Treffpunkt: das Ludlow House, eine ehemalige Blattgold-Fabrik in Manhattan. Mein Interviewpartner ist Magnus Resch – YouTube-Legende (”I daut it"), Internet-Unternehmer, Kunstliebhaber und Geschäftsmann. Sein jüngster Coup: die Magnus App, eine Applikation, die als ”Shazam für Kunst” berühmt geworden ist und die Demokratisierung des elitären Kunstmarktes betreibt. Mit der umstrittenen App kann jeder zu jeder Zeit Informationen und (ganz wichtig) den Preis eines Kunstwerkes erfahren. Das hat in der Kunstwelt für Aufruhr gesorgt. Nun hat kein Geringer als Hollywoodstar Leonardo DiCaprio in die Resch-App investiert. Laut einer uns vorliegenden Quelle begrüßt DiCaprio den Versuch, Kunst für jedermann zugänglich zu machen:
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„Visuelle Kunst ist ein mächtiges Instrument, um Ideen zu verbreiten, Geschichte zu verewigen und Menschen für einen gemeinsamen Zweck zusammenzubringen. Ich bin stolz darauf, mit Magnus zusammenzuarbeiten, da die App den Gedanken weiterführt, Menschen über die Kunst in ihrer Umgebung aufzuklären.“
Kennengelernt haben sich die beiden Kunstenthusiasten in St. Tropez bei einer Gala der Leonardo DiCaprio-Foundation. Die 1998 gegründete Organisation setzt sich für den Klimaschutz und den Kampf gegen andere globale Probleme ein.
Resch lebte lange in Berlin. Doch er wollte in die Capitale der Kunst, und das ist eben New York. Ich bin etwas früh dran und stehe vor den verschlossenen Türen des Ludlow House – hier kommt nur rein, wer ein mehrstufiges Aufnahmeverfahren besteht und einen fetten jährlichen Obolus abdrückt. Es scheint mir fast ein wenig paradox, einen exklusiven Mitgliederverein als Treffpunkt zu wählen, um über die Demokratisierung des elitären Kunstmarktes zu sprechen. Am Ende macht jedoch alles Sinn, denn Resch ist ein überraschend angenehmer Widerspruch in sich selbst – Feingeist und Kaufmann, der die Bodenhaftung nicht verloren hat, über sich selbst lachen kann, den goldenen ”Umberto” (Straßen-Grimme-Preis von Joko und Klaas) mit Stolz trägt und jeden Sonntag um Punkt 20:15 MEZ – vor seinem Laptop sitzend – live den "Tatort" schaut.
Als Resch schließlich ankommt, überrascht er mich mit einem Vorschlag: "Ich bin gerade an dieser tollen Galerie vorbei gelaufen, nur einen Katzensprung entfernt. Komm, das schauen wir uns mal an." Und schon hat er mich in die Welt der Kunst, Galerien und natürlich seiner App entführt. Das hat meine Neugier geweckt. Wir gehen zurück zum Ludlow House, Resch rückt seine hippe Panto-Brille zurecht und wartet auf die erste Frage.
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Als erstes möchte ich natürlich wissen, wie die Magnus App funktioniert?
Das Konzept ist simpel: Mit der Magnus App (umsonst runterzuladen unter www.magnus.net ) können Kunstinteressierte Werke mit ihrem Handy scannen und so Informationen zum Preis und der Bedeutung eines Werkes erhalten, die vorher kaum zugänglich waren. Die App funktioniert in mehr als 20,000 Galerien und bisher wurden rund 10.000.000 Bilder von unseren Usern hochgeladen.
Wie bist du auf die Idee gekommen, eine Art Shazam für Kunst zu kreieren?
Die Idee ist ja eigentlich recht simpel. Wieso sollte es so etwas für Musik, nicht aber für die Kunst geben?!
Du willst den Kunstmarkt mit deiner App transparenter und ehrlicher machen. Gehören die noble Verschwiegenheit und das Mysterium aber nicht auch zum Kunstmarkt dazu?
Das ganze elitäre Gehabe ist ein Konzept von gestern. Der Kunstmarkt steht seit Jahrzehnten sill. Nach außen hin wirkt er elitär und elegant, vermittelt einem dieses VIP-Gefühl. Eigentlich ist der Markt aber total kaputt. 30 Prozent aller Galerien machen Verluste. Die meisten müssen sogar nach sieben bis zehn Jahren schließen, da sie unter dem ganzen Staub und wegen der Intransparenz nicht überleben können. Vielen Künstlern geht es genauso, nur ein paar Wenige machen Geld mit ihrer Kunst. Die Medien berichten allerdings nur über diese paar wenigen, also Koons, Richter, Hirst, Basquiat und Picasso. Niemand spricht darüber, wie schlecht es dem Kunstmarkt eigentlich geht. Und genau das will ich ändern. Ich will den Kunstmarkt zugänglicher, ehrlicher machen, damit neue Kunden in den Markt kommen.
Technologie verändert unsere Welt. Wie wird diese App den Kunstmarkt verändern?
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Naja wir verändern ihn ja jetzt schon, indem wir ihn transparenter machen. Früher musstest du dich erkundigen, anrufen, eine E-Mail schreiben und dann wurde überlegt, ob dir der Preis überhaupt mitgeteilt wird – ob du den Beauty-Contest bestehst. Eine Kaufentscheidung wurde dir somit sehr schwer gemacht. Meine App macht das jetzt spielend einfach – du machst ein Foto und hast direkt alle Infos.
Was genau ist also dein Ziel mit dieser App?
Ich möchte den Kunstmarkt demokratisieren, zugänglicher machen und Kunst einfach tiefer hängen. Kunst ist nicht elitär, sondern für jedermann. Deswegen ist die App auch gratis.
Apropos Transparenz und Ehrlichkeit. Wie macht man Geld mit einer App, die jeder umsonst runterladen kann?
Im Moment mache ich gar kein Geld. Ich bin davon getrieben, den Kunstmarkt transparenter zu machen, weil davon alle profitieren: Galeristen, Künstler und Sammler. Wir sind gerade auf dem Weg, eine Million Downloads zu verbuchen, was uns zu der größten App im Kunstmarkt macht. Diese Userbase kann man dann sehr zielgerichtet monetarisieren.
Was bedeutet es für dich das Leonardo DiCaprio investiert hat?
Ich bin sehr glücklich darüber. Es ist wichtig, dass viele Leute von der App erfahren, denn je mehr Bilder von unseren Usern in der App hochgeladen werden, umso transparenter wird der Markt. Mit dem neuen Investment schaffen wir es, mehr Leute zu erreichen.
Wir leben in einer Welt der Separation, in Trumps Amerika. Kann Kunst helfen? Wenn ja, wie?
Ja, total. Das sieht man ja vor allem, wenn man zurückblickt und sich anschaut, welchen Einfluss Kunst und Musik auf die Gesellschaft hatten. Und wenn wir in zehn Jahren zurückblicken, werden wir Leuchttürme erkennen, die unsere Gesellschaft in eine Richtung gelenkt haben. Ich bin selber kunstbegeistert, kaufe leidenschaftlich Kunst und habe viele Künstler als Freunde.
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Deine App wurde 2016 kurzzeitig aus dem Apple Store entfernt, da es drei Berliner Galeristen nicht gefallen hat, dass die Preise ihrer Kunstwerke öffentlich gemacht wurden. Wie gehst du mit solchen Rückschlägen um?
Meine App stellt die Preise von Kunstwerken in Galerien dar. Das hat es in der Geschichte des Marktes noch nie gegeben. Wie jede disruptive Technologie gibt es also Gegenwind. Ein paar Galeristen möchten den Markt intransparent halten und wehren sich gegen diese neue Entwicklung. Ich finde das normal und verständlich. Nach ein paar Monaten waren wir wieder drinnen.
Erzähl mir die schönste und die unschönste Geschichte, die du im Zusammenhang mit deiner App erlebt hast?!
Ich kriege täglich Feedback. Manche Leute, meist alte Galeristen, die mir von web.de oder aol.com Email Adressen schreiben, weil sie keine Websites haben, finden meine App gar nicht so toll. Andere, meist Sammler, sind begeistert. Im Januar 2018 schrieb mir jemand aus Chicago, dass er sich nie getraut hat, Kunst zu kaufen. Ihm war es unangenehm nach dem Preis zu fragen und er hatte Sorge, dass er zu viel zahle, weil er ja Neuling ist. Er hat meine App runtergeladen und als er das nächste Mal in einer Galerie war und ein Kunstwerk gesehen hat, was ihn interessierte, konnte er den Preis ganz einfach nachgucken. Er hat es gekauft und mir ein Foto geschickt, als er es bei sich aufgegangen hat.
Es geht also darum, Kunst wieder nahbarer zu machen?
Ja genau, vor allem für unsere Generation. Es ist doch unglaublich, dass der Kunstmarkt noch so funktioniert, wie vor 100 Jahren. Das Internet hat bislang keinen nennenswerten Einfluss auf den Markt gehabt. Unsere Generation ist es gewohnt, Informationen sofort, direkt und frei zugänglich zu erhalten. Auf dem Kunstmarkt durchläufst du erstmal eine Art Test, bevor du in den Kreis der Wenigen aufgenommen wirst und irgendwelche Informationen erhältst. Genau das ändern wir. Ich hoffe, dass wir andere Unternehmer motivieren können, den Kunstmarkt aufzumischen. Der Markt braucht neue Gesichter und Querdenker.
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Die ersten drei Schritte für junge Unternehmer, mit guten Ideen und wenig Plan?!
1. Die Idee ist nichts wert, die Umsetzung ist alles. Machen ist das Motto!
2. Spreche über deine Idee und hab keine Angst davor, dass jemand anders deine Idee klauen könnte. Die Chance, dass dieser Jemand deine Idee vor dir umsetzt, ist wirklich gering. Sei einfach schneller.
3. Gehe so schnell wie möglich live, auch wenn das Produkt noch nicht perfekt aussieht. Das Feedback, was du bekommst, kann dir nur helfen.
Kann Perfektionismus dir also im Weg stehen?
In der Start-Up-Phase eines Unternehmens ist Perfektionismus dein größter Feind.
Du bist damals durch dein Video “I daut it" von heute auf morgen berühmt geworden. Das war ja bestimmt nicht so geplant und vielleicht auch etwas unangenehm. Wie bist du damit umgegangen?
Zuerst war ich überrascht und dann habe ich es als Chance gesehen. Ich habe wegen des Videos sogar einen Werbedeal mit AirBerlin bekommen und durfte drei Jahre gratis fliegen. Man muss die Presse, die man bekommt, nutzen und einfach darüber schmunzeln, so wie alle anderen auch. Joko und Klaas haben mir den Goldenen Umberto für mein Video verliehen. Das steht sogar in meinem Lebenslauf.
Wieso hat es dich nach New York verschlagen?
New York ist das Zentrum des Kunstmarktes. Berlin wirkt immer sehr artsy, auf dem internationalen Auktionsmarkt spielt es jedoch keine Rolle. Wenn man einen Markt verändern will, macht es Sinn, da zu sein, wo er stattfindet und nicht am Rande.
Du hast auch lange in Berlin gelebt. Was hat Berlin, das New York nicht hat ?
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Die Preise. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich in Berlin essen gehe und die Rechnung sehe oder ich bei Freunden eingeladen bin und höre, wie viel bzw. wenig sie an Miete zahlen. Berlin ist eine tolle Stadt.
Welche deutsche Tradition hast du dir beibehalten?
Jeden Sonntag um 20:15Uhr schaue ich den "Tatort". So, wie es viele Deutsche machen. Und obwohl ich die Sendung auch um eine andere Zeit streamen könnte, muss es Sonntag um 20:15 Uhr sein.
Wenn du ein Kunstwerk besitzen könntest, egal wie teuer und von welchem Künstler, welches wäre es?
Andreas Gursky, der Rhein. Er ist ein Düsseldorfer Foto-Künstler und das Bild zeigt ein Teil des Rheins in klassischer Gursky-Manier – in einem ruhigen, langgezogenen Format. Einfach beruhigend. Das wurde für 4,3 Millionen verkauft, sagt mir meine App gerade.
Welche App, würdest du gerne als nächstes erfinden?
Wenn jemand eine Idee zum Kunstmarkt hat, helfe ich gerne bei der Umsetzung.
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