Anfang der Woche berichteten wir von dem Fall der angeklagten Frauenärztin Kristina Hänel, die auf ihrer Website sachlich über die medizinischen Bedingungen und Risiken eines Schwangerschaftsabbruchs informierte. Ihr wurde dennoch vorgeworfen, unerlaubt für Abtreibungen zu werben, womit sie gegen den § 219a des Grundgesetzes verstoße. Heute wurde Kristina Hänel vom örtlichen Gericht in Gießen tatsächlich verurteilt – zu 40 Tagessätzen von jeweils 150 Euro. Die Begründung des Gerichts: „Der Gesetzgeber möchte nicht, dass über den Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit diskutiert wird, als sei es eine normale Sache", so die Richterin.
Zur Erinnerung: Wir schreiben das Jahr 2017. Wie kann es sein, dass eine Ärztin, die verantwortungsvoll über ihre Arbeit informiert und wichtige Aufklärungsarbeit leistet, verurteilt wird? Wir finden, das ist nicht nur ein Ding der Unmöglichkeit, sondern zeigt einmal mehr, wie rückständig unser deutsches Rechtssystem in vielen Belangen noch immer ist. Allein den entsprechenden Paragrafen mit Werbung gleichzusetzen, ist an Absurdität kaum zu übertreffen. Es handelt sich ja schließlich weder um ein Sonder- oder Gratisangebot noch um eine Handlungsaufforderung, sondern eine komplexe und ohnehin schwierige Angelegenheit, bei der Frauen dringend Unterstützung und Beratung benötigen. Kristina Händel wollte hier eine Hilfestellung leisten.
WerbungWERBUNG
Das Urteil aber signalisiert etwas ganz anderes, nämlich, dass man in der Öffentlichkeit nicht über die Thematik eines Schwangerschaftsabbruchs zu reden habe. Die Abtreibung wird so weiterhin in die Tabu-Ecke geschoben. Die Entscheidung des Gerichts bedroht zudem die Informationsfreiheit, wenn es Frauen die Möglichkeit verwehrt auch im Netz korrekte und medizinisch fundierte Details zu finden. Die Strafe, die heute gegen Kristina Hänel verhängt wurde, ist auch eine Bestrafung für alle Frauen, die ihre Hilfe dringend brauchen. Eine Entscheidung gegen den Austausch und gegen die Aufklärung.
Die Ärztin kündigte an, in Revision zu gehen – notfalls bis vor das Verfassungsgericht.