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„Viele sprechen mich drauf an“: Was Haarausfall mit der Psyche von Frauen macht

Foto: Hayleigh Longman
Wenn du bedenkst, dass sich viele von uns inzwischen seit über einem Jahr regelmäßig bei Zoom selbst anstarren, ist es völlig klar, dass wir uns unseres Aussehens immer bewusster werden. Mir jedenfalls ist in letzter Zeit aufgefallen, dass mein Haaransatz immer spärlicher wird. Der vordere Teil meiner blonden Mähne sieht ungleichmäßiger und lebloser aus als noch vor ein paar Monaten – und obwohl ich ja weiß, dass der Haaransatz im Laufe der Jahre von Natur aus weiter nach hinten wandert, kratzt er mit meinen gerade mal 25 Jahren doch sehr an meinem Selbstbewusstsein. Vor allem, weil ich quasi mit einem hohen Pferdeschwanz zur Welt gekommen bin, habe ich an der Vorstellung, mich nach und nach von meinem Haaransatz verabschieden zu müssen, schwer zu schlucken. 
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Insbesondere, weil dieses Problem typischerweise als Männersorge gilt – auch bei Google. Eine kurze Google-Bildersuche zum Thema präsentiert mir Hunderte Vorher-Nachher-Bilder von Männerköpfen, ergänzt durch Links mit hilfreichen Ratschlägen. Während ich aber selbst auf der Suche nach Wundermitteln gegen meinen eigenen Haarverlust war, wurde mir klar, dass es kaum Informationen zum Haarverlust bei Frauen zu geben scheint. Das will ich ändern – und habe mir ein paar Top-Tricholog:innen zur Seite geholt, die mir mithilfe ihres spezifischen Haarwissens erklärt haben, was genau für weiblichen Haarverlust verantwortlich ist und was wir dagegen tun können.

Was ist Traktionsalopezie & kann sie den Haaransatz zurückgehen lassen? 

Ich erfuhr, dass ausgerechnet meine Vorliebe für Pferdeschwänze, Dutts und Co. zumindest teilweise für mein Problem verantwortlich sein könnte, da wiederholtes Ziehen an der Haarwurzel der Haargesundheit schadet. Offiziell nennt sich das Traktionsalopezie und ist tatsächlich eine der wahrscheinlichsten Ursachen eines fliehenden Haaransatzes bei jüngeren Frauen, erklärt mir die Trichologin Kate Holden
„Traktionsalopezie ist ein durch konsequentes Ziehen an der Haarwurzel verursachter Haarverlust, zu dem es meistens wegen straffer Frisuren wie Zöpfen oder Dutts oder dem übermäßigem Gebrauch von Extensions kommt“, sagt sie. Dafür sind insbesondere Schwarze Frauen anfällig, da viele von ihnen über lange Zeit hinweg straff geflochtene Haarstyles tragen. Kates Behandlungsrat gegen diese Form von Haarverlust: Verzichte (weitestgehend) auf Frisuren, die an der Haarwurzel zerren, und am besten ebenfalls auf Clip-in-Extensions. „Wenn du diese Haarstyles vermeidest, wird sich das Haar allmählich erholen – obwohl es auch sein kann, dass es nicht mehr nachwächst, wenn du diese Frisuren schon seit vielen Jahren trägst“, warnt Kate. Außerdem empfiehlt sie eine gesunde Haarpflege-Routine, die Haarbruch reduziert und das Haar vor weiteren Schäden schützt. „Einmal die Woche solltest du eine Haarmaske machen und nach jeder Haarwäsche die Haare an der Luft trocknen lassen. Verzichte auf Blondierungen und Hitzestyling.“ Um deine Haare zum Nachwachsen anzuregen, kannst du eine Kopfhautmassage mit pflegendem Öl (zum Beispiel Rosmarin- oder Rizinusöl) ausprobieren.
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Kann Stress für Haarausfall verantwortlich sein?

Traktionsalopezie ist nicht die einzige mögliche Ursache für Haarausfall bei Frauen – vor allem nicht in stressigen Zeiten wie diesen. Die Trichologin Stephanie Sey erklärt mir, dass stressbedingter Haarverlust (der sich übrigens Telogen-Effluvium nennt) viele potentielle Auslöser hat – zum Beispiel große Operationen oder schwierige Lebensphasen… wie eben eine Pandemie. „Haarverlust verteilt sich normalerweise gleichmäßig über den Kopf, zeigt sich aber manchmal am Haaransatz etwas deutlicher“, sagt Stephanie. Dabei sorgt der Stress dafür, dass das Haar sprunghaft von der Wachstums- direkt in die Ruhephase wechselt, die dem Ausfall vorausgeht. Das heißt, dass das Haar erst einige Monate nach dem Auslöser ausfällt. „Der Haaransatz geht also nicht mit einem Mal plötzlich zurück, sondern schrittweise. Ab etwa drei Monaten nach dem Auslöser siehst du dann für gewöhnlich kleine nachwachsende Haare rund um den Ansatz“, fügt die Trichologin hinzu.
Auch stressbedingte Erkrankungen wie Trichotillomanie können zum Haarverlust rund um den Ansatz beitragen. Diese Zwangsstörung sorgt bei Betroffenen für ein Gefühl der Erleichterung, wenn sie sich Haare, Wimpern oder Augenbrauen ausreißen. Und während Stephanie zwar betont, dass sich der Haarverlust in diesem Fall ausschließlich auf die Stellen beschränkt, an denen ohnehin schon an den Haaren gezerrt wird, betrifft das bei den meisten Frauen eben den Haaransatz.
Unter dem stressbedingten Haareausreißen leidet seit einiger Zeit auch die 28-jährige Jasmine. „Wenn ich gestresst oder nervös bin, zwirble ich unterbewusst meine Haare und reiße sie dann irgendwann aus. Meistens am Haaransatz“, erzählt sie uns. „Ich bin Rechtshänderin, und die rechte Seite meiner Haare ist vorne schon ganz dünn. Dadurch ist das Styling echt schwer, und viele Leute sprechen mich darauf an.“ Durch ihre Angewohnheit ist sie in sozialen Situationen sehr unsicher und graust sich in letzter Zeit vor allem vor Video-Calls, weil der Stress des Lockdowns dazu geführt hat, dass sich Jasmine umso mehr Haare ausreißt. Dagegen geht sie mit Achtsamkeitsübungen vor – zum Beispiel bestimmten Atemtechniken. Expert:innen empfehlen auch Ablenkungsmethoden (wie zum Beispiel ein Armband, an dem man herumspielt, wenn der Zwang zum Haareausreißen kommt) oder eine kognitive Verhaltenstherapie, wenn die Symptome zu schwer werden.
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Warum fallen mir nach einer Schwangerschaft Haare aus?

Abgesehen vom Stress steht eine der häufigsten Ursachen für Haarverlust unter Frauen im Zusammenhang mit der Entbindung; das nennt sich postpartales Effluvium bzw. Postpartum-Haarausfall. Erst vor Kurzem zeigte das Model Ashley Graham ihren Followern auf Instagram, wie viele Haare sie nach der Geburt ihres Kindes verloren hat. Woran das liegt? Eine Schwangerschaft stärkt die Produktion von Östrogen – einem Hormon, das der Kopfhaut dabei hilft, an Haaren „festzuhalten“, die sie sonst bereits abgestoßen hätte. Wenn die Östrogenproduktion nach der Schwangerschaft wieder abnimmt, fallen all diese zusätzlichen Haare in kurzer Zeit aus. Dadurch denken Betroffene häufig, plötzlich starken Haarverlust zu haben.
Sabreen, 35, wusste von diesem typischen Phänomen nichts, bevor sie vor sechs Monaten ihr erstes Baby zur Welt brachte. „Als mir der Haarverlust auffiel, war das schlimm für mich“, erzählt sie. „Ich habe schon immer dickes Haar gehabt, und als mir gerade am Ansatz viel ausfiel, sah das aus, als würde ich sehr viele Haare verlieren.“ Monate später erholt sich Sabreens Haaransatz langsam wieder, obwohl bei ihr – wie auch bei Ashley – die Haare erstmal nur dünn und spitz nachwachsen.
Der postpartale Haarausfall ist zum Glück nur vorübergehend; trotzdem kannst du etwas unternehmen, um diese Phase schnell abzuhaken. Expert:innen empfehlen stimulierende Kopfmassagen, eine protein- und eisenreiche Ernährung, Haar-Supplements wie von Viviscal und Shampoos, die das Haar und seine Wurzeln stimulieren, um ihm einen kleinen Boost zu verleihen. 

Sorgt das Polyzystische Ovarsyndrom (PCOS) für Haarverlust am Ansatz?

Bei manchen Frauen geht der Haarverlust rund um den Ansatz und die Schläfen auch auf ein chronisches Hormonungleichgewicht zurück. Ein typischer Fall dafür ist das Polyzystische Ovarsyndrom (PCOS), von dem in Deutschland etwa eine Million Frauen betroffen sind. Dessen bekannteste Symptome sind eine unregelmäßige Periode und Akne, doch zählt auch Haarverlust zu seinen typischen Anzeichen. Das liegt daran, dass der betroffene Körper übermäßig viele Androgene (männliche Hormone) produziert. „Frauen mit PCOS haben meist zwei bestimmte Haarprobleme“, erklärt mir die Dermatologin Dr. Anjali Mahto. „Sie leiden oft unter besonders starkem Haarwachstum im Gesicht oder am Körper (oft ähnlich wie bei Männern; das nennt sich Hirsutismus), verlieren aber gleichzeitig Haare am Oberkopf, meist am Ansatz und den Schläfen.“
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Das geht auch der 18-jährigen Hajar so, die vor einer Zeit die Diagnose PCOS bekam. „Mein Haar ist mir heilig“, sagt sie. „Obwohl ich ein Kopftuch trage und niemand meine Haare sehen kann, bin ich total stolz darauf. Zum Zeitpunkt der Diagnose nahm ich am Ende des Tages das Tuch ab und bemerkte, dass mein Ansatz total rau und dünn wirkte. Ich dachte dann immer, das sei meine Schuld.“ Hajars Haarverlust erschwerte es ihr, ihre Krankheit zu akzeptieren, und wirkte sich extrem auf ihr Selbstbewusstsein aus.
Der 21-jährigen Fadjy ging es ähnlich. „Das war schwierig, weil ich niemanden in meinem Alter kannte, der oder die das auch durchmachte“, erzählt sie. „Noch schlimmer wurde das Ganze, als mir am Kinn und Hals Haare wuchsen, ich sehr schnell zunahm und Akne bekam, die einfach nicht verschwinden wollte.“ Schließlich beschloss Fadjy, sich den Kopf zu rasieren und stattdessen Perücken zu tragen. In Kombination mit Vitamin-Supplements und Rizinusöl, mit dem sie regelmäßig ihren Kopf massiert, hat das ihre Situation deutlich verbessert. „Mein Haaransatz wird zum Glück immer besser. Die Haare wachsen dicker und stärker nach; dadurch habe ich das Gefühl, mir nicht umsonst den Kopf rasiert zu haben. Ich bin noch nicht ganz so zufrieden, wie ich gern wäre, aber definitiv wieder glücklicher.“
Für PCOS-bedingten Haarverlust gibt es glücklicherweise einige mögliche Lösungen. Manchen Frauen hilft die Einnahme der Pille, weil sie die Wirkung männlicher Hormone – die für den Haarverlust verantwortlich sind – einschränken. Sprich darüber am besten mit deinem Frauenarzt bzw. deiner Frauenärztin. Außerdem gibt es Medikamente wie beispielsweise das Blutdruckmittel Spironolacton, das aber auch beim Haarwachstum helfen kann, meint Dr. Mahto. Sie weist aber auch darauf hin, dass dieses Medikament nur von dermatologischen Ärzt:innen verschrieben werden sollte, die sich mit seiner Haar-Wirkung auskennen. 
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Wie kaschiere ich einen zurückgehenden Haaransatz?

Wie viele Frauen tatsächlich unter Haarausfall leiden, sieht man nirgendwo so deutlich wie in den sozialen Netzwerken, wo viele Vlogger und Influencer ihre Erfahrungen teilen. Die Stylistin Chriselle Lim ist darunter eine der lautesten Stimmen. Sie spricht auf ihrem YouTube-Kanal regelmäßig über ihre Erfahrung mit Haarverlust und seit Kurzem auch auf TikTok, wo der Hashtag #recedinghairline inzwischen über 27 Millionen Views hat. Viele der Videos stammen von Frauen. „Ich liebe es, meine Unsicherheiten online zu teilen, weil ich will, dass meine Follower wissen: Wir haben alle unsere Sorgen, und das ist völlig okay“, sagt Chriselle. Sie hat letztens ein Video gepostet, in dem sie zeigt, wie sie mit einer Kombi aus Eyeliner, Contouring-Sticks und Puder ihren Ansatz kaschiert. 
@chrisellelim

How I fix my receding hairline (forehead) with makeup! My trick when I pull back my hair! #makeuphacks #getthelook #makeup #beauty #asmr #beautyhacks

♬ BDASH Breathe - BDash
„Mein Ansatz war schon immer weit hinten“, erzählt sie. „Damit wurde ich geboren, und es ist genetisch bedingt. Es wurde aber schlimmer, als ich vor sechs Jahren meine Tochter bekam.“ Chriselle meint, sie habe schon verschiedene Eingriffe ausprobiert, um ihren Ansatz zu verdichten, und vertraut inzwischen auf Microblading, wobei mithilfe kleiner Strich-Tattoos Haare simuliert werden. Chriselle schwärmt von dem subtilen Ergebnis, findet aber schade, dass es nicht lange hält. Tatsächlich erfordert dieses sogenannte Semi-Permanent Make-up mehrere Sessions und muss auch danach regelmäßig aufgefrischt werden. Das kann schnell teuer werden. 
Wer da dann doch lieber beim regulären Make-up bleiben möchte, hat inzwischen zum Glück eine große Auswahl an Produkten, die versprechen, einen zurückgehenden Ansatz zu kaschieren, indem sie die echte Haarfarbe imitieren. Einige der beliebtesten Produkte sind zum Beispiel das Root Cover-Up Ansatzpuder von Color Wow (derzeit 27,95 €), der Josh Wood Colour Root Marker (11,45 €) oder der Haarstylist:innen-Favorit von Rita Hazan, der Root Concealer (23,62 €). Beide lassen sich einfach auftragen. Wenn du deinem ganzen Haar ein bisschen mehr optische Fülle verleihen willst, sind Ansatz-Sprays die beste Wahl – wie zum Beispiel das L’Oréal Paris Magic Retouch Spray (7,45 €), das es in zahlreichen Nuancen gibt. 
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Welche Frisuren kaschieren einen fliehenden Haaransatz am besten?

Ein neuer, schmeichelhafter Schnitt kann deinem angeknacksten Selbstbewusstsein schnell wieder auf die Sprünge helfen, wenn du auf Ansatz-Schminke verzichten möchten. Laut Anita Rice, Gründerin des Haarstudios Buller and Rice, vermeidest du dazu am besten lange Frisuren mit starkem Scheitel, um zu vermeiden, dass das Haar von seinem eigenen Gewicht heruntergezogen wird und sich kahle Stellen so umso deutlicher zeigen. Stattdessen empfiehlt sie kürzere Frisuren, die das Haar dicker und dichter aussehen lassen. „Versuche, die Länge dabei über den Schultern zu halten“, rät Anita. „Leichte Wellen verleihen zusätzlich optische Fülle und schmeicheln dem Gesicht.“ Ihre Empfehlung: TikToks berühmte Curtain Bangs, der zu beiden Seiten gestylte, längere Pony. „Ponys verstecken einen zurückgehenden Haaransatz super und sorgen für Extra-Volumen“, meint Anita.
Wichtig ist aber vor allem gesundes Haar. Kate betont, wie positiv sich eine gute Ernährung auf das Haarwachstum auswirken kann. „Achte auf eine abwechslungsreiche Ernährung mit genügend Eiweiß und Eisen. Dadurch wächst dein Haar so stark nach, wie es nur kann, und fällt nicht so schnell wieder aus“, sagt sie. Stellst du bei dir einen starken Haarausfall fest, solltest du aber auch die genaue Ursache herausfinden. „Wenn du glaubst, bei dir könnte das Ganze mit den Genen, Hormonen, einer Krankheit, Stress oder anderen Faktoren zusammenhängen, sprichst du darüber am besten mit deinen entsprechenden Ärzt:innen, um dir konkreten Rat einzuholen“, rät Kate. „Haarverlust ist unter Frauen weit verbreitet. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen, keine Hilfe zu bekommen.“
Letztlich bleibt mir zu sagen: Es kann unheimlich schwierig sein, deinen fliehenden Haaransatz zu akzeptieren. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass das ein langer, emotionaler Prozess ist. Zu wissen, dass es jede Menge effektive Schritte gibt, die du dagegen unternehmen kannst, ist aber beruhigend. Während ich selbst erst am Anfang der Erholung meiner Haare stehe, freue ich mich jetzt schon darauf, auf meine Fortschritte zurückzublicken – vor allem, da ich inzwischen Haar-Vitamine und Kollagen-Ergänzungsmittel einnehme. Zwar ist mir bewusst, dass ich noch immer keine genaue Erklärung für meinen Haarausfall habe; trotzdem macht es mir Spaß, Make-up-Optionen und TikTok-Tricks zu Hause auszuprobieren. Ich drücke mir jedenfalls die Daumen dafür, dass ich irgendwann wieder meinen geliebten hohen Zopf tragen kann. 
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