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Versuchst du im Bett, deine Träume zu „planen“? Das ist Dreamscaping

Foto: Michael Beckert.
Wir alle schlafen, und wir alle träumen, ob wir uns nun daran erinnern können oder nicht. Wohingegen viele von uns aber die Chance auf einen richtig guten Traum – die Art, nach der du am nächsten Tag jemandem sagen willst: „Ich hatte so einen coolen Traum heute Nacht!“ – dem Schicksal überlassen, nehmen andere die Sache lieber selbst in die Hand. 
Ich rede hier nicht von einem luziden Traum (oder „Klartraum“), bei dem dir während des Schlafens bewusst wird, dass du träumst. Ich rede von… naja, nennen wir es mal „dreamscaping“: die Kunst, im Bett zu liegen und dir genau das Szenario auszumalen, von dem du in dieser Nacht gern träumen würdest.
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Ich selbst mache das schon, solange ich denken kann, obwohl mir das nie wirklich aufgefallen ist. Wenn ich nach einem langen Tag ins Bett gehe, schüttle ich mein Kissen aus, lege mich hin und stelle mir den schönsten Traum vor, den meine Fantasie hergibt: Vielleicht fliege ich durch einen sternenhellen Himmel oder (mein persönlicher Favorit) sitze in einem luxuriösen Zug, der am Nordpol durch Eiswelten fährt. Ich beschließe, dass ich auf diesem Trip ein paar Eisbären und die tanzenden grünen Wirbel der Polarlichter sehen werde. Ich trinke eine Tasse heiße Schokolade nach der anderen. Vielleicht löse ich unterwegs auch noch einen Mordfall à la Agatha Christie – oder vielleicht lehne ich mich auch einfach zurück, entspanne mich und genieße den Ausblick. Die genaueren Details sind ohnehin meinem Unterbewusstsein überlassen. Ich bin nur hier, um den generellen Ton vorzugeben.
Und ich bin scheinbar nicht die Einzige, die ihre Träume plant. Ich habe nämlich mal via Refinery29 die Öffentlichkeit nach deren eigenen Erfahrungen mit der Traumplanung gefragt – und bekam viele Antworten.
„Manchmal hänge ich in einem Tagtraum rum und lasse ihn mein Gehirn beschäftigen, bis ich einschlafe“, erzählt Marianna, die regelmäßig ihre Träume plant. „Ich mache das in der Hoffnung, dass mein Gehirn die ‚Story‘ automatisch fortsetzt, wenn auch mit überraschenden Wendungen, die mein Unterbewusstsein einstreut.“
Auch Michaela erzählt mir, sie würde ihre Träume immer im Voraus planen, weil „es mich entspannt – zumindest solange, bis meine sehr lebhaften Albträume die Kontrolle übernehmen“.
Auch Harriet meint: „Wenn ich einen besonders anstrengenden Tag hatte oder vor dem Schlafengehen etwas Aufregendes geguckt habe, versuche ich, mir glückliche Träume zu ‚erzwingen‘, indem ich mir ganz spezifische Dinge ausmale, wie zum Beispiel einen Tag am Strand. Dabei konzentriere ich mich auf alle fünf Sinne. Das beruhigt mich dann genug, um einzuschlafen.“ Sie fügt hinzu: „Aber egal, was ich versuche: Ich habe danach immer entweder einen unangenehmen Traum – oder wache mit dem Gefühl auf, einen gehabt zu haben.“
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Gina erzählt: „Es beruhigt mich, meine Träume zu planen. Vor dem Schlafengehen nehme ich mir immer ein bisschen Zeit, um Tagebuch zu schreiben, und denke darüber nach, wovon ich gern träumen würde. Das funktioniert oft auch. Wenn ich aber sehr unruhig bin, kann das zu Albträumen führen.“
Ich bekam viele weitere Nachrichten, die alle Ähnliches berichteten. Interessant daran finde ich, dass so viele von uns scheinbar die Traumplanung nutzen, um ein gewisses Maß an Kontrolle über die eigenen Gefühle zu erlangen. Gleichzeitig fasziniert mich, dass unsere Gefühle dann doch meist den Kampf zu gewinnen scheinen und sich rächen, sobald wir im Tiefschlaf sind. 
So weit, so gut. Aber was ist eigentlich dran an dem Ganzen?

Ist es möglich, die eigenen Träume zu planen?

Obwohl die Traumplanung vielleicht erstmal wie ein absurdes Konzept wirken mag, gibt es doch immer mehr Studien dazu, die nahelegen, dass wir vermutlich sehr wohl vor dem Schlafengehen beeinflussen können, was wir träumen.
Theresa Cheung, Autorin des Bestsellers Dream Dictionary from A to Z, erklärt mir: „Träume sind wie das Meer: Du kannst lernen, darin zu ‚segeln‘, aber nie genau kontrollieren oder vorhersagen, was darin passiert.“
Die Therapeutin und Autorin Dr. Kalanit Ben-Ari sieht das ähnlich. „Unsere Fähigkeit zur Traumplanung hängt vom jeweiligen Bewusstsein und dem Übungsniveau der träumenden Person ab. Es gibt in der Therapie tatsächlich eine Technik, bei der der:die Therapeut:in Entspannungsübungen nutzt, um dich in deiner Vorstellung einen Traum wiedererleben zu lassen.
„Durch kreative, geführte Visualisierung und einfallsreiche Möglichkeiten, das Bewusstsein zu umgehen, kann man sich ins eigene Unterbewusstsein versetzen. Dort lassen sich Einblicke in die tiefere Bedeutung der Psyche und Emotionen gewinnen“, erklärt sie.
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Können manche Leute ihre Träume besser planen als andere?

„Wer laut psychologischen Tests als hochsensibel gilt, ist eher für die Traumplanung geeignet“, meint Therese. „Etwa jeder fünfte Mensch ist laut dieser Sensibilitätstests hochsensibel. Das bedeutet, diese Leute haben besonders stark ausgeprägte empathische, kreative und intuitive Fähigkeiten. Dadurch eignen sie sich besser für die Traumplanung. Das heißt aber nicht, dass weniger sensible Menschen ihre Träume gar nicht planen könnten. Es fällt ihnen womöglich bloß weniger leicht.“
Dr. Ben-Ari glaubt, dass zumindest jede:r mit der richtigen Übung und Anleitung ins eigene Unterbewusstsein schauen könne. „Das hängt nicht zwangsläufig von einem bestimmten Persönlichkeitstyp ab, sondern eher von der individuellen Offenheit und Gewilltheit, die eigene innere Welt zu erkunden.“

Wie fängt man damit an, die eigenen Träume zu planen? 

„Am einfachsten ist es, dir direkt vor dem Schlafengehen, wenn dein Gehirn sehr leicht beeinflussbar ist, einzureden, wovon du gern träumen würdest“, rät Theresa. „Du kannst dir den Traum, den du gern hättest, auch aufschreiben und dir das Papier unter dein Kissen legen. Manchmal schaffen es geschriebene Worte tiefer ins Unterbewusstsein als nur Gedanken.“
Am besten hältst du deine geschriebenen Pläne so kurz wie möglich, weil unser Unterbewusstsein Sprache nicht gut verarbeiten kann. Visualisiere diese Worte vor deinem inneren Auge und sprich sie auch ruhig laut aus, wie ein Mantra. Das kann helfen.

Kann man gezielt zu einem Traum zurückkehren, den man schon mal hatte?

Bist du schon mal aus einem tollen Traum erwacht, weil dich dein Wecker aus dem Schlaf gerissen hat, und wärst am liebsten direkt wieder darin eingetaucht? Ich auch. Zum Glück gibt es Möglichkeiten dafür.
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„Wenn du in einen Traum zurückkehren willst, den du schon mal hattest, versuche, diesen vergangenen Traum vor deinem inneren Auge abzuspielen“, empfiehlt Theresa.
„Wenn es dir schwerfällt, etwas zu visualisieren – vielleicht hast du Afantasie, was die Fähigkeit dazu hemmt, dir etwas visuell vorzustellen, dich aber zum Glück nicht davon abhält, dich an Träume zu erinnern –, erzähle dir selbst von diesem Traum oder denk daran zurück. Beschreibe ihn dir in Gedanken oder Worten, als würdest du von einem Film berichten.“
„Deine Schlafposition spielt auch eine Rolle“, fügt sie hinzu. „Sie beeinflusst nämlich das Narrativ deines Traums. Wer auf dem Rücken schläft, hat eher lebhafte, kreative Träume; wer auf dem Bauch schläft, träumt eher von erotischen Fantasien. Seitenschläfer:innen erleben oft mehr befreiende Träume.“

Ist es eine gute Idee, Träume zu planen? Oder ist es besser, dem Unterbewusstsein die Führung zu überlassen?

Manche Leute reagierten auf meine Nachfrage nach ihren Traumplanungs-Erfahrungen nicht nur ablehnend, sondern sogar verstört. Man warnte mich, ich mache würde mich durch meine Einflussnahme auf mein Unterbewusstsein für „alle möglichen furchtbaren Dinge“ angreifbar. Daraufhin war für mich erstmal an Schlaf nicht zu denken.
Als ich Theresa auf diese Sorgen anspreche, versichert sie mir allerdings ganz schnell, dass die Traumplanung immer eher etwas Positives ist. „Einen Traum zu planen oder fortzusetzen ist aus dem simplen Grund empfehlenswert, weil deine Traumwelt eben deine unbewusste Welt ist“, sagt sie. „Alles, was auf dieser unterbewussten Ebene passiert, beeinflusst deine Überzeugungen und deine Einstellung zu dir selbst. Wenn du also einen Traum in eine Richtung lenkst, die du dir wünschst (in dem du vielleicht etwas tust, was du unbedingt im echten Leben tun wollen würdest), überzeugst du dabei dein Unterbewusstsein davon, dass das wirklich für dich möglich sei. Wenn du daran glaubst, dass etwas möglich ist, verändert sich auch dein waches Leben zum Positiven.“
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Was tun, wenn die Traumplanung scheitert und man plötzlich in einem Albtraum festhängt?

Viele der Leute, die auf meine Traumplanungs-Fragen geantwortet haben, machten mir ganz deutlich klar, dass ihre Versuche zwar bis zu einem gewissen Maß erfolgreich waren, oft aber in Albträumen endeten.
Woran liegt das? Dr. Ben-Ari erklärt: „Weil Träume ein Fenster und eine Brücke zur Seele und unserem Unterbewusstsein sind, würde ich mir dabei zuallererst überlegen, was die tiefere Bedeutung [hinter diesen Träumen] sein könnte. Die kann allerdings versteckt sein. Es kann sich also lohnen, sie mit einem Psychotherapeuten bzw. einer Psychotherapeutin zu besprechen, der oder die mit den Theorien von Carl Jung vertraut ist.“
Sie fährt fort: „Die Bedeutungen hängen meist nicht mit Dingen zusammen, die sich in deinem Bewusstsein abspielen. Wenn du zum Beispiel von deiner Beziehung gestresst bist und von deinem Partner oder deiner Partnerin träumst, geht es dabei vermutlich nicht um den Stress, den du auf bewusster Ebene erlebst. Weil der bereits in deinem Bewusstsein angekommen ist, musst du davon nicht erst träumen. Auch die Menschen, Umgebungen und Erlebnisse in deinen Träumen sind eher Symbole als tatsächliche Repräsentationen.“
Sobald wir das zugrundeliegende Problem unserer verstörenderen Träume identifiziert haben, erklärt mir Dr. Ben-Ari, können wir in einem „Wachtraum“ das eigene Unterbewusstsein im Zusammenhang mit dem Albtraum erkunden.
„Um deinen Kopf und deinen Körper zu entspannen, eignen sich Meditationsübungen. Danach visualisierst du dann deinen Traum von Anfang an“, sagt sie. „Versuche, dabei jede Szene wirklich zu ‚fühlen‘. Achte auf die Farben, die Gerüche, die Texturen, die Landschaften. Das machst du am besten direkt nach dem Aufwachen, wenn dein Geist noch nicht ganz wach ist.
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„Wie es weitergeht, hängt von der Qualität und den Elementen des Traums ab. Wenn du darin zum Beispiel vor einer gruseligen Figur weggerannt bist, stellst du dich ihr vielleicht in deinem Wachtraum, um einen Kontakt zu etablieren und ins Gespräch zu kommen. Frage die Figur, warum sie dich verfolgt. Was will sie von dir? Halte das Gespräch am Laufen, indem du die Bedeutungen von allem hinterfragst.
„Die sind sehr persönlich, und der gleiche Traum kann für verschiedene Leute verschiedene Bedeutungen haben. Indem du die Themen deiner Träume auch außerhalb des Schlafs verstehst und verarbeitest, kannst du daran wachsen und alte Wunden heilen. Dieses Phänomen habe ich auch schon in der Therapie beobachten können. Sobald wir die versteckten Bedeutungen in Träumen aufdecken und angehen, verändert sich auch das Narrativ der Träume.“

Was sagen unsere Träume wirklich über uns aus?

„Träume zeigen uns, dass in uns so viel mehr vorgeht, als man von außen erkennen kann“, meint Theresa. „In uns gibt es eine innere Welt, die völlig getrennt ist von der materiellen Welt und dem Körper. Diese innere Welt ist eine Quelle endloser Möglichkeiten und Kreativität. Wenn du dich darin verliebst, deine Träume zu entziffern, verliebst du dich dabei in Wahrheit in dich selbst.“
Sie erzählt weiter: „Deine Träume zeigen dir, was du wissen solltet, um in deinem wachen Leben wachsen zu können. Sie zeigen dir Dinge, die deine Intuition oder dein Herz vielleicht bemerkt, die dein Ego aber womöglich unterdrückt oder ignoriert. Wenn ein Traum in dir hängen bleibt oder sich immer wiederholt, liegt das daran, dass dein träumendes Bewusstsein diese Weisheit dringend mit dir teilen möchte, damit du dich weiterentwickeln kannst. Bis du die Message dahinter verstehst, wirst du denselben Traum oder ähnliche Träume immer wieder erleben.
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„Laut dem Talmud [einem heiligen jüdischen Text] ist ein Traum, der nicht interpretiert wird, einem von Hand geschriebenen Brief von jemandem gleichzusetzen, der dich besser kennt als alle anderen – ein Brief, den du dann einfach nicht liest. Deine Träume lügen nie. Sie sind wirklich deine besten Freund:innen. Manchmal versuchen sie es auf die harte Tour und schicken dir den gelegentlichen Albtraum – aber immer mit dem Ziel, dir bei deinem persönlichen Wachstum zu helfen. Jeder einzelne Traum, an den du dich erinnern kannst, ist ein Geschenk.
„Er ist nie einfach nur ein Traum.“
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