“Welche Songs haben dich in diesem Jahr besonders geprägt?”
Neben: “Worauf warst du in diesem Jahr besonders stolz?” und “In welcher Situation hättest du dich im Nachhinein ganz anders verhalten?” ist das eine der Fragen, die meine Freund*innen und ich uns jeden Silvesterabend stellen. Unser kleines Jahresrückblick-Ritual. An einem viel zu großen Küchentisch, wie Erwachsene Champagner aus den extra dafür hergestellten Kelchen schlürfend, wohlwissend, dass das Sodbrennen nur noch etwa eine halbe Kelch-Länge entfernt ist, während das neue Jahr Minute für Minute näher rückt. Bisher fiel es mir immer recht leicht, diese Fragen zu beantworten, vor allem die erste. So gab es 2019 zum Beispiel keine Rapperin, zu der ich öfter abtanzte, als Megan Thee Stallion. 2018 entdeckte ich K-Pop für mich, auch da ging mir die Antwort schnell von den Lippen, nicht zuletzt weil das Genre mehr als offensichtlich meine Wrapped Playlist dominierte.
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Ein Blick in Spotifys musikalischen Jahresrückblick ist tatsächlich ein bisschen wie ein Spiegel meiner Seele, ein “so habe ich mich letztes Jahr gefühlt, so hat es sich angehört”. Meine Musikauswahl ist von meiner Gefühlswelt gesteuert und andersrum. Es gibt nur wenige Dinge, die mich auf so einfache Weise mit Glück erfüllen können und einen so großen Einfluss auf mein Leben haben wie Musik. Ich weiß noch, wie ich Anfang dieses Jahres dachte, dass kein Jahr besser werden wird als 2020. Ich freute mich auf all die Konzerte und Festivals, für die ich schon Tickets hatte. Manche hatte ich unter Schweiß und Tränen in endlosen digitalen Warteschlangen ergattert. Bei anderen Karten konnte ich mein Glück kaum fassen, weil ich schon Jahre wartete, bis sie endlich einen Europa-Auftritt verkündigten. Und für meine liebsten K-Pop-Stars stand ich auch schon in der imaginären Vorverkaufs-Schleife.
Doch dann kam der März und ein Virus und alles änderte sich schlagartig. Für alle, aber auch für meine sonst so stabile Quelle des Glücks. Eine Konzertabsage jagte die nächste und mein Herz tat bei jeder gecancelten Facebook-Veranstaltung ein klein wenig mehr weh. Doch wie sehr die Pandemie unser ganzes restliches Jahr (und auch noch eine unbestimmte Zeit danach) beeinflussen würde, das konnten wir da noch lange nicht ahnen. Optimistisch horteten wir weiter Konzerttickets, für den Sommer.
Die sonst so heiß geliebten, kitschig-traurigen Popballaden meiner Lieblings-Sängerinnen konnten mich nicht mehr aufheitern. Im Gegenteil: Sie machten die schlechten Tage des Lockdowns nur schwerer, und mich melancholischer und ängstlicher. Es musste etwas anderes her, etwas, das meine Resilienz in diesen schwierigen Tagen zumindest ein bisschen stärkte und mir wieder nach oben half. Was das noch gleich war kann ich, Spotify sei dank, auf meiner #2020Wrapped Revue passieren lassen.
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Während die Welt und das Leben immer stiller wurden, lauschte ich Songs und Podcasts, die uns Unsicherheiten und Sorgen vergessen ließen, wenn auch nur für einen Moment. “A Mindful Mess” von DariaDaria zum Beispiel. Wegen ihres nachhaltigen Fashionlabels folge ich der österreichischen Influencerin schon lange auf Instagram. Dort stieß ich dann auch auf ihren Podcast. Vor allem die Mediationsteile gaben meinem Alltag eine gute Struktur im Trott zwischen Homeoffice und den immer anstrengender werdenden Videocalls mit meinen Freund*innen. Die Interviewteile von DariaDarias Podcast mit Gäst*innen wie Linus Giese oder Yasmine M’Barek begleiteten mich bei meinen täglichen Spaziergängen und beim obligatorischen Backen von Bananenbrot.
Musikalisch kam ich mir in diesem Jahr lange vor wie eine Zuschauerin in einem alten Kinofilm, dessen Filmrolle hängen geblieben ist. Mein Leben spulte die immer gleichen Indie-Melodien, die schon in den Jahren zuvor der Soundtrack meines Lebens gewesen waren. Im Juli änderte das Album-Release meiner musikalischen Heldin, Taylor Swift, alles. Ab diesem Zeitpunkt war ihre Pop-Folk-Indie-Kombi Folklore mein klarer Anwärter auf die Platte des Jahres. Statt der Livekonzerte gab es nun nichts mehr außer dieses Album auf Dauerschleife. Und umso mehr die Temperaturen stiegen, umso häufiger erwischte ich mich wieder dabei, zu der so vielfältigen wie auch genialen neuen deutschen Popmusik zu träumen und automatisch zu entspannen.
Statt Bananenbrot backe ich nun Weihnachtsplätzchen in sämtlichen Variationen, doch Meditieren und Spazierengehen gehören immer noch zu meiner festen Selfcare-Tagesroutine. Inzwischen ist auch klar, dass es 2020 kein realeres Live-Erlebnis geben wird als einen Konzertstream oder einen Kinofilm über eine Tournee. Also schleppte ich eine ebenfalls das Live-Erlebnis vermissende Freundin in den Film einer weltweit erfolgreichen K-Pop-Band. Seitdem sorgen deren Songs nicht nur bei mir für gute Laune beim nervigen Wochenputz – und damit hatte 2020 wenigstens etwas Gutes.
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Checkt euren persönlichen Spotify Jahresrückblick mit #2020Wrapped.
Illustrations: @beeillustrates
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