Über Monate wurde darüber diskutiert, aber jetzt ist die Zeit gekommen: Das Verfahren zur Amtsenthebung gegen den US-Amerikanischen Präsidenten Donald Trump hat begonnen.
Am 15. Januar übermittelte die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, offiziell die beiden vom Repräsentantenhaus verabschiedeten Artikel zur Amtsenthebung und beendete damit eine 27-tägige Pause zwischen den beiden mächtigsten gesetzgebenden Körperschaften in Amerika. Falls das alles irgendwie an dir vorbei gegangen ist, gebe ich dir gerne eine kurze Zusammenfassung über die Geschehnisse der letzten Monate.
Das Ganze begann schon im August des letzten Jahres, als ein Whistleblower Trump beschuldigt hatte, sein Amt zu nutzen, um den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski dazu zu drängen, Ermittlungen gegen seinen Kontrahenten Joe Biden für die US-Wahlen 2020 einzuleiten. Die sogenannte Ukraine-Affäre hat Washington D.C. bis aufs Mark erschüttert und darauf folgend wurde das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump in die Wege geleitet. Am 24. September kündigte Pelosi offiziell eine formelle Untersuchung zur Amtsenthebung an – die Ermittlungen dazu dauerten dann bis Mitte Dezember an.
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Nachdem das Repräsentantenhaus mehrere wichtige Zeug*innen geladen hatte, nahm das Haus am 18. Dezember eine Schlussabstimmung vor, um zu entscheiden, ob gegen Trump eine Amtsenthebung eingeleitet werden soll. In der parteiübergreifenden Abstimmung entschied das Haus mit 230 Stimmung zu 197 für zwei Artikel, die im Amtsenthebungsverfahren bearbeitet werden sollen: Behinderung der Kongressermittlungen und Machtmissbrauch. Damit ist Trump der dritte US-Präsident in der Geschichte, gegen den so ein Verfahren beschlossen wurde.
Und in einem Märchen wäre das wohl das Ende der Geschichte gewesen. Da es aber nun einmal kein Märchen ist, sondern Bürokratie, ist eine Amtsenthebung eben nicht gleich auch das Ende. Hier kommt der Senat ins Spiel. Seit gestern hat der Senat die Möglichkeit, ein eigenständiges Verfahren auf der Grundlage der Anklagepunkte des Repräsentantenhauses durchzuführen; diesmal aber, um festzustellen, ob der Präsident vor Gericht für seine Taten schuldig gesprochen wird oder nicht. Und weil dieser Prozess wirklich kompliziert ist, habe ich dir die Schritte bei der Anklageerhebung im Senat im Detail ausgearbeitet.
Was ist der Unterschied zwischen der Amtsenthebungsverfahren des Senats und des Repräsentantenhauses?
Jetzt, da die Amtsenthebung durch das Repräsentantenhaus genehmigt wurde, geht das Verfahren weiter zum Senat. Zwar hat das Haus durch seine Abstimmung das Ganze erst ins Rollen gebracht, aber jetzt geht es um die strafrechtliche Verfolgung des Präsidenten – und um die kümmert sich der Senat. Die Senator*innen müssen jetzt entscheiden, ob Trump in den Anklagepunkten schuldig gesprochen wird und somit sein Amt verliert. Vor Trump wurden in der Geschichte der USA nur zwei weitere Präsidenten vor dem Senat angeklagt: Andrew Johnson und Bill Clinton. Bis jetzt gab es nach so einem Prozess aber noch keine Amtsenthebung. Sollte Trump für schuldig befunden werden, wäre er somit der erste Präsident, der auf diese Weise sein Amt verliert.
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Wann hat das Amtsenthebungsverfahren des Senats begonnen?
Am 21. Januar starteten die Anhörungen des Senats zur Amtsenthebung. Im Januar ernannte Pelosi dafür Adam Schiff, Jerry Nadler, Zoe Lofgren, Sylvia Garcia, Val B. Demings, Hakeem Jeffries und Jason Crow als Leiter*innen des Amtsenthebungsverfahrens. Sie treten bei der Verhandlung als Staatsanwält*innen auf und verteidigen die Artikel des Hauses. Senator Mitch McConnell kündigte an, dass die Anklagevertreter*innen die Artikel am folgenden Tag vorlegen würden und begann dann mit der Aufstellung von Regeln, um die Verhandlung zu koordinieren.
Wie läuft der Prozess im Senat ab?
Im Gegensatz zu normalen Gerichtsverhandlungen gibt es hier keine*n Richter*in, der oder die entscheidet, was zulässig im Gerichtssaal ist und was nicht. Stattdessen hat Mehrheitsführer Mitch McConnell die Macht, Regeln für die Verhandlung einzuführen, Vorschläge abzulehnen, das Tempo vorzuschreiben und im Grunde alle Facetten der Verhandlung zu kontrollieren. Am Montag, den 20. Januar, kündigte McConnell an, den Vertreter*innen des Repräsentantenhauses und den Berater*innen von Trump insgesamt nur zwei Tage zu geben, ihre Eröffnungsreden vor Gericht zu erläutern . Weil das aber seitens der Demokratischen Partei aufs Schärfste kritisiert wurde, verlängerte er die Zeit auf drei Tage.
McConnell hat auch klar gemacht, dass nur Zeug*innen geladen werden dürfen, die schon befragt wurden. Damit wurde der Antrag der Demokrat*innen vier weitere Zeug*innen zu laden, abgelehnt.
Wer nimmt an den Verhandlungen im Senat teil?
Alle 100 Senator*innen müssen bei den Anhörungen im Senat anwesend sein – auch die, die gerade als Kandidat*innen für die diesjährigen Präsidentschaftswahlen aufgelistet sind. Sprich: Senator Bernie Sanders, Senatorin Elizabeth Warren und Senatorin Amy Klobucher sind allesamt verpflichtet teilzunehmen. Am Montag, dem 20. Januar, legten die Berater*innen von Trump dem Senat einen 110-seitigen Schriftsatz vor, in dem sie einen raschen Freispruch des Präsidenten forderten.
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Worüber stimmt der Senat im Amtsenthebungsverfahren ab?
Der Senat stimmt nicht nur über die Entlassung von Trump ab, sondern auch über alle Regeln des Prozesses. Der Senat hört sich die Argumente für und gegen die Amtsenthebung des Präsidenten an und sie stimmen auch darüber ab, ob er freigesprochen oder für schuldig befunden werden soll.
Um einen Präsidenten tatsächlich des Amtes zu entheben, ist eine deutliche Mehrheit erforderlich. Das bedeutet: Wenn weniger als 67 Senator*innen für eine Amtsenthebung stimmen, wird der angeklagte Präsident freigesprochen. Aus diesem Grund wurde bisher auch noch kein Präsident durch so eine Anklage vom Amt entlassen.
Ob der Präsident aber ein Verbrechen begangen hat oder nicht, ist bei der Urteilsfindung in diesem Prozess eigentlich auch nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist, ob diese Verbrechen nach Ansicht des Senats eine Amtsenthebung rechtfertigen. Tatsächlich gibt es republikanische Senator*innen (und sogar ihr eigener Stabschef) die bereits eingeräumt haben, dass Trump wahrscheinlich die Dinge getan hat, für die ihn das Parlament angeklagt hat – und trotzdem haben sie nicht deutlich gesagt, ob sie für die Amtsenthebung stimmen werden.
Welche Folgen könnte diese Verhandlung für Trump haben?
Wenn also 67 Senator*innen zu dem Schluss kommen, dass Trump sich der Verbrechen in den Anklagepunkten schuldig gemacht hat, wird er seines Amtes enthoben. An seiner Stelle wird Vizepräsident Mike Pence, der als nächster in der Rangordnung steht, die Rolle des Präsidenten übernehmen. Wenn weniger als 67 Senatoren dafür stimmen, wird Trump freigesprochen – und wahrscheinlich bestärkt ihn dieses Urteil nur noch mehr. Aber wie fast jede*r Demokrat*in wiederholt hat, hätte es wahrscheinlich dasselbe bewirkt, wenn Trump nicht angeklagt worden wäre. Also warten wir jetzt, was bei den Anhörungen herauskommt...
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