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“Sex Education“: Ezra Furman spricht über die Arbeit am Soundtrack

Die Teenie-Zeit kann eine Qual sein. Besonders, wenn es um die ersten sexuellen Erfahrungen geht. Eine willkommene Inspirationsquelle für die Macher der Netflix-Serie Sex Education, die kürzlich mit der zweiten Staffel über die unfreiwillig komischen Sex-Abenteuer des Highschool-Absolventen Otis Milburn und seinen Mitschüler*innen auf den Bildschirm zurückgekehrt sind. Und während wir die Teenager*innen auf ihrer Reise zum Erwachsen werden begleiten, bekommen wir die passende musikalische Untermalung vom Musiktalent Ezra Furman gleich mit dazu.
„Fuck the panic/ Fuck the hurt/ Fuck the sadness/ Fuck the shame/ I wanna feel every feeling“, bekennt Ezra Furman (33) in dem Song „Every Feeling“ aus dem Original-Soundtrack, den Furman für den Streaming-Erfolg komponiert hat. Furman pendelt mit der Musik zwischen ungefilterter Punkrock-Aggression und zerbrechlicher Singer/ Songwriter-Intimität, bezeichnet sich selbst als gender nonconforming und zählt zu den momentan wichtigsten Vertreter*innen, die der LGBTQ-Community zu mehr Sichtbarkeit innerhalb der Mainstream-Popkultur verhelfen.
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Im Interview mit Thomas Clausen erzählt Furman von der Arbeit am Soundtrack zur Serie und über den eigenen Sexualunterricht in der Schule.
Thomas Clausen: Wie haben sich die Aufnahmen zum Soundtrack für „Sex Education“ gestaltet?
Ezra Furman: Es war ein ziemlich hartes Stück Arbeit, das sich aber wirklich gelohnt hat. Bevor ich Musik gemacht habe, wollte ich Schriftsteller*in oder vielleicht Comedy-Autor*in werden. Bis heute bin ich ein riesiger Fan von Highschool-Komödien wie The Breakfast Club oder 10 Dinge, die ich an dir hasse. Ich denke, dieser sarkastische Humor findet sich auch in meinen Songs. Einen Soundtrack für eine Fernsehserie zu komponieren, bedeutete eine große Herausforderung und eine ganz neue Erfahrung. Die Songs sollten eine Gratwanderung zwischen Spaß und tiefen Gefühlen darstellen.
Hat dich die Arbeit auch an deine eigene Jugendzeit erinnert?
Natürlich schwang auch ein kleines bisschen Nostalgie mit. Ich habe versucht, eine gewisse Zärtlichkeit und Verletzlichkeit zu transportieren. All meine Aggressionen und meine gesammelte Wut habe ich auf meinem letzten Studioalbum rausgelassen; die sanfteren Töne wollte ich mir ganz bewusst für den Highschool-Mindset des Soundtracks aufsparen.

Du hattest mit deiner Band ein Cameo in der ersten Staffel. Wärefür dich eine Schauspielkarriere als zweites Standbein denkbar?

Ich habe es noch nicht so richtig probiert und ich glaube auch nicht, dass ich gut schauspielern kann wäre. Als Darsteller*in hat man keine Kontrolle über die Kunst, sondern muss sich den Anweisungen der Regisseur*innen unterwerfen. Ich bin ein richtiger Control-Freak; deshalb war es auch nicht so einfach, diesen Soundtrack zu kreieren.
Der Song “Amateur“ handelt vom Zurücksehnen nach einer jugendlichen Unschuld und vielleicht auch einer gewissen Naivität...
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Obwohl ich mich als Künstler*in weiterentwickelt und verändert habe, kann ich immer noch diesen Impuls nachfühlen, Musik machen zu wollen. In dem Stück geht es darum, nicht so zu tun, als hätte man die Antwort auf alle Fragen gefunden und wüsste, wie der Hase läuft. Ich kann mich bis heute sehr gut mit einigen Charakteren aus der Serie identifizieren. Auch sie handelt von Anfängern. Von Körpern, die sich noch nicht voll entwickelt haben und von Herzen, die noch nicht abgestumpft von der Welt da draußen sind. Vieles, was wir als Teenies fühlen, vergessen wir ein Leben lang nicht mehr. Emotionen wie Unsicherheit oder den Wunsch nach Nähe, Geborgenheit und danach, verstanden zu werden. Das war ein Leitmotiv für den Soundtrack.

Kannst du dich noch an deinen eigenen Sexualkundeunterrichterinnern?

In der Highschool mussten wir uns ständig Referate von ultra-konservativen, christlichen Sexualkunde-Expert*innen anhören, die uns Enthaltsamkeit lehren wollten und eine krasse Anti-Abtreibungspolitik vertraten. Es war unerträglich. Ich bin sicher, dass dies bis heute an vielen Schulen der Fall ist. Ansonsten war ich ein guter, aber unsicherer Schüler. Ich hatte panische Angst vor schlechten Zensuren und wollte es jedem recht machen. Irgendwann fing meine Rebellionsphase an. Ich begann, in den Gängen laut Gitarre zu spielen und mich sehr seltsam anzuziehen.
Du benutzt deine Musik als Medium, um über dich und deine eigene Identitätsfindung zu sprechen. Eine Art Selbsttherapie?
Nein, absolut nicht! Sie ist in erster Linie da, die Leute zu unterhalten. Es ist ein befriedigendes Gefühl, gewisse Wahrheiten aussprechen zu können und über meine Gefühle zu reden. Aber irgendwelche therapeutischen Züge haben meine Songs nicht. Ich mache mich in meinen Songs zwar angreifbar und auch zur Zielscheibe von Spott und Häme. Ich setze mich Menschen aus, die ablehnen, was ich zu sagen habe. Ich sehe es als etwas Künstlerisches und betrachte die Kunst als Geschenk ans Publikum. Es freut mich, wenn meine Musik anderen hilft, zu sich selbst zu finden und ein wenig dazu beiträgt, über die Probleme der LGBTQ+-Gemeinschaft aufzuklären.
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Obwohl du sehr ernste Themenwie Ausgrenzung, Entfremdung oder Enttäuschung behandelst, schwingt in denTexten oft ein Anflug von Sarkasmus mit...

Ich mag Witze als eigenständige Kunstform. In den Lyrics findet sich oft ein trockener Humor. Manchmal kann es ganz schlau sein, gewisse Wahrheiten in Witzform zu transportieren, um ihnen diese Schwere zu nehmen.
Du bezeichnest dich als gender nonconforming. Den Song “Body Was Made“ könnte man als Coming-Out interpretieren.
Da ist sicher etwas Wahres dran. Vor diesem Stück habe ich nie über Themen wie Sexualität oder Gender gesprochen. Ein Coming-Out im klassischen Sinne gab es jedoch für mich nie. Ich habe mein Umfeld durch die Blume wissen lassen, wie ich ticke und gehofft, sie würden es irgendwann schon verstehen. Ich habe mich immer gegen irgendwelche Kategorisierungen gewehrt und fühle mich im Grund keiner bestimmten Gruppe zugehörig. Es fällt mir bis heute schwer, mich selbst zu akzeptieren. Ich bin immer noch dabei, herauszufinden, was ich bin, was ich will und was ich brauche.
Der Begriff genderless hat sich in den letzten Jahren zu einem echten Hype entwickelt. High-Fashion-Häuser wie Louis Vuitton, Celine, Dior und viele andere setzen auf einen geschlechtsneutralen Look. Deine Sicht?
Darum kümmere ich mich nicht wirklich. Mir sind Trends egal. Und mir sind High-Fashion-Häuser egal. Ich mag preiswerte Klamotten und stehe nicht auf diesen fancy shit. Meine Sachen sind größtenteils aus dem Secondhand-Shop. Ich liebe die Ladenkette Goodwill. Ich habe ihr sogar mal einen Song gewidmet: „Maraschino Red Dress $ 8.99 At Goodwill“...

Die neue Staffel von „SexEducation“ ist momentan auf Netflix zu sehen. Der Soundtrack erschien gerade indigitaler Form auf Bella Union.

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