Persönliche Geschichten zu erzählen gehört nicht unbedingt zu meinen Stärken. Oft fange ich irgendwo in der Mitte an, nehme kurz vor Schluss doch noch die Pointe vorweg und fange zufällig an zu relativieren. Eigentlich nerve ich mich selbst beim Erzählen, während ich genau weiß, dass mir das Hin und Her bei meinem Gegenüber wahrscheinlich gar nicht auffallen würde. Was ich wiederum nicht ertragen kann, ist wenn meine engste Freundin oder jüngste Bekanntschaft sich nach zwei bis vier Sätzen Wochenende-Recap von einem Ich zu Man verwandelt. Meistens passiert das, wenn die Storys nicht mehr durchweg positiv und rosarot sind.
Beim letzten One-Night-Stand hatte nicht sie keinen Orgasmus, sondern „Man kommt ja oft beim ersten gemeinsamen Mal nicht unbedingt.“ Oder der verpasste Gym-Termin passiert nicht nur dem Sportpartner sondern „Zu so einer gemeinen Uhrzeit kommt man nun wirklich nicht aus dem Bett.“ Es scheint so, als müsste das Indefinitpronomen für einiges herhalten, damit bloß nichts bei der eigenen Person ankommt. Anstatt das Erlebte weiterhin persönlich und direkt zu erzählen, versteckt sich das Gegenüber hinter einem Alle. Dabei spielt es für mich als Zuhörerin gar keine Rolle, ob ich selbst schon mal in der Situation war und mich zu man zählen würde. Genauso wie es keinen Unterschied macht, ob viele andere die Situation schon genauso durchlebt haben.
In einem persönlichen Gespräch erwarte ich direkte Kommunikation, zu der das Ich genauso gehört wie direkter Augenkontakt. Deswegen würde ich ebenso wenig Versagen als auch Egoismus unterstellen, wenn die Geschichte nicht in zwei Minuten zu Ende erzählt ist. Das Magazin Popular Science hat das Phänomen untersucht und festgestellt, dass viele Menschen von dieser Formulierung Gebrauch machen, um Raum zu schaffen und sich selbst zu schützen. Dadurch distanziert sich die Person vom Erlebten und betrachtet es aus der Distanz.
Klingt sinnvoll und logisch, nervt in der gemeinsamen Auseinandersetzung trotzdem ungemein. Wenn ich mit meiner Freundin über alle sprechen möchte, dann können wir das ja trotzdem machen. Doch wenn ich frage, wie ihr Wochenende war, dann möchte ich in meinem Kopf kein Bild einer Gruppe zeichnen. Bei mir ploppt automatisch die Frage auf, warum hier jemand gerade nicht zu sich steht. Dabei sollte es darum noch viel weniger gehen. Bei solchen Gesprächen schalte ich jedenfalls noch schneller ab, als wenn jemand stotternd, langsam und mit 237 Ähms vom letzten Maniküre-Termin erzählt.
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