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Ich ließ mir Botox in die Achseln spritzen, um besser zu riechen

Foto: Sadhbh O'Sullivan.
Egal wann, egal wo: Meine Angst, nach Schweiß zu riechen, begleitet mich quasi rund um die Uhr. Mein Umfeld hat mir zwar schon mehrmals versichert, dass ich mir diesen Geruch nur einbilde – aber ein Teil von mir kann diese Angst einfach nicht abschütteln. Ich schätze, diese Angst ist so ähnlich wie die Überzeugung, von allen angestarrt zu werden, sobald du etwas auch nur ansatzweise Peinliches in der Öffentlichkeit machst: eine Mischung aus Unsicherheit und Ichbezogenheit, die dir einflüstert, alle anderen würden dich genauso beachten wie du dich selbst. Trotzdem schaffe ich es einfach nicht, diese Quasi-Besessenheit abzuschütteln, schreibe wieder und wieder darüber und recherchiere immer weiter, wie ich meinen Körpergeruch besser unter Kontrolle bringen könnte. Diesmal habe ich mir Botox in die Achseln injizieren lassen, um danach hoffentlich besser zu riechen.
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Leider bin ich prinzipiell ein verschwitzter Mensch. Es braucht nicht viel, um mich so aufzuheizen, dass ich mich erst klebrig, dann nass fühle: ein kurzes Joggen zum Bahnhof oder auch nur das Stehen in der Sonne an einem mäßig warmen Tag (19 Grad).
Ich habe mich größtenteils damit abgefunden – immerhin kann ich weder das Wetter noch die Temperaturregelung in den öffentlichen Verkehrsmitteln kontrollieren. Und Körpergeruch ist an sich ja auch nichts Schlimmes. Ich finde, ein natürlicher Geruch kann sogar ganz schön sein.
Es gibt aber eben verschiedene Arten von Körpergeruch: den prinzipiellen Duft von Haut, der meistens unaufdringlich ist und aus den ekkrinen Drüsen austritt, die den Großteil unseres Körpers bedecken. Wenn du kein besonders verschwitzter Mensch bist und nicht gerade jede Menge Stress oder ein intensives Workout hinter dir hast, ist das vermutlich die Form von Schweiß, die du am häufigsten an dir riechst. Dann gibt es da aber auch noch die andere Art von Schweiß – die saure, muffige, penetrante Art. Der Geruch erinnert mich an Umkleiden in der Schul-Turnhalle, ungewaschene Sportklamotten und volle U-Bahnen im Sommer mitten im Berufsverkehr.
Dieser aufdringliche Duft sammelt sich an den Körperstellen an, die mit Haaren bedeckt sind; das betrifft vor allem die Achseln, die Kopfhaut und den Intimbereich. Die Schweißdrüsen an diesen Stellen nennen sich apokrine Drüsen, die während der Pubertät aktiviert werden, sobald die Geschlechtshormone ins Spiel kommen. Sie sondern durchgehend einen fettigen Schweiß ab, der – wenn die Drüsen durch Hitze, Anstrengung oder Stress aktiviert werden – auf die Haut ausgeschüttet und dort von örtlichen Bakterien abgebaut wird, die ihn in stinkende Fettsäuren umwandeln. Je mehr du schwitzt, desto mehr schwitzt du zwangsläufig auch an diesen Körperstellen – und dein Körpergeruch wechselt von „unaufdringlich“ zu „beißend“.
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Genau dieser Schweiß ist der Auslöser meiner banalen, aber doch großen Angst. Ein bisschen Rückenschweiß an einem warmen Tag stört mich nicht weiter; sobald aber meine Achseln mitmachen, fange ich in meinem Kopf schon damit an, mir auszurechnen, wie lange ich noch durchhalte, bevor ich mich umziehen, duschen oder verstecken muss (oder gleich alles nacheinander). 
Um die psychologischen Aspekte dieser Angst unter Kontrolle zu bringen, habe ich schon alles Mögliche versucht: Therapie, Medikamente, Achtsamkeitsübungen, Alkoholentzug. Ich benutze außerdem ein starkes Antitranspirant (Gott sei Dank gibt’s Perspirex) und bleibe bei natürlich oder leicht parfümiert duftendem Deo, weil ich es nicht mag, starke Gerüche mit ähnlich heftigen Düften zu kaschieren (oder es zumindest zu versuchen). All das hilft zwar, löst das Problem bisher aber nicht. Ich wollte herausfinden, ob ich es stattdessen mit einer einzigen, wenn auch teuren Investition in den Griff bekommen könnte.

Was ist Botox & was bewirkt es?

Botox, der inzwischen bekannte Markenname des muskelentspannenden Mittels Botulinumtoxin, könnte genau diese Lösung sein. Nach dem Injizieren blockiert es Signale vom Gehirn, die Muskeln dazu auffordern, sich zusammenzuziehen. Das kann Falten reduzieren – und eben auch verhindern, dass Schweißdrüsen aktiviert werden.
Der Ästhetiker Dr. Jonny Betteridge, der regelmäßig Patient:innen mit übermäßiger Schweißproduktion behandelt, erklärt mir: „Weil die Drüse nicht den Impuls bekommt, Schweiß abzusondern, arbeitet die apokrine Schweißdrüse daraufhin eben nicht so effektiv.“ Diese Injektion lässt sich an diversen Körperstellen durchführen, inklusive der Handflächen, unterhalb der Brüste oder an der Innenseite der Oberschenkel. Ihm zufolge wird Botox gegen Schweiß aber am häufigsten in die Achseln gespritzt.
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Obwohl es bei der Behandlung hauptsächlich darum geht, die Schweißüberproduktion zu regulieren, hat das Ganze noch eine nette Nebenwirkung: ein schwächerer Körpergeruch. Schließlich tritt danach weniger Schweiß aus, der mit den Hautbakterien reagieren könnte, die wiederum die stinkenden Fettsäuren produzieren. „Du hast danach immer noch einen Körpergeruch“, ergänzt Dr. Betteridge, „aber eben einen weniger starken.“
Ich war neugierig, wenn auch ein bisschen skeptisch. Also fuhr ich in die Londoner Cadogan Clinic, um mir dort von Dr. Hazim Sadideen Botox in die Achseln injizieren zu lassen. Obwohl die Behandlung teuer ist (ein Termin kostet etwa 300 Pfund, umgerechnet circa 344 Euro), ist sie doch relativ kurz und schmerzlos. Solange nichts auf dich zutrifft, was die Prozedur riskant machen würde – wie eine Schwangerschaft –, ist das Ganze nach etwa einer halben Stunde vorbei: Erst werden deine Achseln 20 Minuten lang mithilfe einer Creme betäubt, dann rund fünf Minuten lang gesäubert, und danach wird zehn Minuten lang injiziert. Dank der Betäubung, meiner hohen Schmerzgrenze und dem Einsatz diverser feiner, kleiner Nadeln, die in einem Raster über meine Achseln wanderten, fühlte sich das Ganze sogar weniger dramatisch an als ein kleiner Kratzer und war ganz schnell vorbei.
Foto: Sadhbh O'Sullivan.
Nachdem mich der Arzt streng davor gewarnt hatte, in den nächsten 24 Stunden Sport zu treiben (du kannst das Botox nämlich dabei ausschwitzen – und das wäre somit ein sehr teures Workout), fuhr ich wieder nach Hause und wartete darauf, dass das Botox seine Wirkung entfaltete. Es gibt den Mythos, die Reduktion von Schweiß an einer Körperstelle würde dafür sorgen, dass du an einer anderen Stelle danach stärker schwitzt. Dr. Sadideen zufolge ist diese Sorge aber unbegründet. „Wenn du zum Beispiel starken Achselschweiß hast, fängst du nach einer Botoxbehandlung der Achseln nicht plötzlich an, stark am Kopf zu schwitzen. Solche Nebenwirkungen sind geringfügig, und ich glaube, die meisten Patient:innen sind total zufrieden mit der Behandlung und ihrer Effektivität.“
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Wie lange dauert es, bis man nach der Botox-Injektion weniger schwitzt?

Dr. Sadideen erklärte mir, der Eingriff würde innerhalb von zwei bis vier Tagen Wirkung zeigen und nach zwei Wochen komplett in Kraft sein. Eine Woche danach war ich im Urlaub in Süditalien und hatte mit glühender Hitze zu kämpfen – und stellte fest, dass der Schweiß unter meinen Achseln völlig ausblieb. Selbst an besonders heißen oder anstrengenden Tagen blieben meine Achseln ganz entspannt, und ich merkte, dass ich mir meines Körpergeruchs deutlich weniger bewusst war. Zum Glück fiel mir auch kein vermehrtes Schwitzen an anderen Körperstellen auf.
Mein Problem war dadurch aber nicht komplett gelöst. Immerhin schwitzte ich immer noch anderswo (wenn auch nicht mehr als sonst auch), und die apokrinen Drüsen unter meinen Armen waren scheinbar weiter verteilt, als der Doktor und ich gewusst hatten. Obwohl ich deutlich weniger nach Schweiß roch, konnte ich nach ein paar Wochen doch gut erkennen, wo der Rand meiner Botox-Behandlung verlief: Nach einem intensiven Workout oder einem langen Tag hatte ich quasi einen stinkenden Ring auf meinem Oberteil unterhalb der Achseln, so wie von einem kalten Glas, das auf einer Tischdecke steht. Das sah man zwar nicht so deutlich, aber doch, wenn man genau hinguckte.
Foto: Sadhbh O'Sullivan.
Meine Erfahrung ist aber kein Einzelfall, sondern sogar ganz normal. Mir wurde bei meinem Termin schon gesagt, dass ich vermutlich einen Folgetermin brauchen würde, weil man nie im Voraus weiß, ob die Standarddosis ausreicht. Es stellte sich heraus, dass ich größere Achseln habe als gedacht – was auch erklären könnte, wieso ich gefühlt mehr schwitze als andere Leute (und zu einer neuen, seltenen Unsicherheit führen könnte). Zum Glück wird Patient:innen in der Cadogan Clinic direkt vermittelt, dass jeder Körper anders ist und potenzielle „Anomalien“ kein Grund zur Sorge sind. Stattdessen kannst du, wenn du sie brauchst, zu einer Auffrischung vorbeikommen.
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Für wen eignen sich Botox-Injektionen gegen Schweiß?

Laut Dr. Betteridge und Dr. Sadideen kann das Ganze eine lebensverändernde Behandlung sein. Durch die Reduktion von Schweiß und Geruch werden in den meisten Fällen auch Unsicherheiten und Ängste gemildert, und das wiederum kann sich positiv auf das Selbstbewusstsein auswirken.
Ich selbst kann bestätigen, dass ich mich danach viel weniger unsicher in meinem Körper fühlte und die Behandlung demnach als Erfolg betrachte. Hätte ich mich aber nicht auch nebenbei darum bemüht, gegen meine Ängste anzukämpfen, weiß ich nicht, ob der Eingriff allein mein Problem „gelöst“ hätte. Dr. Betteridge erklärt mir, dass viele verschiedene Faktoren die Wirksamkeit der Behandlung beeinflussen: Wer führt die Injektion durch? Wie viel Erfahrung hat diese Person? Wo wird das Botox gespritzt? Wie hoch ist die Dosis? Noch dazu kann es natürlich passieren, dass du das Botox innerhalb der nächsten 24 Stunden nach dem Termin direkt wieder ausschwitzt, wenn du nicht vorsichtig bist. Letztlich gilt: Wenn du dir das Ganze leisten und das Gefühl kleiner Kratzer ertragen kannst, ist es einen Versuch wert. Es wird aber womöglich nicht das gesamte Problem lösen können. Wenn Schweiß bei dir ein großes Angstthema ist, ist es wichtig, das auch psychologisch anzugehen – am besten mit der Hilfe von Therapeut:innen.
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