Wir wissen nicht erst seit gestern, dass Stress einiges mit Verstand und Körper anrichten kann. Er kann das Herz, das Immunsystem und die Erinnerung schädigen.
Einen besonders extremen Fall von stressbedingtem Gedächtnisverlust hat eine Frau in England erlebt. Diese hatte nach einem Nervenzusammenbruch nicht nur ihren eigenen Namen vergessen, sondern auch ihren Ehemann und nahezu alles über ihr eigenes Leben, wie Daily Mail berichte.
Marie Coe, 55, arbeitete mehr als 70 Stunden die Woche in einer fordernden Position in einer Event Agentur, war ständig unterwegs und versuchte neben dem Job auch noch Familie und Haushalt unter einen Hut zu bekommen.
Eines Tages kam sie dann einfach nicht nach Hause. 24 Stunden war sie verschwunden und konnte sich, als sie schließlich einen Fremden an einer Tankstelle um Hilfe bat, an nichts mehr erinnern. Dieser rief einen Krankenwagen, und nachdem sie keine der Fragen der Rettungssanitäter beantworten konnte, brachte man sie für ein CT ins Krankenhaus. Da die Untersuchung jedoch keinerlei Kopfverletzungen ergab, lautete die Diagnose der Ärzte „stressbedingte Amnesie“.
Ja, das gibt es wirklich: „Gedächtnisverlust, der durch Stress oder Trauma ausgelöst wird, wird als „dissoziative Amnesie“ bezeichnet“, erklärt Merck Manuals. Laut der Cleveland Klinik liegt diese in der Familie und kann dazu führen, dass die Person, genau wie es Coe passiert ist, jegliche Erinnerungen verliert oder auch nur spezielle Bereiche des Lebens betroffen sind. In manchen Fällen vergessen betroffene Personen, wer sie sind und nehmen eine vollkommen neue Identität an, ohne es selbst zu realisieren (was in der Psychologie als dissoziative Fugue bezeichnet wird).
Als Coes Ehemann seine Frau aus dem Krankenhaus abholte, wusste sie nicht mehr, wer er war. Sie wusste nicht einmal, dass sie überhaupt verheiratet war. „Es war beängstigend mit einem vollkommen fremden Mann in einem Auto zu sitzen, der mir versicherte mein Ehemann zu sein“, so Coe gegenüber der Daily Mail.
Ähnlich wie in dem Film 50 erste Dates, erzählte er ihr von ihrer Beziehung und zeigte ihr Bilder von ihren Enkelkindern und sie lernten sich noch einmal ganz neu kennen.
„Obwohl ich Angst hatte, war es gleichzeitig auch irgendwie aufregend, so wie beim ersten Date“, erzählt sie weiter. „Ich habe in Marks freundliches Gesicht und seine blitzenden Augen gesehen und ich wusste, warum sich mein altes Ich in ihn verliebt hatte… Wir gingen romantisch Essen und redeten und lachten bis in die frühen Morgenstunden.“
Um ihre Erinnerung wieder zu erlangen und ihren Stress zu bewältigen, ging sie zur Hypnose und meditierte. Das sind, laut der Cleveland Klinik, übliche Behandlungen bei dissoziativer Amnesie, ebenso wie Individual- und Familientherapie sowie Kunst- und Musiktherapie. Der Hypnotiseur erklärte ihr, dass die Amnesie von ihrem Hirn ausgelöst worden war, weil sie ihm auf anderem Wege nicht die Möglichkeit gegeben hatte, sich zu erholen.
Coe hat nun gelernt, besser auf sich zu achten. Um ihren Stress zu reduzieren, hat sie ihre Selbstständigkeit aufgegeben und arbeitet jetzt in einem weniger fordernden Job. „Ich habe verstanden, dass man aus einer leeren Schüssel nicht schöpfen kann. Ich achte jetzt auf mich, anstatt mich kaputt zu schuften nur damit andere zufrieden sind“, erklärt sie.
Noch immer leidet sie unter Erinnerungslücken, die das Kurzzeitgedächtnis betreffen, ihr Langzeitgedächtnis hingegen ist vollkommen wieder hergestellt.
Am Ende hat das Ganze aber auch einen positiven Nebeneffekt, hat es die Beziehung zu ihrem Ehemann doch noch einmal gestärkt. „Als Mark sagte er würde auf mich aufpassen, ob ich nun krank war oder gesund, meinte er das wirklich ernst“, so Coe. „Wenn ich mich an den Tag im Krankenhaus zurückerinnere, denke ich, dass ich die ganze Zeit gehofft habe, dass es stimmt, was sie sagten, dass er mein Ehemann ist. Er war gut aussehend und hatte dieses Blitzen in seinen Augen. Ich weiß, dass er der Richtige für mich ist. Ich habe mich schließlich zweimal in ihn verliebt - das muss einfach bedeutet, dass er der eine ist.“
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