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Die Menstruationstasse in The Last Of Us ist eine große Sache

Foto: bereitgestellt von HBO.
The Last Of Us läuft erst seit ein paar Wochen und hat doch schon jede Menge Lob für seine spektakuläre Repräsentation queerer Beziehungen eingefahren. Jetzt bekommt die Serie noch mehr Komplimente – diesmal aber aus einem ganz anderen Grund.
Nachdem sie monatelang durch eine winterliche, postapokalyptische Zombie-Welt gereist ist, findet Ellie (Bella Ramsey) in Episode 6 endlich Unterschlupf im ruhigen, mutantenfreien Städtchen Jackson – einer idyllischen, „kommunistischen“ Siedlung. 
Als Ellie dort ihr neues Schlafzimmer betritt – das einst einer anderen Teenagerin gehörte –, wird sie dort von etwas begrüßt, das wir bisher nur selten auf unseren TV-Bildschirmen gesehen haben, vor allem nicht in einem postapokalyptischen Kontext: einer Menstruationstasse.
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Die 14-Jährige reagiert darauf genau so, wie man es von einer Jugendlichen erwarten würde: Sie schaut sich die Zeichnungen auf dem Beipackzettel an, drückt die Tasse zusammen, sieht grinsend dabei zu, wie die Tasse wieder „aufploppt“, kichert und meint: „Igitt.“
Es ist eine ruhige, alltägliche Szene. Sie ist nicht eklig, sie soll nicht bilden oder aufklären. Sie ist ein kleiner Moment des Verständnisses zwischen Ellie und den Zuschauenden der Serie, die selbst menstruieren – ein Augenzwinkern quasi. Und sie illustriert deutlich, wie das Frauensein in The Last Of Us dargestellt wird, und wieso das für die Story so entscheidend ist.
„Obwohl Frauen die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen, sprechen solche Shows nie über Menstruation“, erzählt der Co-Creator der Serie Craig Mazin im offiziellen Podcast zu The Last Of Us. „Dabei ist die während einer Apokalypse ein großes Problem.“
„In einer postapokalyptischen Welt ist es nervig, sich darum kümmern zu müssen und gleichzeitig nur wenige Optionen zu haben“, sagt Mazin gegenüber Vulture. „Warum sollten wir das also nicht zeigen? Vor allem, weil eine unserer Hauptfiguren ein 14-jähriges Mädchen ist. Das ist Teil ihres Lebens!“
Dabei ist diese Szene nicht einmal die erste, in der uns The Last Of Us zeigt, wie man in einer Apokalypse mit der Periode umgeht. In der dritten Episode sehen wir, wie Ellie eine Begegnung mit den Infizierten riskiert, bloß um eine staubige Packung Tampons einzustecken. Sie freut sich riesig darüber, Tampons gefunden zu haben – nicht Munition oder eine Konservendose mit Essen.
Dadurch wird die körperliche Erfahrung menstruierender Menschen in der Serie direkt ins Rampenlicht gerückt. Wer monatlich blutet, hat sich vielleicht schon mal gefragt, wie man das eigentlich in einer Apokalypse bewältigen würde. The Last Of Us stellt klar, dass diese Gedanken total gerechtfertigt sind. Unsere Erfahrungen sind wichtig. Und die Macher:innen der Serie stört es eindeutig überhaupt nicht, dass sie mit Szenen wie dieser einen großen Teil ihres Publikums verprellen, die höchstwahrscheinlich noch nie eine Menstruationstasse gesehen haben. Diese Szene war für uns gedacht.
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„Die Absicht dahinter war diese: Wenn du nicht weißt, was eine Menstruationstasse ist, kannst du jemanden fragen oder googeln. Es ging uns mit der Szene mehr um die Leute, die schon wissen, was das ist“, meint Mazin gegenüber Vulture. „Viele Leute wissen auch nicht, wie man eine Waffe lädt, und das erklären wir ihnen auch nicht. Warum sollten wir also das hier erklären müssen?“
Obwohl sich viele von uns beim Schauen der Episode sicher gefragt haben, wie Ellie (und andere Menstruierende) in dieser Welt eine Menstruationstasse eigentlich hygienisch sauber halten soll, betonen Mazin und viele Zuschauer:innen doch, dass eine Menstruationstasse zumindest den Bedarf nach einem konstanten Vorrat an Einweg-Menstruationsprodukten beseitigt (der während einer Apokalypse sicher unmöglich wäre). „Die Tasse ist eine wiederverwendbare Lösung, die nicht von dir verlangt, dass du in Kellern voller Infizierter nach Tamponpackungen suchen musst“, sagt er. Diese Szenen sind nicht dafür da, ein Statement zu setzen; stattdessen zeigen sie uns realistische Optionen, sollte es mit unserer Welt wirklich mal derart bergab gehen. „Frauenprobleme“ bekommen hier nicht bloß eine Plattform auf unserem Bildschirm geboten, sondern werden auch mal in einem Kontext thematisiert, der sonst weitestgehend Männern vorbehalten war.
Die Darstellung des Frauenseins in The Last Of Us geht aber noch weit über die Thematisierung der Periode hinaus. Schließlich bestimmt eine Menstruation allein nicht darüber, ob du eine (oder keine) Frau bist. Tatsächlich sagt die Art, auf die Ellie diese Menstruationstasse geschenkt bekommt, sehr viel darüber aus, wie weibliche Beziehungen in der Serie inszeniert werden – und für wie wichtig die Macher:innen von The Last Of Us Frauenfreundschaften erachten.
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„Hast du das Ding gefunden, das ich dir hingelegt habe?“, fragt Maria (Rutina Wesley) Ellie und bezieht sich damit auf deren brandneue Menstruationstasse.
„Ja, komischstes Geschenk überhaupt“, antwortet Ellie.
„Aber nützlich“, entgegnet Maria und besteht dann darauf, Ellie einen (lange überfälligen) Haarschnitt zu verpassen – etwas, woran ihr Quasi-Adoptivvater Joel sicher niemals gedacht hätte. 
Wir sehen, wie schnell Maria für Ellie zu einer Art Schwesterfigur wird. Sie findet einen neuen Mantel und Stiefel für Ellie. Sie schneidet ihr die Haare. Sie zwingt sie, mit gleichaltrigen Kindern Filme zu gucken, um Ellies Leben zumindest einen Hauch Normalität einzuhauchen. Sie ist die erste Person, die Ellie kennenlernt, die überhaupt an ihre körperliche Erfahrung als menstruierendes Mädchen zu denken scheint.
„Joel hat kein Interesse daran, ihr in der Hinsicht auszuhelfen. Maria denkt aber direkt daran“, erzählt er im Podcast. „Das hängt mit Schwesternschaft und Frauensein zusammen.“
Als Maria dann Ellie gegenüber Joels Rolle in ihrem Leben hinterfragt, wird klar, dass sie das aus Sorge um Ellie tut – wie es ein Elternteil tun würde. Im Gegensatz zu einer Eltern-Kind-Beziehung lässt Ellie das aber nicht auf sich sitzen und kontert. „Das ist wie ein Faustkampf, nur dass sie sich nicht schlagen“, sagt Mazin im Podcast. Diese subtile Form der Kommunikation kennen viele Frauen nur allzu gut – die Art von frustrierenden, passiv-aggressiven Gesprächen, bei denen man zwischen den Zeilen doch eine tiefe Sorge um und Liebe für das weibliche Gegenüber herauslesen kann.
Auch die Beziehung zwischen Ellie und Tess (Anna Torv) fußt auf einem Gefühl der Schwesternschaft. Obwohl Joel Ellie zu Beginn auf Abstand hält, wird die anfangs kühle Tess gegenüber Ellie schnell warmherziger. Sie spricht mit ihr „wie eine Erwachsene“, teilt harte Wahrheiten mit ihr, um sie zu schützen, und tröstet sie nach Joels harschen Reaktionen. Wie Schwestern verbindet die beiden eine komplexe, manchmal raue Beziehung – letztlich aber eine, die nur das Beste für Ellie will. Und es sind Tess und Ellie, die schließlich den Grundstein für die Beziehung zwischen Joel und Ellie legen.
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Wohingegen die Darstellungen von Frauen in postapokalyptischen Medien oft eindimensional und stereotypisch ausfallen (niemand würde je gut dabei aussehen, vor einer Horde Zombies wegzurennen!), schenkt uns The Last Of Us ein Bild weiblicher Charaktere, die einfach so existieren dürfen, wie sie sind – und deren Interaktionen das tiefe Bedürfnis nach Schwesternschaft widerspiegeln, selbst kurz vorm Weltuntergang. Die Existenz dieser Frauen dreht sich nicht nur um die Männer, die sie umgeben.
Gleichzeitig drücken die Macher:innen der Serie ihren weiblichen Charakteren nicht nur typisch maskuline Eigenschaften auf. Die Frauen werden als stark und einfallsreich dargestellt – aber auch als emotional und rücksichtsvoll. Sie haben enorme Makel, machen Fehler, und können sogar bösartig sein. Das ist das Besondere an The Last Of Us: Es setzt sich mit Themen wie Schwesternschaft und Frauensein nicht nur in Form idealisierter Porträts auseinander, sondern fängt die Härte, Komplexität und letztlich auch Liebe ein, die Frauen miteinander verbindet, selbst wenn all das vermeintlich banale Formen annimmt – wie die einer Menstruationstasse.
Anmerkung: Die New York Times berichtete im Januar, Ramsey identifiziere sich als nicht-binär. Ein:e Sprecher:in von The Last Of Us hat gegenüber Refinery29 jedoch bestätigt, dass Ramsey sich nicht als nicht-binär identifiziert und die Pronomen „she/her“ verwendet.
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