Es heißt Haustiere und nicht Netztiere – und trotzdem sind die Vierbeiner meiner Freunde im Internet. Es ging los mit der Freundschaftsanfrage einer Frau von Karotte, dem Hasen meiner guten Freundin aus München, es folgten zahlreiche digitale Beschnupperungsversuche der Hunde in meinem Umfeld und dann kamen die Katzen. Die Katzen, offline oft zu arrogant für Kontaktaufnahme, sind im Internet plötzlich ganz offenherzig. Kitty Cat in der Badewanne, Rex mit Brille und das Häschen beim Kuscheln – mir fehlt vielleicht das eigene Haustier fürs Verständnis.
Wer sind diese Menschen, die ihren Haustieren Social-Media-Profile anlegen? Wer denkt, das sind die modernen Cat Ladies – einsam und ungeliebt, umgeben nur von Tieren – der irrt. Meine Freunde sind saucool, sozial am Start und nerdig in einem gesunden Maß (sonst würde ich sie ja auch nicht meine Freunde nennen). Ihre Tiere sind ja auch cool, aber die eigene Internet-Identität? WARUM?
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„Ich mache eh Fotos von meiner Hündin Kala und stelle sie ins Netz. Da kann sie auch gleich ein eigenes Profil bekommen“, sagt meine Freundin Stefanie. „Ist doch süß und witzig, außerdem kann man sich so am besten mit anderen Tierfreunden connecten.“ So und so ähnlich lauten die Antworten meines Umfelds immer auf mein WARUM.
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Dabei muss die Frage erlaubt sein, ob hier nicht eine Verschiebung der sozialen Welt stattfindet
Psychotherapeut Dr. Thomas Krüger
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Ich spreche dazu mit Psychotherapeut und Buchautor Dr. Thomas Krüger – er erklärt das Phänomen Instanimals ganz einfach mit Empathie im digitalen Zeitalter: „Wir alle sind darauf angewiesen, dass wir ein menschliches Wesen für bedeutend halten, es lieben und uns kümmern. Meist ist dies ein Partner, sind es Freunde. Aber auch Tiere können verlässliche Freunde sein und eine große Bedeutung im Leben von Menschen einnehmen. Oft sind Tiere verlässlicher als Menschen, sehr bindungsbereit, sie widersprechen kaum und sind so ein ungemein wichtiger Begleiter von Menschen“, so der Psychologe. „Wer selbst jahrelang einen Hund hatte, wird der Aussage zustimmen, dass ein solches Tier über eine ausgeprägte Persönlichkeit verfügt. Dann zeigt man nicht nur Fotos rum (wie beim eigenen Baby), sondern das Tier bekommt eine eigene Social-Media-Identität. Das Tier wird dann zum Gegenüber, das man liebt und auch zutiefst betrauert, wenn es stirbt.“
Man muss natürlich fairerweise schon differenzieren. Da gibt es die Tierhalter, die wie meine Freundin Stefanie alle zwei Monate mal ein hübsches Bild ihres Hundes hochladen. Okay. Und dann gibt es die Leute, die ihre Haustiere ständig inszenieren und in ihrem Namen zum Internet sprechen, miauen oder bellen. Ein Tier zur Cash-Cat oder zum Dogyfluencer aufbauen. „Dabei muss die Frage erlaubt sein, ob hier nicht eine Verschiebung der sozialen Welt stattfindet. Die menschlichen Bindungen werden unwichtiger, da man enttäuscht und verletzt wurde, die tierischen Begleiter werden wichtiger. Hier findet immer eine Vermenschlichung der Tiere statt, die gestilt werden, eine extra Kleidung bekommen. Insofern liegt dem immer auch bei dieser Ausprägung eine Resignationsproblematik zugrunde“, meint Dr. Krüger.
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Ich frage Stefanie, ob sie auch ein Facebook-Profil für ihr Baby anlegen würde. Entsetzt verneint sie: „Ein Hund bleibt immer ein Hund. Aber ein Kind wird erwachsen und dann es nicht fair, es zur Schau zu stellen. Das soll selbst irgendwann entscheiden, was es von sich im Internet preisgeben will.“ Eine Foto-Freigabe von Hundi gibt es aber auch nicht – etwa einmal bellen bedeutet „instaready“ und zwei mal bellen „bad fell day“...
Aber gut, jedem Tierchen sein Internet-Pläsierchen, ich muss die Freundschaftsanfrage ja nicht annehmen, statt Likes gibt es von mir dann offline Streicheleinheiten.
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