Wisst ihr noch, wie ihr euch Erwachsene vorgestellt habt, als ihr Kinder wart? Jetzt schaut mal bitte in den Spiegel. Ja. Genau. Man hat uns absolut unzureichend auf das hier vorbereitet. Mitte, Ende Zwanzig sein ist sehr merkwürdig. Während die einen mit ihren drei Kindern auf der Baustelle ihres Einfamilienhauses Kartoffelsalat essen, freunden sich die anderen gerade mit einer Gruppe spanischer Touris im Berghain vor’m Darkroom an. Manchmal treffen sich beide morgens um sieben im Bus. Spätestens da wird dann klar, dass es ein ganz schön breites Spektrum gibt, wie ein Leben in dieser Phase aussehen kann. Und das ist wunderbar!
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Und doch – so scheint mir – gibt es einige Verschleißerscheinungen, die sich so langsam in das Leben aller Mitte-Ende-Zwanziger einschleichen. Stück für Stück, sodass man es gar nicht richtig merkt – und plötzlich sitzt man dann mit seinen Pantoffeln und seiner Tageszeitung um acht Uhr morgens vor seinem Green Smoothie und fragt sich, wie zur Hölle es so weit kommen konnte.
1. Du entwickelst ein befremdliches Ordnungsbedürfnis
Sehe ich heute Fotos von meinem Teeniezimmer, dann habe ich viele Fragen. Zum Beispiel: Wie kann man mit Fünfzehn schon so viele Klamotten besitzen, dass sie den Boden eines gesamten Raumes bedecken können? Gibt’s eigentlich diese Chips-Geschmacksrichtung noch, die da unterm Desktop-PC mit Kurt-Cobain–Wallpaper liegt? Und wieso zur Hölle hat mich dieses Chaos nicht gestört? Heute bekomme ich teilweise schon Beklemmungen, wenn eine Tasse länger als einen Tag auf meinem Nachttisch steht. Und so geht es irgendwie allen meinen Freunden – selbst denen, die früher ihre Wände mit Ausschnitten aus der Neon tapeziert haben (das sind 90 Prozent).
2. Du legst plötzlich Wert auf Qualität
Ich erinnere mich noch sehr lebhaft an die Eröffnung des ersten Berliner Primark. Es war ein Armageddon und ich war aus dem Alter noch nicht raus, in dem man diesem Sog des Grauens verfällt. Ein Pikachu-Onesie für 15€? Yes please! Zehn paar Socken aus Plastik für 5€? Aber sicher! Die Logik lässt sich auf alle Konsumbereiche des Lebens übertragen: Wenn man jung ist, dann hat man genau zwei Prioritäten: So viel wie möglich für so wenig Geld wie möglich. Es werfe des ersten Stein, wer kein Expedit-Regal in seiner ersten Wohnung hatte. Erwischt? Knew it. Es kommt dann aber irgendwann die Zeit, in der man sich selbst an einem zeitlosen Klassiker wie Expedit satt sieht und plötzlich anfängt, stattdessen hochwertige Dinge für gar nicht mal so wenig Geld anzuschaffen. Einfach, weil man irgendwie plötzlich will. Das ist der wahre Moment, in dem das Mädchen zur Frau und der Junge zum Mann wird: Wenn man sein erstes Expedit-Regal verscherbelt. Der Initiationsritus des 21. Jahrhunderts.
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3. Junge Menschen siezen dich
Siezen ist etwas, dass ich eigentlich gerne komplett abschaffen würde. Es macht das Leben nur unnötig kompliziert. Zwar ist es bei vielen Menschen relativ klar, ob man sie siezen sollte oder nicht: Die Barista mit dem sonnigen Gemüt, die für ihre Smalltalk-Skills einen Oscar gewinnen sollte und mir freudestrahlend meinen Matcha Latte in einem Einmachglas serviert – klar, die wird geduzt. Der grummelige Hausmeister, der mich zum wiederholten Male darauf hinweisen muss, dass man an Feiertagen keine Wäsche im Waschkeller waschen darf – klarer Fall fürs Siezen. Schwierig wird es in den Grauzonen dazwischen – und ganz besonders, wenn man selbst zur wandelnden Grauzone wird. Spätestens, wenn Menschen, zu deren Altersgruppe man geistig noch gehört (weil man irgendwie seit 2012 den Überblick über die Zahlen verloren hat) anfangen, einen zu siezen, dann muss man schlucken. Willkommen in der Grauzone! Mach’s dir hier erst mal bequem.
4. Du schleichst dich heimlich von Parties davon
Was würde dein 15-jähriges Ich wohl zu dir sagen, wenn es dich jetzt sehen könnte? Wie du dich hier klammheimlich um 00:20 Uhr von dieser supercoolen Hausparty verpisst, obwohl doch so viele süße Jungs (oder Mädchen) da sind! Meine Güte, in der Küche rauchen sie sogar Gras! GRAS! „Was ist nur aus dir geworden?“, würde dein 15-jähriges Ich sagen. „Dafür hätte ich früher 4 Wochen Hausarrest riskiert, du Vollidiot!“. Let’s face the facts: Man kommt in ein Alter, da schleicht man sich nicht mehr heimlich von zu Hause weg, um auf Parties zu gehen, sondern man schleicht sich heimlich von Parties weg, um nach Hause zu gehen. Man will immer das, was man nicht kriegt, am I right?
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5. Du stehst keine Festivals mehr durch
Welchen Pakt mit dem Teufel ist man unbewusst eingegangen, als man noch in der Lage war, jeden Tag auf irgendeinem Rockfestival dreißig Dosenbier zu trinken, dann bei minus 20 Grad und Platzregen in ein 10-Euro-Wurfzelt gekrabbelt ist, um drei Stunden später mit 3 Pullovern bekleidet bei 45 Grad in einer Zeltsauna aufzuwachen?! Und dann zum Frühstück einen Wodka abzukippen und einen ganzen Tag in Moshpits zuzubringen? Es muss schwarze Magie im Spiel gewesen sein – anders ist das wirklich nicht zu erklären.
6. Dich überfällt ein unbändiges Bedürfnis nach Spieleabenden
Auf Brettspielen steht zwar meistens, dass sie für Menschen zwischen 9 und 99 Jahren geeignet sind, aber in Wahrheit befindet sich mindestens zwischen 15 und 25 eine Lücke. Das Ganze läuft nämlich meistens so ab: Erst überredet man seine Eltern zum Spielen, dann versuchen einen die Eltern zum Spielen zu überreden, dann passiert eine Weile nichts – und dann fängt man plötzlich an, seine Freunde zu überreden. Zum Schluss muss man niemanden mehr überreden und spielt jeden Tag Canasta im Altersheim. In welcher Phase befindet ihr euch momentan? Ich persönlich bin noch in Abwehrhaltung, weil ich mich nicht so ganz damit abfinden kann, dass ich mich jetzt freiwillig für eine Runde Harry-Potter-Cluedo mit meinen Freunden verabrede, statt Bier zu trinken. Aber es kann nicht mehr lange dauern.
7. Du hast plötzlich richtig Bock auf Wandern
So vieles, was früher als Foltermethode fungiert hat, zählt als erwachsener Mensch plötzlich als spaßige Freizeitgestaltung: Museumsbesuche, Naturdokus, Tagesschau – und Wandern. Hände hoch, wer als Kind von seinen Eltern durch den Schwarzwald getrieben wurde, während man alle fünf Minuten gejammert hat, dass man Hunger hat und einem die Beine wehtun. Irgendwie eröffnet sich die Schönheit der Natur ganz plötzlich ab 20 aufwärts, in irgendeinem merkwürdigen Moment, und plötzlich kauft man sich Wanderschuhe und findet sich auf einem Gipfel in Active Wear eine mitgebrachte, deftige Brotzeit verzehren, während man in die Ferne schweift und „herrlich!“ sagt. Und das mit denselben Freunden, mit denen man vor Kurzem noch an der Straßenecke Alkopops geext hat.
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8. Du fängst an, Wochenendkurse zu besuchen
„Man lernt nie aus“ ist schon so ein Satz, bei dem man irgendwie seinen Opa vor Augen hat. Es hat scheinbar tatsächlich etwas mit voranschreitendem Alter zu tun, ob man Bock hat, neue Dinge zu lernen. Oder hättet ihr es mit 17 in Betracht gezogen, einen Töpferkurs zu besuchen? Genau. Trotzdem wacht man eines Tages in seiner 200€-Leinenbettwäsche auf und hat plötzlich extrem Lust, Aktzeichnen zu lernen. Oder stricken. Oder Löten. Oder Fermentieren. Macramé! Window-Color! Batik! Filzen! Serviettentechnik! Kamasutra! Weibliche Ejakulation! Bist du aufgeregt, wenn du das liest? Du bist alt!
9. Du stellst dir jeden Abend eine Flasche Wasser neben’s Bett
Es gibt Leute, die haben ihr Leben einigermaßen im Griff, und es gibt Leute, die jeden Abend daran denken, Wasser neben’s Bett zu stellen. Das ist wirklich Next Level. Wer das schafft, der kümmert sich auch adäquat um seine Altersvorsorge und bringt den Pfand weg, bevor es zu viel wird, um es alleine zu tragen. Es sind Menschen mit ADAC-Mitgliedschaft und Steuerberater. Menschen, die sich schon ein halbes Jahr vorher um ihre Zahnarztvorsorgetermine kümmern. Helden des Alltags. Es gibt eigentlich nur eine Sache, die noch mehr von maximaler Kontrolle über das eigene Leben zeugt:
10. Du hast deine Socken unter Kontrolle
Das, mein alternder Freund, ist der absolute Endgegner: Wenn du es schaffst, deine Socken a) in einer einzelnen Schublade unterzubringen, es sich dabei b) ausschließlich um Sockenpaare handelt (keine Fake-Paare, bei denen es nicht auffällt, dass sie nicht zueinander gehören!) und du c) auch keine verwaisten, einzelnen Socken an einem geheimen Ort aufbewahrst – dann Glückwunsch! Du bist der ultimative Erwachsene. Streng genommen hast du alles im Leben erreicht. Von nun an geht es nur noch bergab.
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