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Ich habe 29 Tipps & Techniken für mehr Selbstbewusstsein getestet

Illustrated by Assa Ariyoshi.
„Hör auf, so krumm wie eine Banane dazustehen“, sagte mein Haltungscoach zu mir, als ich versuchte, selbstbewusst zu wirken, während mich ein Haufen schnatternder Fremder beobachtete.
Laut verschiedenen Studien unterschätzen sich viele Mädchen und Frauen oft, Männer überschätzen sich dagegen häufig – zum Beispiel in der Schule oder später in Bewerbungssituationen. Außerdem leiden Frauen im Schnitt häufiger an Versagensangst, Kritik und Selbstzweifel. Laut einer repräsentativen Umfrage des Instituts GfK Marktforschung für die “Apotheken Umschau“ machen sich 27,1 Prozent der Teilnehmerinnen oft Gedanken, was andere Menschen von ihnen halten; bei den männlichen Teilnehmern lag die Zahl bei etwa 22,8 Prozent. Zudem gaben 33,1 Prozent der Frauen zu, niedergeschlagen auf Kritik zu reagieren und sie persönlich zu nehmen. Bei den Männern lag der Anteil hier bei 23,7 Prozent.
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Ich gehöre auf jeden Fall zu der Gruppe Frauen, deren Selbstbewusstsein bisher eher im Keller als auf dem Dachboden war. Und das, obwohl mir von klein auf eingetrichtert wurde, ich solle selbstbewusster sein. Ich glaube, das ging los, als ich etwa fünf Jahre alt war. Vielleicht sogar schon früher. Sie ermutigten mich, eine Version meiner selbst zu werden, die Rückgrat hat und erhobenen Hauptes durch’s Leben geht – zu Anya 2.0., wenn du so willst. Aber sie haben mir nie gesagt, was ich machen muss, um dahin zu kommen.
Also beschloss ich vor sechs Monaten, die Sache selbst in die Hand zu nehmen: Ich wollte lernen, selbstbewusster zu sein. Der erste Schritt war, alle selbstbewussten Freund*innen, Kolleg*innen, Familienmitglieder und eine ehemalige Lehrerin zu fragen, was ihnen am meisten dabei hilft, selbstbewusst zu sein. Das Ergebnis: Eine Liste mit 29 Vorschlägen, die ich in den folgenden Monaten allesamt selbst ausprobiert habe. Und das ist auch der Grund dafür, wieso ich vor kurzem einen Körperhaltungskurs besucht habe. “Brust raus, Bauch rein“ – wer das beherzigt, wirkt schließlich automatisch super souverän und selbstsicher, dachte ich.
Ich bin nie wieder zu dem Kurs gegangen, obwohl meine Freundin Rosie gesagt hatte, ihr hätte er dabei geholfen, Meetings auf Arbeit besser leiten zu können. Den anderen 28 Vorschlägen habe ich allerdings eine Chance gegeben. Manche waren ganz einfach (ein Friseurbesuch), andere körperlich anstrengend (boxen). Manche waren so angsteinflößend, dass sich mir der Magen umdrehte, wenn ich nur daran dachte (Stand-up-Kurs).

Klein anfangen

Fangen wir mal mit den einfacheren Vorschlägen um. Das sind die, die ich mir für die Tage aufhob, an denen ich mich klein fühlte und nicht in der Lage dazu war, mich zu schwierigeren Übungen zu zwingen. An diesen Tagen versuchte ich mich an simplen Dingen wie positive Affirmationen aufsagen, Power-Posen im Spiegel machen und Hypnose-Aufzeichnungen zu hören. Dafür musste ich nicht in die Welt schreien. Es war eher eine sanfte Rebellion gegen meine negativen Selbstgespräche.
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Ich empfand eigentlich alle Übungen als hilfreich, aber besonders gut gefielen mir die Affirmationen – so cheesy das auch klingt. Jeden Morgen dachte ich kurz darüber nach, was ich über mich denke. Viel zu oft kam mir dann der Gedanke: Ich bin nicht gut genug. Und dann formulierte ich das in eine positive Affirmation um. Sowas wie: Ich bin gut genug und ich kann alles schaffen. Diesen Satz schrieb ich auf und dann stellte ich mich vor den Spiegel, sah mir selbst in die Augen und wiederholte ihn fünf Minuten lang immer und immer wieder. Es reicht aber nicht aus, einfach nur die Worte zu sagen. Du musst sie so sagen, dass dir eine andere Person glauben würde, du meinst sie auch so.
„Affirmationen können dein Unterbewusstsein umschulen“, sagt Mindset-Coach Poppy Delbridge. „Wenn du bewusst mit dir sprichst und die Sätze immer wieder wiederholst, kannst du die alten Stimmen in deinem Kopf unterbrechen, indem du neue Nervenbahnen kreierst (die Bahnen, durch die unser Nervensystem mit unserem Körper kommuniziert und ihn kontrolliert). Du kannst deine Art und Weise zu denken umschulen und dadurch dann auch anders handeln.“

Wie sehe ich aus?

Verschiedene Leute haben gesagt, sie verändern ihr Aussehen, um mehr Selbstbewusstsein zu erlangen – besonders, wenn es ums Dating geht oder darum, neue Freund*innen zu finden. „Ich gehe immer zum Friseur, wenn ich vorhabe, etwas Neues zu machen, ob das nun ein Date oder ein Jobinterview ist“, sagte mir eine alte Schulfreundin. Sie erinnerte mich daran, dass der Trennungshaarschnitt nicht ohne Grund ein absolutes Klischee ist. „Wer hat dein Herz gebrochen?“, fragte mich mal eine Friseurin, als ich mir meine langen blonden Haare in einem schokobraunen Bob verwandeln lies. Ich probiere ständig neue Frisuren aus, deswegen kostete es mich auch nicht viel Überwindung. Aber diese Mal achtete ich bewusst darauf, wie ich mich fühlte, als ich den Salon verlies: Ich bewegte meine Hüften mehr, stand ein bisschen aufrechter und lächelte häufiger andere Leute an – und mich selbst, wenn ich an einem Schaufenster vorbeiging. Fühlte ich mich selbstbewusster? Ja. Hat es lange angehalten? Etwa eine Woche. „Das ist der Grund dafür, wieso sich manche Menschen jede Woche die Haare frisieren lassen“, sagte meine Freundin zu mir als ich ihr ein paar Tage später von meinem schwindenden Selbstbewusstsein erzählte. Und zum ersten Mal verstand ich auch wieso das so war.
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Wir alle neigen dazu, vorschnell zu urteilen, wenn es um den ersten Eindruck geht. Und wir wissen auch, andere machen das genauso bei uns. Deswegen leuchtet es irgendwie ein, dass das Einfachste und Schnellste, das wir machen können, damit wir uns wohler in unserer Haut fühlen ist, unser Äußeres in die Hand zu nehmen. Wenn du mit deinem Aussehen zufrieden bist, strahlst du das auch aus.

Andere um Hilfe bitten / anderen helfen

Ich fand den Vorschlag, anderen zu helfen wirklich toll. Er kam von einer besonders selbstbewussten ehemaligen Lehrerin von mir. „Wenn es dir schwerfällt, etwas für dich zu tun, tu etwas für andere und dann ergibt sich der Rest von selbst“, sagte sie. Natürlich ist es prinzipiell immer gut, freundlich und hilfsbereit zu sein, aber die Psychologie hinter ihrem Kommentar faszinierte mich. Wenn du anderen hilfst, wird dadurch dein mesolimbisches System aktiviert, der Teil deines Gehirns, der für Glücksgefühle verantwortlich ist und als Belohnungs- und Motivationssystem gilt. Wenn du anderen hilfst, kannst du also ganz nebenbei auch noch dein Selbstwertgefühl aufbauen und eine positive Beziehung zu dir selbst aufbauen.
Ein anderer, überraschender Vorschlag kam von einer Kollegin. Sie schlug vor, ich solle fünf Personen kontaktieren, die mich inspirieren und sie auf einen Kaffee einladen. Und das habe ich dann tatsächlich auch getan. Wobei ich zugeben muss, dabei gedacht zu haben, ich würde gerade meine Karriere zerstören, weil es peinlich ist, was ich hier mache. Aber alle fünf haben geantwortet! Abgesehen von einer Person, die aus der Stadt gezogen war, traf ich alle und mit zwei von ihnen halte ich immer noch Kontakt. Die Übung hat mir mehrere große Artikelaufträge beschert – einen für eine Publikation, für die ich schon sehr lange schreiben wollte – und viele sehr hilfreiche Karrieretipps. Was mein Selbstbewusstsein aber am meisten bestätigte war, dass keine der Personen auch nur im Geringsten wie Miranda Priestly war. Manche von ihnen wirkten sogar nervöser als ich und fast alle fragten „Konnte ich dir weiterhelfen?“ am Ende unseres Meetings.
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Der Sprung ins kalte Wasser

Der furchterregende Höhepunkt der letzten Monate war ein Stand-up-Comedy-Kurs. Die Idee kam von meiner Cousine, die selbst früher kleinere Stand-up-Gigs hatte. „Wenn du bildlich gesprochen einen Seelenstriptease auf der Bühne hinlegen kannst und ihn überstehst, kannst du das überall machen“, sagte sie zu mir. Also schrieb ich mich für einen Kurs für Anfänger*innen ein, zu dem ich ein paar Wochen später mit zitternden Knien und schweißnassen Händen zum ersten Mal ging.
Zu meiner Überraschung stand dort niemand, der nur darauf wartete, mich ins Spotlight auf die Bühne zu schieben. Zumindest nicht direkt am Anfang. Wir sprachen erst mal darüber, wie man eine Geschichte in eine witzige Anekdote verwandelt. Die Atmosphäre war entspannt und freundschaftlich – sehr angenehm. Aber dann mussten wir doch noch mal alle auf die Bühne, um einen kurzen Sketch zu performen. Ich zwang mich dazu, als erste ins Rampenlicht zu gehen, damit ich es so schnell wie möglich hinter mir hab. Und siehe da: Sie lachten, an den lustigen Stellen und hörten an den spannenden Stellen gespannt zu. Aber als meine fünf Minuten vorbei waren, realisierte ich, dass es mir ziemlich egal war, ob meine Witze angekommen waren oder nicht, ich war einfach dankbar, dass es vorbei war. Was mich das Experiment gelehrt hat ist, du kannst die Emotionen anderer nicht kontrollieren, aber du solltest trotzdem den Mund aufmachen und sagen, was du sagen willst. Glaub mir: Wenn du einmal auf einer Bühne gestanden und versucht hast, einen Raum voller Menschen zum Lachen zu bringen, hast du vor nichts mehr Angst.
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Das habe ich gelernt

Die wohl wichtigste Erkenntnis für mich ist, dass es bei der Suche nach Selbstbewusstsein nicht nur darum geht was du machst, sondern wie oft. Selbstbewusstsein ist nicht etwas, das du einmal erlangst und dann hast du es für immer sicher. Wir uns entwickeln uns ständig weiter, äußere Umstände verändern sich und manchmal schlägt unser Leben eine Richtung ein, mit der wir nie gerechnet hätten. Und deswegen müssen wir auch ständig an unserem Selbstwertgefühl arbeiten – ähnlich wie an einer Beziehung.
Life Coach Lucy Baker hat mir diese Erkenntnis bestätigt: „Selbstbewusstsein kann relativ schnell aufgebaut werden. Doch wie jede Form der Selbstentwicklung gibt es von Person zu Person Unterschiede und es hängt davon ab, wie viel Zeit und Energie du bereit bist, zu investieren“. Sie sagt, es ist wichtig zu verstehen, was dir im Weg steht, dich selbstbewusst zu fühlen. Nur so kannst du „aufarbeiten, was dich zurückhält oder es sogar komplett aus deinem Leben verbannen. Und dann kannst du von Null an beginnen und dein Selbstvertrauen aufbauen“.
Ich kann nicht vorhersehen, was die Zukunft für mich bringen wird – oder für dich oder uns alle. Aber ich werde alle tun, um ihr mit Selbstbewusstsein entgegentreten zu können. Das ist besser als jeder Blick in die Kristallkugel.
29 Dinge, die ausprobiert habe, um mein Selbstbewusstsein zu stärken
1. Ein Körperhaltungskurs
2. Ein Rhetorikseminar
3. Ein Kurs in Stand-up-Comedy
4. Power-Posen
5. Affirmationen
6. Eine neue Frisur
7. Das Buch Du bist der Hammer von Jen Sincero lesen
8. Naked Yoga (allein, in meiner Wohnung)
9. Einen Life Coach treffen
10. Boxen
11. Allein auf eine Party gehen
12. 5 Personen eine Mail schreiben, zu denen ich aufsehe
13. Schöne, zusammenpassende Unterwäsche tragen
14. Eine Beauty-Masterclass
15. Selbstlimitierende Überzeugungen aufschreiben
16. Das Buch Selbstvertrauen gewinnen von Susan Jeffers lesen
17. Meinen Sinn definieren, mein “Warum“
18. “Fake it 'til you make it“
19. High Heels tragen
20. Teamsport
21. Die eigenen Erfolge anerkennen
22. Komplimente annehmen, statt sie kleinzureden
23. Oft Augenkontakt halten
24. Etwas erledigen, dass ich schon lange vor mir herschiebe
25. Hypnose-Aufnahmen hören
26. Herausfinden, welche Social-Media-Accounts dafür sorgen, dass ich mich schlecht fühle (und ihnen entfolgen)
27. Anderen helfen
28. Tanzunterricht
29. Allein Urlaub machen
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