Refinery29 hat sich mit Allison Rapson und Kassidy Brown, Gründerinnen der Medienfirma We Are the XX, für eine Dokumentarreihe, die das Leben von Frauen auf der ganzen Welt erkundet, zusammengetan. "A Woman's Place" zeigt die motivierenden Geschichten von Aktivistinnen, die sich in ihrer Gesellschaft für Veränderungen einsetzen. Die nachfolgende Geschichte knüpft an die Interviews an, die Rapson und Brown geführt haben.
Wir wissen alle, dass der Klimawandel real ist und ein riesiges Problem darstellt – na gut, außer Donald Trump natürlich. Es sind die Wälder dieser Erde, die uns vor einer vernichtenden Umweltkatastrophe bewahren – sie geben uns Luft zum Atmen, halten uns und die Erde kühl, arbeiten so der Erderwärmung entgegen, filtern Wasser und halten das gesamte Ökosystem am laufen. Trotzdem werden Bäume abgeholzt, als gäbe es kein Morgen mehr. Fast die Hälfte aller Wälder, auf diesem einst so grünen Planeten, wurden bereits zerstört.
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Eine Gruppe engagierter Frauen hat es sich zur Aufgabe gemacht, für die Erhaltung des Regenwaldes zu kämpfen. Darunter auch unsere Interview-Partnerin Nina Gualinga. Die stolze Ecuadorianerin mit dem melodischen Nachnamen hat lange, schwarze Haare und hohe Wangenknochen, die sie gerne mit der traditionellen Bemalung der Kichwa-Kultur zur Geltung bringt. Aufgewachsen ist Gualinga in Sarayaku, einem Dorf inmitten des ecuadorianischen Regenwaldes. Als sie sieben Jahre alt war, zog Gualinga gemeinsam mit ihrer Familie nach Schweden, wo sie eine gute Bildung genoss. Ihre Wurzeln hat die umweltbewusste, junge Frau jedoch nie vergessen und so kehrte sie nach Abschluss ihres Studiums in den Amazonas zurück, um sich für die Rechte ihres indigenen Volkes einzusetzen. Ihre Gegner? Lokale und internationale Ölkonzerne, die auf das flüssige Gold aus sind, auf dem ihr Heimatdorf sitzt.
Doch Gualinga hat es mit weitaus machtvolleren Gegnern als nur den Öl-Konzernen zutun: Vor allem die Regierung Chinas und die ihres eigenen Landes machen ihr das Leben und den Kampf um die Umwelt schwer. Sie glaubt jedoch an die unerschütterliche Kraft des Kichwa-Volkes und ihre Verbindung zur Mutter Erde, die schon viel länger existieren als die Gier nach Öl.
"Unser indigenes Volk wird oft als primitiv abgetan. Die Regierung Ecuadors, oder viel mehr unser Präsident, hat unsere Anführer schon oft als dumm oder ignorant bezeichnet. Ich weiß, dass meine Handlungen Konsequenzen haben werden, aber ich habe keine Angst", erklärt sie.
Ecuador hat die drittmeisten Rohölreserven Südamerikas – angeführt von Venezuela und Brasilien – und der größte Anteil davon liegt unter dem Amazonas. Umweltschützer belegen, dass Jahrzehnte der Erdölförderung bereits verheerende Auswirkungen auf den Regenwald und seine Bewohner hatten.
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Ich hoffe, dass die indigenen Menschen aus Ecuador und aller Welt Entscheidungen, die ihr Leben beeinflussen selbst in die Hand nehmen und es nicht zu lassen, dass andere Menschen diese Entscheidungen für sie treffen.
Nina Gualinga, Aktivistin
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Im Jahr 2007 rief der ecuadorianische Präsident, Rafael Correa, die Yasuní-ITT-Initiative ins Leben und schloss nur drei Jahre später ein Abkommen mit den Vereinten Nationen: Die Regierung Ecuadors würde das Erdölvorkommen (Schätzungsweise 850 Millionen Barrel Erdöl) des ITT-Feldes (benannt nach den drei bei Probebohrungen entdeckten Ölquellen Ishpingo, Tambococha und Tiputini) im Nationalpark Yasuní für immer unberührt lassen, wenn die Industrienationen Kompensationszahlungen leisten und mindestens 50 Prozent der entgangenen Exporteinnahmen abdecken würden. So sollten die biologische Vielfalt und die indigenen Völker des Amazonas geschützt werden, ohne die Wirtschaft Ecuadors einzuschränken. Doch der Plan ging nicht auf: Die vertanen Exporteinnahmen konnten von den Vertragspartnern nicht gedeckt werden und so erklärte Correa das Abkommen im Jahr 2013 als nichtig. Die Auflösung dieser Vereinbarung brachte bisher unberührte Gebiete wie den Yasuní Nationalpark, der als einer der biologisch vielfältigsten Orte der Welt gilt, in akute Gefahr.
Doch so einfach geben Umweltschützer und Aktivisten nicht auf. Kleine Erfolge wie zum Beispiel eine gewonnene Gerichtsverhandlung bezüglich Bohrungen, die nicht mit dem indigenen Volk abgesprochen waren, machen Hoffnung. Die Regierung musste sich hierfür sogar offiziell entschuldigen.
Der Kampf und Widerstand der Sarayaku ist nur ein Beispiel vieler einheimischer Völker, die sich immer wieder erfolgreich gegen multinationale Ölkonzerne und machtvolle Regierungen durchsetzen. In Ecuador vielleicht mehr als in anderen Ländern, sind es jedoch hauptsächliche die Frauen, die aktiv und unerbittlich für die Umwelt kämpfen, erklärt Andrew Miller, Direktor der gemeinnützigen Organisation "Amazon Watch".
Ein Trend der die Direktorin der Gruppe "Oil Watch" nicht überrascht: "Frauen haben eine starke Verbindung zur Mutter Erde. Wir pflanzen die Samen, bringen das Wasser und sind die Soldatinnen der Umwelt. In unseren indigenen Geschichten, wird oft davon erzählt, dass die Götter den Frauen die Geheimnisse der Natur anvertraut haben", erklärt sie. Diese tiefe Verbindung kann als Munition betrachtet werden, die die Frauen des Amazonas für den Kampf um die Umwelt ausrüstet.
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Die "Oil Watch"-Aktivistin Gabriela Ruales glaubt, dass die Verschmelzung von Feminismus und Umweltschutz unsere Welt retten könnte und nennt das "eco-feminism".
"Ich glaube, dass die Zusammenlegung von Umweltschutz und Feminismus mehr Wissen, mehr Verständnis und mehr Macht generieren würde und gute Argumente für die Zerstörung des patriarchischen Systems liefert. Denn die Ausbeutung unserer Natur, beutet auch unsere Köper aus. Alles ist miteinander verbunden", verdeutlicht Ruales.
Noch heute geht der Kampf zwischen den Fronten "Öl versus Umwelt" weiter. Die ecuadorianische Regierung ging den Deal ein, Chinas Darlehen in Form von Öl zurückzuzahlen. Im Jahr 2016 fanden die ersten Bohrungen im Amazonas und dem bis dahin unberührten Gebiet des Yasuní Nationalparks statt.
"Wir stehen immer unter Bedrohung, sind immer darauf vorbereitet, angegriffen zu werden. Ich habe mich noch nie mal wirklich entspannt und mir gedacht: Dieser Ort ist jetzt sicher", beschreibt Gualinga die Situation in ihrem Dorf.
Aufgeben kommt für die Frauen des Amazonas jedoch nicht in Frage. Und so sagt sie:
"Ich hoffe, dass die indigenen Menschen aus Ecuador und aller Welt Entscheidungen, die ihr Leben beeinflussen selbst in die Hand nehmen und es nicht zu lassen, dass andere Menschen diese Entscheidungen für sie treffen."
Kaelyn Forde hat bei der Recherche von New York aus mitgeholfen.
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