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Du siehst es ihnen vielleicht nicht an, aber deinen schwarzen Kolleg*innen geht es nicht gut

Photo: Dania Maxwell/Los Angeles Times/Getty Images.
Die letzten Tage waren alles andere als leicht. Was sage ich? Die letzten Wochen! Die letzten Monate!
Mitten in einer globalen Pandemie die Hoffnung nicht zu verlieren und ein einigermaßen normales (was auch immer das heutzutage bedeutet) Leben zu führen, ist nicht leicht. Jeden Tag aufzustehen und sich selbst dazu zu motivieren, sich einigermaßen gesund zu ernähren, sich wenigstens ein bisschen zu bewegen, frische Luft zu schnappen und etwas für die eigene mentale Gesundheit zu tun, ist nicht leicht. Kreativ und produktiv zu sein, ist nicht leicht. Wir alle haben Angst. Wir alle fühlen und überfordert. Wir alle wissen nicht, wann die Krise endlich vorbei sein wird. Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, haben einige Menschen zusätzlich noch mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen – mit dem Thema Rassismus.
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In den letzten Jahren haben schwarze Menschen nicht nur Freund*innen und Familienmitglieder verloren (Stichwort: höhere Sterblichkeit bei schwarzen Corona-Patient*innen), sie mussten miterleben, wie Menschen, die wie sie aussehen, beim Joggen erschossen, in ihrem Zuhause ermordet, beim Beobachten von Vögeln im Central Park bedroht und vor laufender Handykamera gewürgt werden.
Und trotzdem stehen wir jeden Tag auf, beantworten E-Mails und nehmen an Zoom-Calls teil. Wir lächeln und verdrängen die Schmerzen und die Ängste tief in unserem Inneren. Wir schlucken die Wut herunter, antworten unseren Chef*innen und arbeiten doppelt so hart für halb so viel Geld – weil es das Einzige ist, was wir gelernt haben.
Aber hier ist ein Newsflash für alle weißen Menschen, denen das bisher nicht bewusst war: Vielleicht scheint es so, als würde es deinen schwarzen Kolleg*innen okay gehen, aber ziemlich sicher ist dem nicht so. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass eine*r deiner schwarzen Kolleg*innen ein Familienmitglied an COVID-19 verloren hat. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass deine schwarze Kollegin oder dein schwarzer Kollege durch das virale Video von Amy Cooper getriggert wurde, weil eine weiße Frau ihre privilegierte Position ausgenutzt und sie als Waffe gegen einen schwarzen Mann eingesetzt hat. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass deine schwarze Kollegin oder dein schwarzer Kollege Angst hat, allein joggen zu gehen. Oder einfach nur wütend ist, wegen all der Lügen, die zum Thema Gleichberechtigung erzählt werden.
Und trotzdem antwortet sie auf deine passiv-aggressiven E-Mails. Und trotzdem lächelt er dich an, während du herablassende Fragen stellst.
Jeden Tag finden deine schwarzen Kolleg*innen die Kraft, aufzustehen und zu arbeiten. Jeden Tag stellen sich schwarze Menschen ihren persönlichen Traumata, von denen wir alle wissen, sie existieren. Sie verdrängen sie, um weiße Menschen zu schützen, denen nicht bewusst ist, dass es fast unmöglich ist, weiterzumachen, wenn du weißt, deine Oma wird Corona nicht überleben, weil sie ernste Vorerkrankungen hat.
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Es ist schwer, auf Arbeit die “beste Version von sich“ zu sein, wenn du gerade gesehen hast, wie eine weiße Frau beim Telefonat mit der Polizei Todesangst vorheuchelt – obwohl die reale Möglichkeit besteht, dass die Polizei hinkommen und betreffenden schwarzen Mann töten könnte. Es ist noch schwerer, wenn du ein Video sehen musst, wie Polizisten einen schwarzen Mann tatsächlich umbringen. Und manchmal sind die Mörder nicht die Menschen in Uniform.
Aber wir melden uns trotzdem nicht krank. Wir arbeiten jeden Tag. Wir behalten unsere Wut, unsere Tränen, unsere Angst und unsere Traurigkeit für uns. Wir unterhalten uns in Gruppenchats. Wir schicken uns gegenseitig Artikel, die unsere Gefühle ausdrücken. Wir posten, reposten und retweeten. Aber wir bringen unseren Schmerz nicht mit zur Arbeit.
Während du also versuchst, die Pandemie zu überstehen, die unser aller Leben verwüstet und schon zu viele Menschenleben (egal welcher Herkunft) gekostet hat, mach dir bewusst, dass die Last, die deine schwarzen Kolleg*innen tragen müssen, überproportional groß ist. Mach dir bewusst, dass sich das nicht anmerken lassen werden. Dafür ist dieses Verhalten zu sehr in ihnen verankert.
Uns wurde erzählt, Abschlüsse, Jobs und Leistungen würden uns irgendwie davor beschützen, wie Bürger*innen zweiter Klasse behandelt zu werden. Uns wurde vorgegaukelt, wenn wir hart arbeiten und etwas für das Gemeinwohl tun, würde uns die Gesellschaft wie Menschen behandeln. Doch die schmerzliche Wahrheit ist, das ist eine Lüge.
Im Namen deiner schwarzen Kolleg*innen: Es geht uns nicht gut.

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