Achtung: Leichte Spoiler zur siebten Staffel von Netflix’ Selling Sunset direkt voraus!
Ich war nicht immer Fan von Reality-TV. Während alle anderen in meinem Alter früher Keeping Up With The Kardashians und The Hills suchteten, war ich mit Gossip Girl und O.C., California beschäftigt.
Weil wir aber in einem Zeitalter leben, in der Streaming-Anbieter quasi wöchentlich neue, seichte Reality-Shows veröffentlichen, kann es schnell passieren, dass du dem allmächtigen Algorithmus zum Opfer fällst und brav das anschaust, was er dir serviert. Diese Woche war das für mich Staffel 7 der glamourösen Netflix-Immoblien-Show Selling Sunset.
Im Gegensatz zu den vorherigen Staffeln der Show fühlten sich die Beleidigungen in dieser Season für mich aber irgendwie anders an. Versteh mich nicht falsch: Mir ist durchaus bewusst, dass Reality-Shows von ihrem Drama leben und wohl kaum ein Beispiel für vorbildliches gesellschaftliches Verhalten sind. Wie oft hast du Freund:innen (und Feind:innen) schon mit Gläsern beworfen, geohrfeigt oder vor versammelter Mannschaft angebrüllt? Vermutlich nicht allzu häufig. In Reality-Serien gehört das aber quasi zum guten Ton.
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Trotzdem fiel mir in dieser neuen Staffel von Selling Sunset eine neue Form von Drama auf, die sich durch die ganze Season zog: Beleidigungen rund um das Aussehen.
Das ging direkt in Episode 1 los, während eines Streits zwischen Nicole und Emma. Die beiden diskutierten hitzig darüber, dass Nicole Emma als „social climber“ (soziale Aufsteigerin) bezeichnet hatte. Während das Gespräch eskalierte, kamen weitere Maklerinnen der O Group dazu – und obwohl die ganze Diskussion schnell in ein absolutes Beleidigungschaos ausartete, ging mir doch ein Kommentar besonders nahe.
Lass mich die Szene beschreiben. Zuerst unterhalten sich Nicole und Chrishell über ihre jeweiligen Karrieren, und Chrishell behauptet, sie würde innerhalb von fünf Minuten mehr Geld verdienen als Nicole in fünf Jahren. „Ja, nur wegen Instagram. Das ist echt süß. Wird ja bestimmt auch noch lange so sein“, antwortet Nicole darauf sarkastisch und betont danach, sie arbeite an einer langlebigeren Karriere.
Unerklärlicherweise hat Chrishell darauf nur eine Antwort: „Okay, du hast dein ganzes Gesicht neu zusammenstellen lassen. Du hast dir alles machen lassen.“ Es ist klar, wie das gemeint ist: als Beleidigung von Nicoles Aussehen.
Natürlich sollte das nicht der letzte derartige Kommentar bleiben. In der letzten Episode der Staffel kommt es zwischen Bre und dem neuen Gesicht der Staffel, Cassandra, zum Konflikt. Sie sprechen über Bres abwehrende Haltung und fehlende Freundlichkeit gegenüber Cassandra, bevor Bre die Schnauze voll hat und das Gespräch beendet. Während sie die Party im neuen Office verlässt, sagt Bre: „Lass dir deine Haare glätten und deine kaputten Spitzen schneiden, Cassandra, und hol dir vielleicht mal ein paar Wimpern, du Basic Bitch.“
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Im Laufe der Serie fallen auch viele weitere brutale Kommentare; nur selten wird dabei aber das Aussehen beleidigt. Es sind diese Sprüche, die sich besonders anfühlen wie Schläge unterhalb der Gürtellinie.
Das Ganze ist umso schlimmer, weil die Show selbst ja bereits eine ganz spezifische, hochstilisierte Version von Frauen am Arbeitsplatz darstellt. Von Ganzkörper-Designer-Outfits bis hin zum ultraglamourösen Make-up: Die Arbeitsuniform in der Oppenheim Group ist nicht bloß extrem elegant, sondern für viele von uns auch oft unerreichbar.
Keine Frage: Auf dem Cast von Selling Sunset lastet genau deswegen sicher auch der unsichtbare Druck, einem bestimmten Look zu entsprechen – um nicht bloß vor die Kamera zu dürfen, sondern sich dabei auch sicher fühlen zu können.
Aber sollte Cassandra deswegen falsche Wimpern tragen müssen, um als der O Group würdig zu gelten? Natürlich nicht.
Und selbst wenn sich Nicole wirklich hat operieren lassen, um das Gefühl zu haben, zum On-Screen-Cast gehören zu können (sie arbeitet schon sehr lange für die Oppenheim Group, ist aber erst seit Kurzem auch in der Show zu sehen) – beweist das dann nicht bloß, wie einschüchternd dieses Arbeitsumfeld sein muss?
Obwohl ich sicher nicht behaupten würde, die O Group sei ein ganz normaler Arbeitsplatz, sind diese Probleme doch definitiv ein Indiz für ein riesiges Problem in unserer Arbeitskultur: Der Wert von (potenziellen) Angestellten sollte immer nur anhand der Qualität ihrer Arbeit gemessen werden – nicht anhand ihrer Fähigkeit, sich ästhetisch ins Office einzufügen. Das wäre nämlich nicht nur kindisch und unfair, sondern erinnert doch sehr an Mobbing auf Grundschulniveau.
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Für eine Show, in der es früher darum ging, Häuser zu verkaufen, sind diese Frauen doch sehr fokussiert auf das Aussehen. Es ist nie okay, jemanden aufgrund des Aussehens niederzumachen – ganz egal, was man persönlich von jemandem hält. Meiner Meinung nach würde die Show definitiv mehr Spaß machen, wenn sich die Maklerinnen auf die glamourösen Villen und gesündere Freundschaftsdynamiken konzentrieren würden – und die gemeinen Kommentare einfach für sich behalten könnten.
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