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The Kills-Frontfrau Alison Mosshart: „Wir verdienen nicht mehr viel Geld“

Foto: Kenneth Cappello.
Mit ihrem rumpelig-krachenden Indierock zählen The Kills zu den wohl eigenwilligsten Formationen innerhalb der modernen Popmusik. 2017 feiern Alison Mosshart und Jamie Hince ihr 15-jähriges Bandjubiläum, in dessen Rahmen das amerikanisch-britische Duo am kommenden Wochenende auf dem berüchtigten Melt!-Festival in Gräfenhainichen zu erleben ist. Vorher haben wir uns allerdings Frontfrau Alison geschnappt und mit ihr über süchtig machende Adrenalinschübe, öffentliche Vorbildfunktionen und gleichgeschlechtliche Liebe in modernen Zeiten gesprochen...
Alison, du hast dir das Datum eures aller ersten Livekonzerts tätowieren lassen. Mittlerweile sind 15 Jahre vergangen - welche Erinnerungen hast du heute noch an dieses wichtige Ereignis?
Unser erstes Konzert fand in einem Schuppen namens 12 Bar in der Denmark Street in London statt. Leider existiert der Laden heute nicht mehr. Die Show war angsteinflößend und gleichzeitig unglaublich toll; in jeder Beziehung ein unfassbares Erlebnis: Obwohl wir noch keinen Bandnamen hatten, waren ungefähr 50 Leute gekommen. Es war ein winziger Raum mit einer wahnsinnig hohen Bühne, von der man ständig Angst hatte, herunter zu fallen. Direkt davor befand sich ein Balkon, auf dem weitere Zuschauer standen. Vom oberen Publikum auf den Rängen sah man nur die Schuhe, die Hörer darunter nur bis zu den Schultern. Wir haben in knapp 20 Minuten alle sechs Songs gespielt, die wir zu diesem Zeitpunkt drauf hatten. Es war wie eine Erleuchtung. In diesen Minuten wurde uns klar, dass wir diesen unbeschreiblichen Rausch immer wieder erleben wollten.
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Während du in Gesprächen mit Unbekannten eher zurückhaltend bist, gibst du dich auf der Bühne ziemlich aggressiv und fordernd. Eine Art Schutzschild?
Ich würde mich auf der Bühne nicht als aggressiv, sondern eher als sehr stürmisch bezeichnen. Ich liebe diese Wildheit und diese Form der Energieexplosion. Bei Auftritten vor 5.000 Leuten zu stehen, ist natürlich eine völlig andere Situation, als sich im Laden an der Ecke kurz mal einen Liter Milch zu holen. Als Schutzschild würde ich meine wilde Performance deshalb nicht unbedingt betrachten. Die Musik setzt einfache jede Menge Adrenalin in mir frei, das irgendwie raus muss...
Es gibt die berühmte Bezeichnung des Adrenalinjunkies...
Ich liebe das, was ich tue und könnte nicht ohne meine Arbeit leben. Ich finde, ich habe einen wirklich wundervollen Job. Wenn man einmal Blut leckt, diesen besonderen Nervenkitzel und diesen besonderen Energy-Kick erlebt hat, möchte man für den Rest seines Lebens nichts anderes mehr tun.
Ihr seid manchmal monatelang unterwegs auf Tour – geht man sich in dieser beengten Situation gerade als Duo nicht manchmal gegenseitig auf die Nerven?
Ich verbringe schon mein halbes Leben auf Tour mit verschiedenen Bands. Man findet immer Lösungen, mit Problemen umzugehen. Jeder lässt dem anderen genug Privatsphäre; tatsächlich gibt es zwischen den Shows immer unfassbar viel Zeit, in der man nichts zu tun hat und sich mit anderen Dingen beschäftigen muss. Gerade bei einer Band mit nur zwei Mitgliedern ist ständig jede Menge Kram vor und auch noch nach den Auftritten zu erledigen. Man könnte absolut nicht behaupten, dass es jemals langweilig wird.
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Foto: Kenneth Cappello.

Jeder Mensch sollte das fuckin` Recht haben,denjenigen zu heiraten, den er oder sie liebt. Für mich ist das das Normalste von der Welt

Wie hast du dich für den ersten großen Erfolg mit The Kills belohnt?
Ganz ehrlich? Überhaupt nicht! Alles, was durch die Band reinkommt, geht auch wieder für die Band drauf. Die goldene Ära, in der Indiebands wie The Kills noch viel Geld verdient haben, war in den 90ern. Das ist heute leider nicht mehr so. Mit den Shows finanzieren wir weitere Shows und irgendwann wieder ein neues Album, mit dem wir dann wieder auf Tour gehen. Man muss diesen Job wirklich sehr lieben, um damit klarzukommen.
Als Gitarrist und Sänger Jamie Hince 2011das Supermodel Kate Moss heiratete, wurden The Kills plötzlich von den englischen Boulevard-Medien als angesagte Hipsterband gefeiert. Eine nervige Situation?
Ich habe mich niemals mit dieser Sichtweise auseinandergesetzt. Ich bin kein großer Fan der Yellow Press; dementsprechend beschäftige ich mich auch nicht damit, was dort über uns geschrieben wird oder was die Leute sonst über uns behaupten. Anders sieht es mit konstruktiver Kritik über unsere Platten aus. Wenn ein intelligenter Mensch oder ein von uns geschätzter Musikerkollege sein Feedback über unsere Musik äußert, respektiere ich diese Meinung natürlich. Nichts desto trotz gibt es einen guten Grund dafür, warum wir das, was wir tun, gerade auf diese Weise machen.
Gab es weibliche Vorbilder, die dich in deiner künstlerischen Entwicklung auf irgendeine Weise besonders geprägt haben?
Nein, nicht wirklich. Seit meinem 14 Lebensjahr mache ich selbst Musik und spiele in Bands. Als Kind bin ich mit den Kassetten aufgewachsen, die mein Vater in den Autos fand, die er ankaufte. Er war Gebrauchtwagenhändler und hatte irgendwann eine ganze Tape-Sammlung zusammen. Ein wilder Mischmasch aus sämtlichen Stilrichtungen. Ich wurde aber besonders von der amerikanischen Hardcore-Band Fugazi inspiriert; schon mit 8 Jahren bin ich komplett beim Hören ihrer Platten durchgedreht. Ich stand total auf die DC-Hardcore-Szene und den kalifornischen Skateboard-Sound. Sehr viel später entdeckte ich dann irgendwann Patti Smith für mich.
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Auf eurer aktuellen EP covert ihr den Song „Desperado“ von Rihanna. Eine Künstlerin, bei der man nicht unbedingt eine Schnittstelle mit The Kills erwartet. Würdest du sie als großen Einfluss bezeichnen?
Das zwar nicht, aber ich liebe ihr letztesAlbum „Anti“ und speziell diesen Song, der darauf zu finden ist. Er klang schon beim ersten Hören, als wäre er eines von unseren eigenen Stücken. Auf unserer Version haben wir ihn dann ein wenig auf der Akustikgitarre bearbeitet.
Du inspirierst heute selbst sehr viele jungeFrauen. Wie kommst du mit dieser verantwortungsvollen Vorbildfunktion zurecht?
Es ist eine tolle Sache und eine große Ehre,diese vielen jungen Frauen bei unseren Shows zu sehen. Wobei wir uns natürlich auch über alle anderen Hörer freuen, die in unsere Konzerte kommen. Es sind auch immer viele junge Männer im Publikum, die natürlich ebenso willkommen sind. Ich glaube, jeder nimmt von unseren Gigs etwas anderes mit nach Hause.
In Deutschland wurde gerade die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert. Deine Meinung als moderne Frau zu diesem längst fälligen Schritt?
Jeder Mensch sollte das fuckin` Recht haben,denjenigen zu heiraten, den er oder sie liebt. Für mich ist das das Normalste von der Welt. Eigentlich sollte das Thema längst gegessen sein und heute wirklich niemanden mehr stören...
Die aktuelle The Kills EP „Echo Home“ ist bei Domino Records erschienen.
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