In einer Welt, in der Apps permanent zur Arbeit auffordern – Map My Run: „Lauf doch mal wieder!“, Wecker: „Steh jetzt auf!“, Instagram: „Fotografiere dein Essen im richtigen Winkel!“, Breathe: „Durchatmen!“, App Store: „Wenn du die beiden Updates nicht machst, vernichtet sich dein Smartphone selbst!“ – war WhatsApp bisher das verdiente Kaffeepäuschen.
Wer in Gruppenchats keine Lust hatte, bei jedem der dreiundzwanzig „Okays“ benachrichtigt zu werden oder sich einen Hauch Bedenkzeit auf die drängende Frage „Wer macht eigentlich noch Baguette?“ verschaffen wollte, navigierte sich einfach in Richtung Lautlos und gönnte sich eine Auszeit mit variabler Länge. Acht Stunden? Eine Woche? Oder gleich ein Jahr? Wann man das nächste Mal benachrichtigt werden wollte, hatte man selbst in der Hand.
Dieses Päuschen hat WhatsApp gerade für beendet erklärt. Die Wired berichtet, dass die Gruppenchat-Funktion mit sofortiger Wirkung aktualisiert wurde: Taggt man eine Person in einer Konversation mit mehreren Leuten mit einem @ vor dem Namen, wird sie automatisch mit einer Push-Nachricht auf dem Smartphone darüber informiert. Auch das Stummschalten ändert daran nichts.
Ab sofort fühlt sich also auch WhatsApp wie ein Ort an, an dem man permanent Bereitschaftsdienst hat: „Du – ja, genau du! – ganz kurz nur!“ Gruppenchats sind jetzt nicht mehr die Kaffeepause, sondern das Großraumbüro der getippten Kommunikation: Alle reden durcheinander, 90% ist Grundrauschen und trotzdem wird von dir immer genau dann eine Antwort gefordert, wenn du dir gerade Kopfhörer aufgesetzt hast.
Ob die Entwickler in Zukunft eine Möglichkeit anbieten werden, die neue Funktion auszuschalten, steht noch nicht fest. Bisher scheint die @-Aufforderung aber gesetzt zu sein – und macht damit WhatsApp-Nachrichten ungefähr so fordernd wie ein klingelndes Telefon. Ignorieren ist natürlich immer noch möglich, bei einer persönlichen Push-Nachricht mit dem Namen am Anfang fällt das aber gleich doppelt so schwer als bei einer kleinen Zahl über dem WhatsApp-Logo...
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