Als rauskam, dass sich Staffel 3 von Bridgerton um die Lovestory zwischen Penelope Featherington und Colin Bridgerton drehen wird, war meine erste Reaktion ein lautes: „Oh, Shit.“ Versteh mich nicht falsch: Ich liebe #Polin. Aber Nicola Coughlans grandiose Performance als Penelope wurde immer von etwas überschattet – von ihrem Körper.
Seit Bridgerton zum ersten Mal über unsere Bildschirme flimmerte, ist Coughlan zur Zielscheibe unzähliger ungebetener Meinungen zu ihrem Körper geworden. Schließlich äußerte sie sich dazu sogar auf Instagram, um die Kritiker:innen hoffentlich zum Nachdenken anzuregen. „Wenn du eine Meinung zu meiner Figur hast, teile sie bitte nicht mit mir“, schrieb sie. „Es ist echt schwer, jeden Tag Tausende von Meinungen zu meinem Aussehen geschickt zu bekommen.“
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Mit dieser Erfahrung können sich wohl die meisten Frauen identifizieren, vor allem diejenigen, die eben nicht Größe S oder M tragen. Die Diät-Kultur lauert hinter jeder Ecke – ob nun in Form von Gesprächen darüber, vor einer Hochzeit noch abnehmen zu wollen, wie viel du in letzter Zeit durch Snacks zugenommen hast oder dass dieses oder jenes Workout garantiert die Pfunde purzeln ließe. Das alles ist wahnsinnig anstrengend, selbst für mich, die das Privileg hat, mit meiner Kleidergröße 42 manchmal noch als „normalgewichtig“ durchzugehen.
Für viele ist Bridgerton eine revolutionäre Serie, die beweist, dass eine facettenreiche Story divers sein muss. Wir haben gesehen, wie sich südasiatische Frauen darüber gefreut haben, mit Kate und Edwina Sharma in der zweiten Staffel endlich dunkelhäutige Frauen in den Hauptrollen zu sehen. Wir haben beobachtet, wie Bridgerton zugunsten der Diversität von seinem Ausgangsstoff (der Buchreihe von Julia Quinn) abgewichen ist. Und trotzdem findet sich im gesamten Cast nur eine Plus-Size-Darstellerin. Nicht nur das: Ihre Figur ist großer Bestandteil dessen, warum sie als nicht begehrenswert dargestellt wird.
Es ist kein Geheimnis, dass die Bridgerton-Bücher enorm problematisch sind. Von fragwürdigen männlichen Charakteren bis hin zu verharmlosenden Vergewaltigungsszenen – es ist ein Wunder, dass die Netflix-Show so fortschrittlich geworden ist. Im nächsten Buch der Reihe, das als Vorlage für die dritte Staffel dienen soll, gibt es aber einen Handlungspunkt, der mir riesige Sorgen macht.
Im vierten Buch der Bridgerton-Reihe, Penelopes pikantes Geheimnis, geht es um die Lovestory von Penelope und Colin. Penelope war schon immer in Colin verliebt – er aber nicht in sie; ein klassischer Fall von unerwiderter Liebe. Sie wird als „rundlich“ und „mollig“ beschrieben und bekommt von ihrer Mutter immer gelbe Kleider aufgedrückt, weswegen sie von ihr als „überreife Zitrusfrucht“ bezeichnet wird. Erst im vierten Buch verliebt sich Colin dann in sie – nachdem sie eine Menge Gewicht verloren hat.
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Zwölf Kilo sind es, um genau zu sein, und obwohl Penelope immer noch als leicht übergewichtig beschrieben wird, fällt sie Colin erst nach ihrem Gewichtsverlust so richtig auf. Das ist ein klassisches Beispiel für fatphobia, die Diskriminierung dicker Menschen. (Lasst uns an dieser Stelle einfach mal darüber hinwegsehen, dass Figuren wie Penelopes in der Regency-Ära, in der die Serie spielt, eigentlich sogar den Schönheitsstandards entsprachen.) Sowohl in den Büchern als auch in der Serie wird Penelope immer wieder für ihr Gewicht verspottet und gilt deswegen auf dem Londoner Heiratsmarkt als nicht begehrenswert. Durch dieses Zusammenspiel wird sie zu Lady Whistledown, dem „Bösewicht“ der Serie. Ganz klar: Wenn niemand eine Frau daten will, sollte sie die erfolgreichste Tratsch-Kolumne der ganzen Stadt schreiben.
Keine Frage, die Serie hat bisher einen starken Fokus auf Diversität gesetzt. Gleichzeitig sind Plus-Size-Stimmen in den bisherigen zwei Staffeln aber überhaupt nicht zu Wort gekommen. Coughlan ist die einzige Plus-Size-Person in Bridgerton, und hat schon jetzt eine gewisse Nervosität bei dem Gedanken an die Sexszenen der dritten Staffel geäußert. Es sei „furchteinflößend“, die neue Hauptrolle zu spielen.
Als jemand, deren Gewicht öfter mal schwankt und die sich immer wieder mit Überlegungen rund ums Abnehmen quält, mache ich mir Sorgen darüber, wie Penelopes Story erzählt werden wird. Und da sich Bridgerton inzwischen einen festen Platz in der Popkultur gesichert hat, wird Penelopes Geschichte garantiert auch dafür sorgen, dass dicke Körper auch außerhalb der Show mehr ins Rampenlicht rücken. Anders gesagt: Wie auch immer die Produzent:innen der Serie Penelopes Story erzählen, wird direkte Konsequenzen dafür haben, wie unsere Gesellschaft die Plus-Size-Community betrachtet.
Wenn Bridgerton weiterhin für seine diverse Besetzung gefeiert werden will, sollten darin auch dickere Menschen zu sehen sein. Und damit meine ich nicht irgendwelche Statist:innen – sondern dicke Menschen in heißen Sexszenen, die denselben Vibe ausstrahlen wie diese eine Szene in Staffel 2. Gebt Penelope eine Story, in deren Zentrum nicht ihr Gewicht steht, sondern zeigt uns all ihre gutmütigen, liebenswürdigen Eigenschaften. Bitte, liebe Bridgerton-Götter und -Göttinnen, lasst Penelope Featherington in Staffel 3 auf keinen Fall abnehmen! Plus-Size-Frauen haben auch ein Happy End verdient.
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