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Wieso ältere Millennials so verrückt nach Olivia Rodrigo sind

Foto: Matt Baron/Shutterstock.
Ich habe meinen Führerschein seit 2001; Olivia Rodrigo machte ihren während der Pandemie. Und trotz unseres Altersunterschieds bin ich eine:r von vielen „geriatric millennials“ (z. Dt.: „uralten Millennials“), die ihre Songs im Bad in die Haarbürste trällern. Als ich ihren Song „drivers license“zum ersten Mal hörte, war ich wie gebannt: Hier sang ein 17-jähriges Mädchen über genau dieselben Erfahrungen, die auch ich mit 17 gemacht hatte. Und wie viele andere in meiner Mikro-Generation ließ mich diese Musik wünschen, es hätte damals eine:n Musiker:in gegeben, als ich selbst mit 17 vor Herzschmerz schluchzend durch die nächtlichen Vorort-Straßen fuhr. Ich meine, wer sonst hätte genau diese Gefühle damals musikalisch ausdrücken können? Morrissey?
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Mit dieser Meinung bin ich nicht allein. Seit vorletzte Woche das erste Album der Ex-Disney-Schauspielerin, Sour, erschien, erzählen viele „ältere“ – also Leute, die zwischen 1980 und 1985 geboren wurden – und jüngere Millennials, die fast schon zur Gen Z gehören, dass sie das Album quasi in Dauerschleife hören. Inzwischen gibt es aber jede Menge Memes dazu, dass es scheinbar total peinlich ist, in dieser Altersklasse auf Rodrigos Musik zu stehen. Eins davon, betitelt „Ich, kurz vor meinen 30ern, wenn ich Olivia Rodrigo höre“, ist ein GIF von Amy Poehler in Girls Club, in dem sie sagt: „Okay! Ihr haltet mich jung, ich liebe euch einfach!“
Ich denke aber, wir können Olivia Rodrigo trotzdem gut finden – und sollten es auch. In den sozialen Medien herrscht schon seit einiger Zeit ein regelrechter „Krieg der Generationen“ zwischen Gen Z und Millennials, in dem jede Seite meint, ihr Geschmack sei der einzig wahre (Stichwort: Skinny Jeans). Dabei findet dieser Kampf fast ausschließlich online statt, und den meisten Leuten dürfte es wohl in Wahrheit völlig egal sein, was diese oder jene Generation anders macht als die eigene. Insofern ist es natürlich völlig in Ordnung und möglich, dieselbe Musik zu mögen wie jemand, der:die deutlich jünger ist als du selbst, ohne dich dafür selbst zu verurteilen. Es ist nichts peinlich daran, die Musik einer Teenagerin zu mögen, wenn du es nicht peinlich sein lässt. Zugegeben: Ich selbst liebe nicht das ganze Album. Als ich aber bei einem Spaziergang „enough for you“ anmachte, musste ich in eine kleine Nebenstraße abbiegen, damit mich niemand hysterisch schluchzen sehen konnte – und ab dem Moment war ich überzeugter Fan.
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Während sich zwar viele Millennials dafür schämen, Gen-Z-Musik gut zu finden, möchte ich hier mal anmerken, dass viele von uns in unserer Jugend die Musik von Künstler:innen hörten, die deutlich älter waren als wir selbst, ohne überhaupt drüber nachzudenken. Und das führt mich zu meiner Theorie: Millennials stehen deshalb so auf Olivia Rodrigo, weil viele von uns während der Oberschule die Musik männlicher Artists hörten, die unsere Erfahrungen nie komplett teilten, oder weiblicher Sängerinnen, die deutlich älter waren als wir. Alanis Morissettes Jagged Little Pill zum Beispiel kam raus, als ich 10 war – und ich weiß noch, wie ich meiner Mom den Liedtext aus der Kassettenhülle in die Hand drückte und sie bat, mir zu erklären, wovon Morissette da sang. („Naja, klingt so, als würde sie ihren Ex-Freund noch lieben, aber als wäre sie auch irgendwie wütend auf ihn?“, interpretierte meine Mutter damals.) Fiona Apples „Never Is A Promise“ hörte ich mir immer und immer wieder an, weil ich wusste, dass sie den Song mit 16 geschrieben hatte, und als Tori Amos’ Album Little Earthquakes zu meiner Lieblingsplatte wurde, war die Frau schon in ihren späten 30ern. Die Erfahrungen dieser Frauen schüchterten mich ein und machten mir gleichzeitig irgendwie Angst. Sie erzählten von Welten, die ich selbst nie betreten hatte, und von Gefühlen, die ich noch nicht kannte.
„Ich denke, das Ding an Olivia Rodrigo ist, dass ihre Musik eindeutig von den ängstlichen, wütenden, Ich-bin-jung-traurig-und-cool-Sängerinnen unserer eigenen Teenager-Jahre beeinflusst wird. Diese Nostalgie macht einen großen Teil unserer Millennial-Begeisterung für sie aus“, schrieb die Autorin Leah Johnson auf Twitter. Und da hat sie definitiv Recht; im Gegensatz zu den Künstlerinnen unserer Jugend singt Rodrigo aber zum Beispiel davon, mit Make-up jemanden von sich überzeugen zu wollen oder nicht einparken zu können – Erfahrungen, die viele von uns als Teenager tatsächlich gemacht haben, von denen damals aber definitiv niemand sang. Rodrigos Musik weckt in uns eine Nostalgie für Musik, die es damals nicht gab, obwohl wir sie dringend gebraucht hätten. 
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„Ich denke, als geriatric millennial (ja, ich nenne mich jetzt selbst einfach mal so) liebe ich Olivia Rodrigo und Taylor Swift so sehr, weil ich mit 17 (im Jahr 2001) zwar viel von dieser gefühlvollen, ehrlichen Musik gehört habe, die aber AUSSCHLIESSLICH von Männern kam“, schrieb die TV-Autorin Diana Metzger auf Twitter. „Wenn ich OR oder TS hörte, ist das, als würde ich diese Zeit durch eine Linse betrachten, die viel besser zu meiner damaligen Erfahrung als junge Frau passt. Das ist echt schön – und ich freue mich, dass 17-Jährige heute diese Musik hören und sich dabei besser verstanden fühlen können.“
„Verstanden“ ist hier das Schlagwort: Rodrigo spricht jungen Leuten über ihre jetzige Realität aus der Seele – und älteren Millennials über ihre damalige. Und ob wir nun 17 oder 35 Jahre alt sind: Sich verstanden zu fühlen, ist doch immer schön, oder?
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