einer Kongressbesprechung teil, auf der die Rolle der Geschlechtsunterschiede in der medizinischen Forschung diskutiert wurde und die von ihrer Gesellschaft und der Endocrine Society mitgesponsert wurde.
Greenbergers Gesellschaft war wesentlich an der Verabschiedung des NIH Revitalisierungsgesetzes im Jahr 1993 beteiligt, das vorschrieb, dass alle von den nationalen Gesundheitsinstituten (NIH) finanzierten klinischen Versuche Frauen und ethnische Minderheiten berücksichtigen müssen. Diese Gesellschaft ist auch eine von vielen, die derzeit daran arbeitet, um dieselbe Berücksichtigung für Tiere und Zellen, die in vorklinischen Versuchen verwendet werden, zu erreichen – nicht nur für Menschen.
Dankenswerterweise drängen die NIH jetzt darauf bedeutende, dauerhafte Veränderungen in der Forschung umzusetzen. Im September letzten Jahres begannen sie eine Reihe von Vorschriften, Bestimmungen und Anreizzuschüssen einzuführen, um Forscher dazu anzuregen (und in vielen Fällen auch von ihnen zu verlangen), das biologische Geschlecht als signifikanten Faktor in ihrer Arbeit zu behandeln.
„Es geht einfach so weiter, wie es immer schon war“, sagt Dr. Jeffrey Mogil von der McGill University. „Ich denke, in diesem Fall wird die Trägheit durch eine Erwartung angeregt, die zwar begründet, aber falsch ist.“ Er meint damit die Grundannahme der Biomedizin, dass die weiblichen Hormonzyklen beim Tier, die aufgrund des Brunst- und Menstruationszyklus schwanken, in alle gesammelten Daten noch eine Variabilitätsquelle hereinbringen.
Aus Wissenschaftlerperspektive fallen die Ergebnisse umso besser aus, je stärker überwacht ein Experiment ist. Bei weniger Variabilität im Tierproband (wie zum Beispiel einer Laborratte) können die Forscher auch weniger Tiere verwenden und geben weniger Geld aus, deshalb halten sich viele an die ausschließliche Verwendung männlicher Tiere, damit es schlichtweg einfacher und billiger wird.