Es gibt zwei Arten von Kollegen. Die, die gerne ausgiebig an der Kaffeemaschine plaudern. Und die, die sich reflexartig dahinter verstecken, wenn eine nette Person aus der anderen Abteilung mit Redebedarf und tageslichttauglichem Äußeren auf sie zusteuert. Ich gehöre zu letzteren.
Das könnte man introvertiert nennen. Aber das bin ich eigentlich gar nicht. Sobald ich mich wohl fühle, verfüge ich über weit mehr als die Eloquenz eines Toasters. Stattdessen sprudle ich wie ein Kaffeevollautomat mit allen Schikanen. Dann biegt ein ein fremder Typ um die Ecke, der entfernt Adam Driver ähnelt, fragt, wie es mir ginge und in welchem Stockwerk ich eigentlich arbeiten würde. Ich fixiere ihn mit aufgerissenen Augen. Dann gucke ich verlegen auf meine Schuhe. Mein Blick wandert zurück zu ihm, ganz kurz nur. Jetzt starre ich in meinen Kaffee. Die unangenehme Stille, die sich zwischen uns ausbreitet, ist dicht wie Nebel. Ich muss etwas sagen, jetzt. Die Tipps aus dieser letzten Podcast-Folge schießen mir durch den Kopf. Sei locker! Sei witzig! Sei einfach du selbst!
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Ich hole tief Luft: „Hi, magst du Brot?“
Die Vibes zwischen mir und der bärtigen Start-up-Version von Adam Driver winden sich peinlich berührt. Anschließend verschwinden sie. Er zieht kurz deeskalierend die Mundwinkel hoch und wünscht mir einen schönen Tag.
Ich bin achtundzwanzig Jahre alt und hab absolut keine Ahnung, wie man flirtet. Würde das Fortbestehen der Menschheit an meinen unverfänglichen Sprüchen an das andere Geschlecht hängen, befänden wir uns im Handumdrehen am Set von The Day After Tomorrow. Das passiert nicht nur im Büro – immerhin einer der wichtigsten Kennenlernsituationen für Paare und solche, die es werden wollen – sondern auch auf Parties. Einmal habe ich vor Schreck, dass ich jetzt an der Reihe war, von meinem absoluten Lieblingsfilm (The Big Lebwoski) zu erzählen, so rasch eingeatmet, dass ich beinahe erstickt wäre. Das ist meine Art, flirty Smalltalk zu halten.
An dieser Stelle ist die Vermutung gerechtfertigt, dass mir technischer Fortschritt gelegen kommt. Schließlich muss man sich in Chats weder in die Augen blicken, noch überlegen, was man mit seinen Händen macht und wenn man sich beim Antworten verschluckt, merkt es auch niemand. Trotzdem fühle ich mich genau so seltsam, als würde ich der Person live gegenüberstehen. Sobald die Situation Echtzeit-Charakter bekommt, funktioniere ich nicht mehr.
Ich tröste mich in regelmäßigen Abständen damit, dass ich meine Flirt-Hochphase bereits hinter mir habe – damals, in der Grundschule. Willst du mit mir gehen?-Zettel auf Diddlpapier meisterte ich souverän. Es ist das Erwachsenendrumherum, das mich ins Schwitzen bringt. Schließlich ist nie klar, ob man sich gleich um Kopf und Kragen redet, das allererste Gespräch mit dem zukünftigen Seelenverwandten führt oder sich noch in fünf Jahren an den Moment erinnert, in dem man auf „Wie heißt du?“ – „Wie heißt du!“ geantwortet hat.
Ich weiß, dass man unlocker sein und doch locker wirken kann, wenn man sich einredet, dass man gerade entspannt und selbstbewusst ist, obwohl man immer noch genau weiß, dass man den stummen Toaster in sich trägt. Ich habe gelernt, dass Gegenfragen stellen eine gute Strategie sein kann, weil alle Nicht-Toaster-Menschen gerne von sich erzählen – und manchmal genau die Frage stellen, auf die selbst die besten Antworten und Geschichten haben. Fangen wir also an dieser Stelle einfach mal an: Hey, na, mögt ihr eigentlich Brot?
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