Gerade wenn man denkt, dass das Designerkarussell zum Halten gekommen ist, folgt die nächste große News. Nach einem Jahr voller Spekulationen um den nächsten Schritt des ehemaligen Dior-Kreativdirektors Raf Simons, hat Calvin Klein nun bestätigt, dass der belgische Modeschöpfer die kreative Leitung des amerikanischen Modehauses übernehmen wird.
Nach seinem Abgang von Dior im Oktober 2015 gab es im vergangenen November die ersten Gerüchte um eine neue Rolle bei Calvin Klein. Unterstützt wurden die Annahmen dadurch, dass Francisco Costa, zuletzt verantwortlich für die Damenlinie, und Italo Zucchelli, Kreativdirektor der Männermode, das Label im April 2016 verlassen haben. Gleichzeitig wurde angekündigt, dass die beiden Linien in Zukunft unter der Leitung einer Person stehen sollen.
Aber warum hat es fast ein Jahr gedauert, bis das verkündet wurde, worüber in der Modeindustrie schon seit Monaten getuschelt wird? Der Grund ist eine strenge Wettbewerbsverbotsklausel in Simons Vertrag mit Dior, die erst Ende Juli ausgelaufen ist, und ihm nun die Freiheit gibt, zu Calvin Klein zu wechseln. Mittlerweile ist der Designer bereits nach New York gezogen und hat erste Meetings mit Mitarbeitern seines neuen Teams wahrgenommen. Seine erste Kollektion wird voraussichtlich in der Herbst/Winter 2017 Saison erscheinen.
Obwohl es Simons großes Talent ist, Männermode zu revolutionieren und die Art, wie der moderne Mann sich kleidet, zu verändern, hat seine Karriere ihren Ursprung im Möbeldesign. Sein ikonisches Herrenlabel hat er 1995 gelauncht, zehn Jahre später wurde er zum Kreativdirektor von Jil Sander und designte zum ersten Mal Frauenmode. Sieben Jahre war Simons bei dem Mailänder Modehaus angestellt, bis 2012 die Namensgeberin zu ihrer eigenen Marke zurückkehrte.
Wenige Monate später wurde dann verkündet, dass Simons Bill Gaytten als Kreativdirektor bei Dior ablösen wird. Vorab hatte John Galliano den wichtigen Posten inne, bis er auf Grund von antisemitischen Bemerkungen entlassen wurde. Nach nur drei Jahren verließ Simons Dior dann allerdings wieder, obwohl er für seine Arbeit als Kreativdirektor der Frauenlinie gefeiert wurde. Dem Designer gelang es das Erbe des Traditionshauses einerseits zu respektieren und gleichzeitig den Look zu modernisieren. In einem Statement zu seinem Weggang sagte Simons: „Die Entscheidung basiert auf meinem Wunsch, mich auf andere Interessen in meinem Leben zu konzentrieren und meine Leidenschaften außerhalb meiner Arbeit auszuleben.“
Wenn man diese Gründe bedenkt, dann ist es durchaus überraschend, dass Simons nun zu einem anderen Multi-Millionen-Dollar-Unternehmen wechselt, das dem gleichen Kreislauf folgt, dem er zuvor entfliehen wollte. Wenige Monate nach seinem Abschied von Dior sagte Simons gegenüber dem Telegraph:
„Meiner Meinung nach konzentrieren sich alle auf die falschen Dinge. Überall wird darüber diskutiert, ob man die Kollektion gleich am nächsten Tag oder drei Tage nach der Show verkaufen sollte, oder tweeten wir dies oder instagrammen wir das? Sie wissen schon, dieser ganze Mist. Aber wird all das in 30 Jahren noch eine Relevanz haben? Ich denke nicht. Wir sollten uns eher fragen, ob wir genug kreative Menschen haben, die stark genug sind, alles zu geben, um mit diesem Irrenhaus mitzuhalten. Viele hinterfragen diesen Zustand heute. Meine Generation stellt sich in dieser Hinsicht gerade um. Phoebe Philo, Nicolas Ghesquière, Marc Jacobs und ich arbeiten 20 Jahre oder länger in der Branche. Wir wissen, was Mode war und wohin sie sich entwickelt. Jetzt geht es darum, was wir bereit sind dafür zu tun und wie wir es tun."
Vor diesem Hintergrund können wir es nicht erwarten herauszufinden, wie Simons diese Frage beantworten wird und wie er in seiner neuen Rolle bei Calvin Klein die Zukunft der Mode gestalten wird.
Übersetzt von Katja Schweitzberger
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