Heute morgen um Punkt acht Uhr launchte die seit einem Jahr sehnlichst erwartete Designkollaboration von H&M. Diesmal mit dem Designer Erdem Moralioğlu, der in der Modewelt vor allem für seine Millefleur-Traumkleider bekannt ist. Bei vielen Kunden von H&M hat der Name indes kein Glöckchen klingeln lassen. Was einerseits mutig von H&M ist, nachdem man mit Größen wie Karl Lagerfeld, Stella McCartney oder Olivier Rusteing von Balmain zusammen gearbeitet hat – andererseits aber auch den Gedanken der Demokratisierung der Mode vorantreibt. Schließlich wird nicht nur der Bekanntheitsgrad eines eher exklusiven, der Masse unbekannten Labels gesteigert. Die Entwürfe dieses Modehauses werden im gleichen Atemzug auch einer Zielgruppe verfügbar gemacht, die hier normalerweise an ihre finanziellen Grenzen stößt.
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Diese beiden Faktoren sind unter anderem eines der Erfolgsrezepte der H&M-Designerkollaborationen. Auch nach 13 Jahren ist der Run auf die limitierten Teile ungebrochen und hat vielleicht sogar seinen Höhepunkt erreicht. Beim gestrigen Pre-Shopping in Berlin jedenfalls waren die Kleiderstangen nach sage und schreibe zehn Minuten wie leergefegt – jeder, der nicht überpünktlich erschien, hatte das Nachsehen. Als ich, etwas gemütlich, heute morgen gegen neun Uhr im Onlineshop der Schweden vorbeiklickte, das gleiche Spiel. „Ausverkauft” stand da in kleinen, unscheinbaren Lettern unter dem UVP. Immerhin war die Seite direkt erreichbar und man war nicht in einer stundenlangen Reload-Hölle gefangen.
Es geht mir nicht darum, dass ich keines der Teile ergattern konnte. Denn ich bin zwar der Meinung, dass dies sicher einer der gelungensten Kollaborationen ist, die H&M je auf die Beine gestellt hat, mein Kontostand hat mich jedoch zur Raison gerufen. Glücklicherweise wurde mir so auch ein potenzieller Ausbruch in die Unvernunft unmöglich gemacht, dafür bin ich tatsächlich ein wenig dankbar. In mir kommt nun allerdings die Frage auf, wie nachhaltig es ist, ein Jahr lang wie verrückt die Werbetrommel zu schlagen, weltweite Presseevents zu veranstalten und den ganzen Globus wuschig zu machen, wenn am Ende 90 Prozent der Kunden nicht mal ein Söckchen in ihren Warenkorb wandern lassen können, weil sie nicht schnell genug waren. H&M sagt auf Anfrage dazu:
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Für uns ist es natürlich ein sehr großer Erfolg., wenn die Kollektion innerhalb kürzester Zeit ausverkauft ist, was selbstverständlich auch immer ein sehr schmaler Grat ist. Wir sind dennoch überzeugt, dass die gezielte Limitierung der jährlichen Designer Kollaboration die Exklusivität unterstreicht.
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Noch deprimierender als der Anblick der ausverkauften Schönheiten im Onlineshop von H&M ist nämlich der Blick auf den Onlinemarktplatz Ebay. Hier schlägt einem der ungebremste Kapitalismus in Form von Resellern ins Gesicht und ich persönlich möchte jeder*m, der*die so doof ist, den dreifachen Preis für eines der Teile zu bezahlen, rütteln und schütteln. Aber gut, jede*r ist ja für sich selbst verantwortlich, nicht wahr? Doch zurück zum Thema. Der Hype um #ErdemxHM hat die Frage in mir aufkommen lassen, ob es wirklich noch um das Produkt und auch die Leidenschaft für die Idee geht, oder ob hier mit viel Brimborium eine zwölfmonatige Werbetrommel gerührt wird, deren Höhepunkt dann ein globales, zehnminütiges Shoppingerlebnis ist. Ich bin realistisch, am Ende geht es immer um Umsatz und Gewinn, sonst könnten alle Modehäuser und Marken bald ihre Türen schließen. Wir sind hier ja schließlich nicht bei der Wohlfahrt.
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Dass eine so besondere Kollaboration wie Erdem x H&M stärker limitiert ist, liegt hier natürlich auf der Hand. Exklusivität geht durch Masse logischerweise verloren. Das liegt in der Natur der Sache. Dennoch ist dieses Jahr ein Peak erreicht worden, den ich persönlich für frustrierend halte. Es war wie nach dem zehnten erfolglosen Anruf beim Bürgeramt. Ein wenig hilflos und eben frustriert, weil man zwar die richtige Durchwahl hat, aber niemand den verdammten Hörer abnimmt.
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