Bis zum heutigen Tag habe ich noch keinen Film aus der Halloween-Reihe gesehen. Das liegt wahrscheinlich an einem Kindheitstrauma: Mein älterer Bruder hat mir damals, nur um mich zu terrorisieren, oft die schaurige Titelmelodie des Horrorklassikers vorgespielt. Ob meine Unfähigkeit, irgendwas zu sehen, was gruseliger ist als A Quiet Place, unbedingt daher rührt, weiß ich natürlich nicht.Was ich dafür mit Gewissheit sagen kann: Ich kann Horrorfilme nicht ausstehen. Das ist der Grund, wieso ich mir aus Angst, etwas zu verpassen, eher den Wikipedia-Eintrag eines Gruselfilms durchlesen, als mir den Film selbst anzuschauen. Ich will mitreden, ohne mich fürchten zu müssen.
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Woran aber liegt es wirklich, dass manche Leute gar nicht genug von Horrorfilmen bekommen können, während anderen schon beim Gedanken daran das Blut in den Adern gefriert? Dafür gibt es einige Gründe.
Einer ist, dass manche Menschen einfach lieber intensive Gefühle spüren als andere. Dieses Phänomen wird Affektbedürfnis genannt und ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt. Eine Studie aus dem Jahre 2010 fand heraus, dass Menschen, deren Affektbedürfnis höher ist, es mit größerer Wahrscheinlichkeit mehr genießen, Horrorfilme zu sehen, als jene mit einem geringeren Affektbedürfnis. Einige von uns suchen eben von Natur aus nach mehr Nervenkitzel, während andere auf Angst stärker reagieren und sie deshalb am liebsten weiträumig umfahren.
Dazu kommen persönliche Erlebnisse. Margee Kerr ist Soziologin und Autorin des Buches: Scream: Chilling Adventures in the Science of Fear. Sie sagt: „Manche Menschen haben schlechte Erfahrungen mit Horrorfilmen oder Gruselgeschichten gemacht und assoziieren solche Sachen automatisch mit etwas Negativem. Das ist einfach Konditionierung. Es macht ihnen eben keinen Spaß, sich zu gruseln.“ Sie sagt außerdem, dass manche Menschen gruselige Filme als Ventil nutzen, um in einem geschützten Raum mit Stress und Angst umzugehen, ohne sich Konsequenzen im richtigen Leben stellen zu müssen. Das funktioniert aber lange nicht bei jedem. „Es kommt drauf an, ob die Leute erschreckt werden wollen, was sie erwarten und welche Art von Geschichten sie mögen,“ erklärt Kerr. „Rein psychologisch ist es so, dass, wir uns selbstbewusst und kompetent fühlen, wenn wir eine gruselige Situation durchstehen. Unser Gehirn unterscheidet da nicht zwischen Realität und Fiktion und wertet das „Durchlebte“, auch wenn es nur ein Film ist, als Erfolg. Das kann einen echten Boost fürs Selbstbewusstsein darstellen.“
In meinen Augen liegt die Betonung hier auf dem Wörtchen „kann“. Ich persönlich erlebe sicher keinen Boost fürs Selbstbewusstsein, wenn ich erschreckt werde. Ich möchte mich nicht gruseln, ich möchte meinen Frieden und meine Ruhe. Halloween könnt ihr auch dieses Jahr wieder ohne mich feiern.