Einen Mann zu heiraten, der nicht dieselben Wurzeln hat, ist in Marias Herkunftsland eigentlich nicht erlaubt. Sie erzählt, wie es ist, sich gegen den Willen der Familie zu stellen und trotzdem bei diesem Mann zu bleiben.
Dass ich mich mit 22 Jahren in Max * verliebte, ist das Schönste, was mir in meinem Leben passiert ist. Aber es brachte auch die grössten Schwierigkeiten mit sich, denen ich mich je stellen musste. Denn Max gehört einer anderen Nation an als ich.
Ich bin in der Schweiz geboren, meine Eltern stammen aus dem Osten Europas. In unserer Gemeinschaft gilt ein ungeschriebenes Gesetz, dass man nur jemanden heiratet, der dieselben Wurzeln hat. Um welche Nation es sich handelt, möchte ich lieber nicht sagen. Es existieren viele Klischees über uns, ich möchte nicht noch mehr Munition liefern. Es wäre gelogen zu sagen, dass diese Situation ein Ausnahmefall ist. Dennoch möchte ich sie nicht einfach als Bestandteil einer Kultur verstanden wissen, sondern als meine ganz eigene Geschichte. Verstehen Sie das?
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Ich lernte Max kennen, als ich mein erstes Praktikum in einer Anwaltskanzlei absolvierte. Er war lustig, wir verstanden uns sofort. Wir gingen einige Male aus, küssten uns, mehr lief nicht. Nach ein paar Wochen zog ich die Notbremse. Ich sagte Max, dass wir uns nicht mehr sehen dürfen. Ein halbes Jahr hielt ich durch. Dann merkte ich: Ich will diesen Mann. Er wusste um die schwierige Situation und fragte mich, wie ich mir das vorstellen würde. Ich sagte: Wir müssen es einfach probieren.
Die Zeit der ersten Verliebtheit war so schön, aber auch so anstrengend. Ein Jahr lang testete ich ihn. Ich musste zu hundert Prozent hinter ihm stehen können. Schliesslich brachte er gerade meine ganze Zukunft durcheinander. Ich überlegte lange, wie ich meinen Eltern beibringe, dass mein Freund keiner von uns ist. Als wir ein Jahr zusammen waren, rutschte es mir an einem Samstagabend einfach heraus. Ich sass mit meiner Mutter im Wohnzimmer, mein Vater sollte demnächst nachhause kommen. Ich sagte: «Ich habe jemanden kennen gelernt. Max hat nicht unsere Nationalität, aber er ist der Mann, mit dem ich mein Leben verbringen möchte.» Als mein Vater kam, holte ich Luft, um es ihm zu sagen, da fuhr meine Mutter dazwischen und erzählte es ihm. Es dauerte ein paar Stunden, bis die Nachricht zu ihm durchdrang. Dann begann er, mir Vorwürfe zu machen. Ich sei eine Verräterin, zerstöre den guten Ruf der Familie.
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Zweieinhalb Jahre sind inzwischen vergangen. Es ist heute nicht mehr so schlimm wie am Anfang, als meine Eltern mir jede Woche auf die Combox sprachen, mir Vorwürfe machten und fragten, ob ich immer noch mit ihm zusammen sei. Aber ihre Meinung hat sich nicht geändert. Sie finden, dass ich mich von Max trennen soll, um einen Mann zu heiraten, der dieselben Wurzeln hat wie ich. Das schmerzt mich. Ebenso die vielen üblen Worte, die sie mir an den Kopf werfen. Es hilft mir, wenn ich mir vor Augen führe, dass diese Wut nichts mit mir zu tun hat. Es ist ihr Schmerz, es ist ihre Art, damit umzugehen. Und doch tut es mir auch weh, dass ich die Person bin, die ihnen diesen Kummer bereitet.
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Ich erzähle diese Geschichte nicht allen Leuten. Denn viele finden dann: «Lebt deine Familie im Mittelalter?» Aber ich glaube, es gibt in der Schweiz mehr Frauen, als man denkt, die unter solchen familiären Erwartungen leiden. Sie schämen sich dafür, fühlen sich rückständig und sprechen nicht darüber.
Vor kurzem hat mir Max einen Heiratsantrag gemacht. Mir selber ist das Heiraten nicht so wichtig. Aber ich sehe es als Statement, mit dem ich meinen Entscheid für Max meinen Eltern gegenüber bekräftige. Vor dem Antrag hatte Max meinen Vater angerufen und um meine Hand angehalten. Mein Vater sagte, dass wir machen sollen, was wir wollen, ihm sei es egal. Aber natürlich lehnen meine Eltern diese Heirat ab. Nichtsdestotrotz möchten sie bei der Feier dabei sein. Sie wollen auch, dass wir alle Verwandten einladen und alle Traditionen einhalten. Das setzt mich wahnsinnig unter Druck. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies der schönste Tag in meinem Leben wird.
Was ich mir wünsche? Ich möchte irgendwann diesen inneren Zwiespalt nicht mehr aushalten müssen. Diese Bürde einfach mal abgeben, einfach mal glücklich sein. Und wenn es nur für einen Tag ist.
Maria* (25), angehende Rechtsanwältin, Zürich
*Namen geändert
*Namen geändert
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