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Der Hype um X-Tina zeigt, wie verschoben unsere Wahrnehmung von Natürlichkeit ist

Das Comeback des Teenie-Idols Christina Aguilera wurde selbstverständlich ganz professionell und von langer Hand geplant. Hier ein Foto, da ein Auftritt und dann Ende März das jetzt schon legendäre Editorial samt ehrlichem und (wirklich) sympathischem Interview im Paper Magazin.
Gleich in der Artikelüberschrift war hier vollmundig von einer „Transformation“ die Rede und tatsächlich: So wie auf den Bildern von Fotografin Zoey Grossman hatte man X-Tina wirklich noch nie gesehen. In meinem Kopf hatte sich ein leicht verschwommener Mix aus ihrem Dirrty-Look (Spraytan, weißblond-braun gesträhnte Haare im Wet-Look) und ihrer weiblichen Plus-Size-Zeit als Jurorin bei The Voice – Christina Aguilera war für mich also so etwas wie eine Plus-Size-Sexbombe-Musikerin mit unglaublich viel Make-up.
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Davon war nun keine Rede mehr. Das Internet flippte wie erwartet aus und es wurde in Verbindung mit diesem Editorial mit Sicherheit kein Wort öfter in den Mund genommen als „natürlich“. Wurde Alicia Keys für ihren No-Make-up-Look noch geshamed, dass sich die Balken biegen, applaudierten Christina alle für ihren vermeintlich natürlichen Style.
Ich war und bin hin und weg von dieser Wandlung, das Wort Transformation empfinde ich hier als wirklich passend! Ich finde es unglaublich, wie sehr sich das Aussehen einer Person in relativ kurzer Zeit verändern kann und ich freue mich, dass solche Auftritte und Popkultur-Phänomene dazu beitragen, dass Natürlichkeit wieder auf der Agenda landet. Was mir aber aufstößt, ist der Fakt, dass dieser riesige Elefant im Raum einfach ignoriert wird.

Wie natürlich ist Christinas natürlicher Look eigentlich wirklich?

Ja, Christinas Look ist natürlich – wenn man die Menge an verwendetem Make-up als Maßstab heranzieht. Worüber irgendwie niemand so recht sprechen möchte, ist die Tatsache, dass das Gesicht von Christina doch etwas anders aussieht als zuvor. Gut, auf Fotos können Menschen schon mal etwas anders erscheinen, dann auch noch die kräftigen Locken, da verschieben sich sicher mal Proportionen vor der Linse.
Aber spätestens, nachdem ihre erste Single „Accelerate“ Youtube gesprengt hat, braucht man gar nicht mehr zu mutmaßen. Der geheime Star des Videos sind Christina Aguileras Lippen, denen wirklich sehr viele Sekunden gewidmet werden und die als Krönung noch mit einer Ladung Glitter bestreut werden. Ihr dürft mich nun nicht falsch verstehen. Erstens finde ich das Lied nach anfänglichem „WTF“ sogar richtig gut und zweitens soll jede*r machen, worauf er*sie Lust hat.
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Ich finde es nur leicht bedenklich, dass unsere Gesellschaft anscheinend schon so an einige Formen der, ich nenne es mal Körperoptimierung gewöhnt ist, dass diese einfach ausgeblendet werden. Christinas neuer Look ist toll, sie sieht umwerfend aus und ich würde das alles genau so tragen (Look, Haare), aber: Nichts daran ist natürlich!
Ein Kommentar unter dem Video fasst diese verquere Blickweise ganz gut zusammen. Sinngemäß schreibt dort eine Userin, wie toll Christina aussieht, mit ihrem zurückhaltenden Make-up, ihrem ganz natürlichen Gesicht und wie toll ihre unlackierten Nägel aussehen.

Ist in unserer Gesellschaft der optimierte Körper zum Standard geworden?

Sind wir wirklich an einem Punkt angekommen, an dem natürlich nicht mehr natürlich ist, sondern eine optimierte Form von natürlich? Kleinere Schönheitseingriffe sind bezahlbarer geworden und gehören inzwischen einfach zu unserem Alltag, das finde ich in Ordnung. Aber müssen wir Angst haben, dass wir bald vergessen, was es wirklich heißt quasi ursprünglich auszusehen? Also so, wie unser Genpool das bei unserer Entstehung vorgegeben hat?
Ich möchte auch gar nicht Anfangen mit „Message an die Jugend“ und Vorbildern – die Jugend ist nämlich schon zehn Schritte weiter als ich. Es ist schlicht wichtig, dass man differenziert und ich weigere mich zu akzeptieren, dass wir schon so weit sind und optimierte Versionen von uns selbst als Standard ansehen. Ich würde gerne wenigstens dann in ein, zwei Sätzen darüber sprechen. Das habe ich hiermit getan.
Auch ich habe den großen, rosafarbenen Elefanten mitten im Raum nicht beim Namen genannt, das kann ich nämlich erst so richtig machen, wenn Christina selbst darüber gesprochen hat, aber ich habe gezielt drumherum geredet, ha! Weil es mir ein Anliegen war. Weil ich finde, dass jede*r sich ausleben soll, wie er*sie möchte. Wenn aber bald alle mit dem gleichen Schmollmund durch die Gegend wandern und faltenfrei und mit kleinen Pausbäckchen in die Kameras lächeln und dabei von Empowerment sprechen, ist das nicht nur unglaubwürdig, sondern auch ein bisschen traurig.
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So und nun alle noch mal ein bisschen twerken:
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