Der zweite der wichtigsten jüdischen Feiertage steht an: Jom Kippur beginnt mit dem heutigen Sonnenuntergang und hört mit dem Sonnenuntergang morgen auf. Auch als Versöhnungsfest bekannt, ist dieser Feiertag der besinnlichste aller jüdischen Feiertage. Doch Andacht bedeutet nicht gleich Trauer.
Jom Kippur ist der Abschluss der zehn Bußetage nach dem jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana, welches in diesem Jahr vom 20. bis 22. September stattfand. Laut Überlieferung wurden an diesem Tag die Vergehen des Volkes Israel bekannt gegeben, indem sie vom Hohepriester einem „Sündenbock“ übertragen wurden, der daraufhin in die Wüste geschickt wurde – und mit ihm verschwanden sinnbildlich auch die Sünden.
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An Jom Kippur wird nun über das vergangene Jahr reflektiert und mit Gebeten und Essen positiv auf das neue Jahr eingestimmt. An Jom Kippur hingegen wird durch Fasten, Beten und traditionelles Fernbleiben von der Arbeit eine Art intensivere Reflexion und innere Reinigung begangen. „Ich würde es so ausdrücken: An Rosch Haschana wird evaluiert, an Jom Kippur wird ausgeführt“, sagt Rabbi Yonah Hain von der Columbia-Barnard Hillel-Synagoge.
Durch das Fasten und den Verzicht auf sämtliche sexuelle Aktivität wird daran gemahnt, erreiche man traditionell einen höheren Grad der Besinnung und einen klareren Gedankenfluss. Es wird das vergangene Jahr ausgewertet, Lehren daraus gezogen und für das kommende Jahr aufgestellt, was und wie man sich verbessern will. Mit diesen Fragen sollen gläubige Juden und Jüdinnen vor allem Gott näher kommen und vor ihm und denjenigen, denen sie im letzten Jahr Unrecht getan haben, nach Vergebung streben. Rabbi Hain sagt dazu: „Es ist ein Tag, der sich einzig und allein der Selbstreflexion und der Arbeit an sich selbst widmet.“
Zusätzlich zum Fasten wird häufig die Synagoge besucht, die zu Jom Kippur spezielle Messen anbietet: Manche verbringen einen ganzen Tag dort, andere einige Stunden oder morgens und abends, wieder andere besuchen die Synagoge nur einmal. Auch die Gebete, die zu Jom Kippur gesprochen werden, orientieren sich am Grundgedanken der Vergebung und der Versöhnung mit dem Vergangenen. Abgeschlossen wird ein Jom-Kippur-Gottesdienst laut Rabbi Hain mit einem kräftigen Hieb ins Shofar-Horn, welches an hohen Feiertagen traditionell als Signalton genutzt wird.
Der Gedanke hinter Jom Kippur ist also im Grunde, die Selbstreflexion, das Versöhnen mit Gott und vergangenen Fehlern, und die durch klare Gedanken und Gebete manifestierte Verbesserung des Selbst, um ein besserer Mensch und ein besseres Mitglied der eigenen Gemeinschaft zu sein. Natürlich bedeutet dies im weiten Maß auch Ruhe und Andacht, ultimativ ist es jedoch ein Feiertag, der einen positiven, hoffnungsvollen Grundstein für die Zukunft legen soll.
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