Andere machen Städtetrips nach Paris, fliegen mal eben nach New York oder verschwinden für mehrere Wochen nach Thailand – all das stets gut öffentlich zu verfolgen auf unzähligen Statusupdates und Fotos. Man könnte glatt neidisch werden und sich selbst mal wieder einen Urlaub buchen. Hätte man da nicht dieses eine kleine Dings. Dieses Problem, das sich für die einen wie ein Rucksack, für die anderen wie eine Fußfessel und für die nächsten wie ein zu enger Rollkragenpullover anfühlt. Dieses innere Monster, das ein Aufzug ist oder ein Wackeln im Flugzeug oder ein überfüllter Raum mit Menschen oder unsichtbare Bakterien auf der Türklinke. Angst.
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Angst und Angststörungen sind eine perfide Krankheit: Auf der Suche nach Sicherheit und Geborgenheit ziehen die Betroffenen die Mauern um sich immer enger. Verreisen? Oft ist schon der Gedanke daran Grund genug für Gummiknie und Schweißhände. Das Gute ist: Auch mit Panikattacken, unberechenbaren Angstzuständen oder diversen einschränkenden Phobien kann man verreisen. Es braucht ein wenig mehr Vorbereitung und einen festen Willen, aber es geht. Diese Tipps helfen:
1. Die Angst mitnehmen, statt vor ihr davonzulaufen
Die schlechte Nachricht ist: Egal, wo du hingehst, deine Angst ist immer im Koffer dabei. Die gute Nachricht ist: Das muss dich nicht davon abhalten, die Welt zu erkunden. Deine Angst ist, zumindest im Moment, ein Teil deines Lebens. Nicht der Schönste, aber er ist eben da. Es hilft, sich gedanklich darauf einzustellen, dass man am Zielort nicht plötzlich ein anderer Mensch ist, sondern sich dort mit den gleichen Schwierigkeiten auseinandersetzen muss, wie sonst auch. Und das ist okay. Denn nebenher und außen herum passiert ganz viel Neues und Schönes, das als positive Erinnerung wieder mit nach Hause reist.
2. Kleine Sprünge machen
Je nach dem, wie eingeschränkt du bist, sollte das Reiseziel so gewählt werden, dass es realistisch und bewältigbar bleibt, aber dennoch weit genug außerhalb der Komfortzone liegt, um neue Erfahrungen bereitzuhalten. Du entscheidest, welche Herausforderung du angehen willst und welche nicht. Man kann auch an Orten eine schöne Zeit haben, für die man nur eine halbe Stunde Bus gefahren ist. Wenn du dich hingegen bereit fühlst, deiner Zug- oder Flugangst die Zähne zu zeigen, mach es dir dabei so leicht wie möglich: kurze Strecken, keine Umstiege, Platzreservierung und so weiter. Sich nicht zu überfordern fällt vielleicht schwer bei all den Möglichkeiten, aber wenn du auf deine Intuition hörst, findest du die richtige Route, wortwörtlich.
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3. Gut vorbereiten
Wer mit Ängsten aller Art zu tun hat, kennt das vielleicht: Man braucht im Alltag schon so allerhand Utensilien, um sich halbwegs sicher und ruhig zu fühlen und dann kommt noch der Beutel mit Notfallzeugs für akute Angstattacken oder Worst-Case-Szenarien. Egal, ob es bestimmte Medikamente, schalldichte Kopfhörer oder kleine Zettel voller Mantras sind, nimm auf deine Reise alles mit, was du sonst auch brauchst. Auch, wenn das mehr Gepäck oder komische Blicke bedeutet. Diese Sicherheitsnetze sind nichts, wofür du dich schämen musst. Nichts ist schlimmer, als im Ausland zu stehen und sich darüber zu ärgern, dass es hier genau diese eine ganz bestimmte Sorte Apfel-Johannisbe-Schorle nicht gibt, die du unbedingt brauchst, um dich in Stresssituationen zu beruhigen – oder was auch immer es bei dir ist.
4. Egoistisch sein
Eine ziemlich schwierige Aufgabe, denn als Mensch mit Angstproblematik fühlt man sich oft schon unangenehm egozentrisch und unfreiwillig im Mittelpunkt. Aber wer sollte auf Reisen für dich sorgen, wenn nicht du? Wenn du partout nicht im 8-Bett-Zimmer schlafen möchtest, finde einen Kompromiss mit deinen Mitreisenden und buche dir zur Not etwas anderes. Keine zehn Pferde bekommen dich auf den Aussichtsturm hoch? Bleib unten und kauf dir ein Eis. Reisen sind viel zu kurz, um sich an solchen Kleinigkeiten aufzuhalten. Konzentrier dich auf Dinge, auf die du Lust hast und bei denen du dich gut fühlst, statt aus Gruppenzwang alles Mögliche zu tun, wo dein Bauchgefühl das Stoppschild hochhält.
5. B-Pläne auf Lager haben
Gut auf Reisen für sich zu sorgen heißt auch, sich genügend Alternativen auszudenken für den Fall, dass einem Panik, Angst und spontanes "Oh Gott, ich schaff das nicht!" in den Tagesplan reingrätschen. Das heißt nicht, dass du eine detaillierte Liste mit B-Plänen schreiben musst, aber es ist gut, etwas im Hinterkopf zu haben, worauf du dich sofort konzentrieren kannst, wenn ein Vorhaben scheitert. Denn sich in Stresssituationen spontan etwas Tolles einfallen zu lassen, funktioniert meist eher so mittelgut. Mit gedanklichem Ideenprovitant aber kannst einfach gleich zum nächsten Punkt weitergehen.
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6. Sich verzeihen
Es ist passiert: Du hattest in der Kassenschlange zum Museum, am Flughafen oder schon zwei Tage vor Abreise einen Totalzusammenbruch. Das fühlt sich scheiße an. Und ist dennoch kein Grund, sich dafür zu hassen. Sieh den Breakdown vielmehr als Signal dafür, dass du einen Gang runterschalten solltest und nochmal prüfen solltest, wo genau die Angstauslöser stecken, mit denen du dich auseinandersetzen solltest. Verzeih dir dafür und sei dir selbst die beste, verständnisvollste und geduldigste Reisebegleitung, die du dir vorstellen kannst. Auch wenn das bedeutet, dich die nächsten Stunde an einer Wasserflasche festzuhalten oder erstmal an die Decke eines Hotelzimmers zu starren. Es geht vorbei – und dann weiter.
7. Dranbleiben
Du bist heil von deinem Trip zurück und du hattest vielleicht ein paar schwierige Momente, aber dafür sehr wahrscheinlich auch ziemlich viele schöne Dinge gesehen, erlebt, gedacht, gegessen und gefühlt. Nimm dir bewusst eine Minute, um dir dafür ein bisschen auf die Schulter zu klopfen. Und nutze die positive Energie des Erfolgserlebnisses nicht nur für ein befreiteres Lebensgefühl, sondern überleg dir am besten gleich, wo du als nächstes hinmöchtest. Ob weiter weg oder nicht ist da bei egal, Reisen ist kein Wettbewerb. Routine hilft gut gegen Angst und je öfter du wegfährst, desto sicherer wirst du dabei – selbst im Alltag.
Auch, wenn die Angstgedanken vielleicht nie ganz verschwinden, werden sie irgendwann nicht mehr so stark dein Leben diktieren. Wenn du oft genug trotzig mit rotem Filzstift "Ich kann." drübergemalt hast.
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