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Alessia Caras neues Album: Erwachsenwerden tut weh, aber das ist OK

Unsicherheit ist laut, Selbstvertrauen leise, sagt man. Mir fallen definitiv zahlreiche Beispiele ein, in denen diese Weisheit zutrifft. Denn als ich Alessia Cara beispielsweise vor ihrem Auftritt beim diesjährigen Bambi in Berlin zum Interview treffe, bin ich erstaunt über ihre Ruhe – innerlich wie äußerlich. Mit 22 Jahren, einem bevorstehendem Pressemarathon und dem Live-Auftritt vor Millionenpublikum wäre ich wahrscheinlich wie ein Flummi hin- und her gesprungen, hätte verunsichert gelacht und die Alleinunterhalterin gemacht. Cara hingegen ist cool as a cucumber, weil sie es einfach ist. Singen, Schreiben und Performen liegt ihr im Blut, ihre Leistungen sind konstant brilliant und wurden bei den vergangenen Grammy-Awards (endlich) mit einer Auszeichnung als beste neue Künstlerin geehrt. Dabei ist sie gar nicht so neu. Seit 2014 veröffentlicht sie Coming-of-Age-Songs wie Here oder tut sich mit Logic und Khalid für 1-800-273-8255 zusammen, um auf die Wichtigkeit eines offenen Dialogs über mentale Gesundheit aufmerksam zu machen. Einige Textzeilen aus ihrem heute erscheinenden Sophmore-Album The Pains of Growing haben mich so stark berührt, dass ich mit tränenden Augen im Büro saß, denn sie hat Recht : erwachsen werden tut verdammt weh. Doch irgendwie hilft es, Songtexte zu hören, die das Chaos in einem in gescheite Worte fassen. Geschrieben hat Cara ihre Texte übrigens selbst, worauf sie sehr stolz ist, wie sie mir verrät während sie einen Twix-Riegel verschlingt. „Ich habe einfach versucht über meine Gefühle zu schreiben“, sagt sie so, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, dass bei diesem Prozess gleich zwei Hitalben herauskommen.
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Alessia Cara: „It's okay not to be okay sometimes.“

Ganz nebenbei setzt Cara sich für mehr Chancen für Frauen in der Musikbranche ein. Die Annenberg Inclusion Initaitive hat erst kürzlich herausgefunden, dass nur etwa zwölf Prozent aller Pop Hits aus weiblicher Feder stammen. „Eigentlich stimmen diese Zahlen nicht so ganz, denn ich habe schon häufiger Situationen beobachtet, in denen ein kompletter Song von einer relativ unbekannten Songwriterin geschrieben wird und dieser von einem großen Namen im Business gekauft, aufgenommen, und auf ein Album gepackt, aber nicht korrekt gecredited wird. Die Urheberinnen versprechen sich durch die Aufgabe ihrer Rechte mehr Möglichkeiten in der Zukunft, bekommen sie aber nur selten.“ Dasselbe gilt übrigens für Produzentinnen, Toningenieurinnen und viele weitere Berufe hinter den Kulissen. Deswegen hat Cara es sich zum Ziel gemacht, für ihre künftigen Projekte mit mehr Frauen zusammenzuarbeiten „weil sich die Energie im Raum verändert und einfach mehr Verständnis füreinander herrscht.“ Das kann ich nur unterschreiben. Wir sitzen zu viert in einem kleinen Raum, vier Frauen. Cara im Schneidersitz auf einem Sessel, ihre Managerinnen daneben, versunken in E-Mails aber nicht so tief, dass sie unserem Gespräch nicht folgen können. Wir lachen gemeinsam, ab und zu nicken sie zustimmend oder lächeln, wenn mal wieder so ein Satz aus Cara herauskommt, den man nicht von einer 22-Jährigen erwartet.

„Du weißt nicht, was Traurigkeit ist, bis du zu traurig bist, um einzuschlafen. Eines Tages werde ich in Frieden schlummern, aber sicher nicht heute.“

Alessia Cara, „Not Today“
Zum Beispiel: „Ich habe beim Schreiben versucht, meiner Unsicherheit zu vertrauen. Dabei habe ich manchmal auf dem Boden meines Badezimmers geweint aber das ist okay.“ Angst, sich mit ihren Gefühlen zu konfrontieren hat sie also auch keine. Wieder so ein Punkt, in dem sie vielen in ihrem eigenen und eigentlich fast jedem Alter voraus ist. Heraus gekommen sind aus ihrem brillanten Hirn Songs wie Trust my Lonely oder Not Today mit Textzeilen wie „Du weißt nicht, was Traurigkeit ist, bis du zu traurig bist, um einzuschlafen. Eines Tages werde ich in Frieden schlummern, aber sicher nicht heute.“
Nach dem Interview ist mein Level an Fangirling ins Unermessliche gestiegen. Darum lege ich euch das heute erschienene, zweite Studioalbum The Pains of Growing wärmstens ans Herz – und weil es ein echtes Meisterstück ist, das hoffentlich weitere Grammy-Nominierungen mit sich bringen wird.

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