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Zeigt der Überfall auf Kim K, dass wir unser Social-Media-Verhalten ändern sollen?

Foto: Getty
Eine junge Frau ist in einer Großstadt in ihrem Apartment überfallen worden. Die Täter waren auf der Suche nach Wertgegenständen und ließen sie gefesselt und geknebelt im Badezimmer zurück. Davor kann im Zweifelsfall nicht einmal die beste Alarmanlage schützen. Doch weil es sich bei der Frau um Kim Kardashian handelt, die ihren Lebensunterhalt damit verdient, sich in den sozialen Medien möglichst gewinnbringend zu präsentieren, ist sie angeblich selbst daran schuld. Erbeutet haben die Täter laut TMZ unter anderem einen millionenschweren Ring, den Ehemann Kanye West ihr gerade erst geschenkt hat. Gemeinsam mit ihren anderen Schmuckstücken – der aufmerksame Follower weiß, dass allein ihr Verlobungsring stolze 15 Karat schwer ist – steht er regelmäßig im Rampenlicht. Der Tenor in den Kommentarfeldern: Wer so viel öffentlich von sich preisgibt und protzt, hat es nicht anders verdient. Wer diesen Artikel bis hierher gelesen hat, hätte übrigens im selben Zeitraum herausfinden können, wo ich wohne. Damit meine ich nicht nur Berlin als anonymen Überbegriff. Snapchat-Filter verraten meinen Kiez. Instagram-Essensfotos mein Lieblingscafé. Wer es darauf anlegt, kann genau erfahren, wie mein Hauseingang aussieht. Ich besitze keine teueren Designertaschen, aber ein Macbook. Und ein iPhone. Ich snappe meinen Fernseher im Bad. Und meinen Fernseher im Wohnzimmer. Ich tagge Acne Studios, wenn ich Acne Studios trage. So gesehen bin ich eine offene Einladung: Wer möchte, entdeckt sehr genau, wann etwas wo und wie bei mir zu finden ist. Macht mich das angreifbar? Gerade habe ich The Circle gelesen, ein Bestseller aus dem Jahr 2013, der die Welt unter der inoffiziellen Herrschaft eines übermächtigen Facebook- und Google-Klons zeigt. Mae, die Hauptperson, trägt irgendwann eine Kamera um den Hals, die nonstop live überträgt, was sie tut. Im Circle-Sprech heißt das „to go transparent“. Wenn jeder alles sehen kann, hat niemand etwas zu verbergen. Im Buch verspricht man sich davon, die Welt zu einem sichereren Ort zu machen. Im wahren Leben scheint die Nutzung von Instagram und Snapchat auf einmal daran schuld zu sein, dass eine der bekanntesten Social-Media-Protagonistinnen geknebelt im Badezimmer liegt. Sind wir also bescheuert, weil wir Statussymbole auf allen Kanälen teilen, obwohl niemand ein Genie sein muss, um herauszufinden, wo sie zu holen sind? Kim Kardashian wäre auch ohne ihre Ringe in den sozialen Medien eine Person des öffentlichen Lebens, die ganz offen zugibt, dass sie ihr Jahreseinkommen regelmäßig in die Forbes-Liste katapultiert. Instagrambilder und Snaps machen ihren Luxusalltag nahbar und zeigen, warum wir uns auf einmal betroffen fühlen, selbst wenn unser Leben ihrem nicht einmal ansatzweise gleicht. Genau deshalb hinkt der Vergleich mit dem Überfall von Paris. Wer öffentlich postet, entscheidet sich dafür, ein Stück seiner Privatsphäre mit der Welt zu teilen. Wer in die U-Bahn steigt und sein Smartphone aus der Tasche holt, setzt sich aber einem ganz ähnlichen Risiko aus – ob mit Verlobungsring von Kanye West oder ohne.

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