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Dieses unangenehme Gefühl in der Umkleidekabine

FOTO: Getty Images
Das Licht ist grell. Ich sehe jede Schokoladen-, Pizza- und Burger-Sünde an meinem Körper. In Form von Fettröllchen, versteht sich. Ich sehe die Dehnungsstreifen, die Unreinheiten, die mein Äußeres zu bieten hat. Nein, natürlich ist kein Körper perfekt. Und vor allem nicht meiner – finde ich. Und so bin ich nur eine von vielen Frauen, die sich grauen vor der Entblössung in der Umkleidekabine des Fitnessstudios. Dort, wo das helle Licht auf alle Makel scheint und nebenan diese eine Frau mit dem Körper aus Stahl gerade ihre Beine eincremt. Hach, wäre ich nur 30 Minuten länger auf dem Laufband geblieben. Im Idealfall ist die Umkleidekabine nach dem Work-out leer, ich kann ungestört duschen, kann mich wie gewohnt abtrocknen und eincremen, fühle mich wohl. In der Realität sieht das Ganze aber anders aus. Da bin ich nämlich nicht alleine. Und sobald eine Dame zum Spind neben mir will und noch eine andere dazu kommt, um sich umzuziehen, fühle ich etwas in mir. Diese unangenehme Emotion, die mich dazu drängt, mich wegzudrehen, das Handtuch wieder um meinen Körper zu werfen, mich damit zu schützen. Vor Blicken, vor dem Urteil anderer. Es ist das Schamgefühl.
Ich bewundere Frauen, die keines haben. Die selbstbewusst durch die Flure der Damen-Umkleide laufen – ohne Angst vor den Blicken. Aber ich denke, das ist nicht unbedingt etwas, was man sich aussuchen kann. Die Scham ist eben ein Gefühl, das schwer zu kontrollieren ist. Aber vielleicht etwas, an dem man arbeiten kann?
Die Sache ist die – die Scham in der Umkleide kann auf zwei Ebenen betrachtet werden. Frauen, die dieses unangenehme Gefühl empfinden, sind meistens unzufrieden mit sich selbst. Wer würde schon von sich behaupten, dass er perfekt sei? Und vor allem wir Frauen haben eben immer etwas zu meckern. Wir sind zu dick, zu klein, nicht sexy genug, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Vor allem in der heutigen Zeit, in dem verschiedenste Schönheitsideale medial um die Welt gehen. Da hängen diese perfekten Körper auf den großen Plakaten, wunderschöne Frauen laufen durch das Fernsehen, posieren in den sozialen Netzwerken. Reizüberflutung von Schönheit, mit der wir uns oft selbst nicht identifizieren können. Das führt nicht selten dazu, dass wir Komplexe aufbauen. Und da sind wir nun in der Umkleidekabine und füllen uns ausgeliefert, schämen uns. Es ist der Kampf mit sich selbst.
Doch dann wäre da die zweite Ebene. Und hier geht es nicht um die Scham an sich, sondern um die Scham gegenüber anderen Personen. Die, die vielleicht das haben, was wir uns wünschen. Die Umkleidekabine ist eben auch ein Ort des Vertrauens. Blicke auf bestimmte Körperstellen oder das Starren auf anderen Frauen hat hier nichts zu suchen. Wir wollen darauf vertrauen, dass wir nicht schräg angeguckt oder sogar ausgelacht werden. Wir wollen nicht, dass über uns und den Körper geurteilt wird. Es ist eben ein intimer Moment, wenn man die Hüllen fallen lässt. Und da wollen wir uns sicher fühlen – was nicht immer leicht ist, wenn zehn andere Frauen umher wuseln. Und ein Blick erreicht uns eben immer. Auch, wenn dieser nicht beabsichtigt ist. In der Umkleidekabine sah ich schon viele Körper. Ich sah welche, die ich mir wünschte, ich sah fitte, ich sah Makel, ich sah Orangenhaut, ich sah Übergewicht. Ich sah Frauen, die sich zügig in der Ecke umzogen, ich sah Frauen, die sich nackt die Haare föhnten. Letztendlich ist es doch ganz einfach. Wir sollten uns selbst sowie auch die anderen akzeptieren. Kein Kichern über andere, kein Verurteilen des eigenen Körpers. Lasst uns diesen lieben lernen. Auch in der Umkleidekabine.
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