Wenn wir uns für oder gegen eigene Kinder entscheiden, machen wir uns dabei oft auch Gedanken über unsere Finanzen, unsere Gesundheit, die Stärke unserer Beziehungen und unsere eigenen elterlichen Kompetenzen. Nur selten denken wir dabei über die Umwelt nach – oder über die Konsequenzen, die unsere Entscheidung für unseren Planeten haben könnte (oder auf die Auswirkungen des Klimas auf das Leben unserer zukünftigen Söhne oder Töchter).
Während die Weltbevölkerung aber immer weiter in die Höhe schießt (jedes Jahr kommen laut der UN rund 83 Millionen Menschen hinzu), machen sich einige von uns immer ernsthaftere Sorgen um die Konsequenzen dieses Bevölkerungswachstums.
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Dazu gehört zwangsläufig die Überlegung, ob wir uns überhaupt fortpflanzen wollen – oder sollten. Ein Kind weniger pro Familie kann schon durchschnittlich 58,6 Tonnen CO2-äquivalenter Emissionen pro Jahr einsparen, ergab eine Studie der schwedischen Lund-Universität von 2017. Somit ist es deutlich umweltschädlicher, ein Kind in die Welt zu setzen, als Fleisch zu essen, Auto zu fahren oder mit dem Flugzeug zu verreisen. Die Entscheidung, wie viele Kinder wir bekommen möchten – wenn überhaupt –, ist dennoch eine zutiefst persönliche und kann unserem Leben eine Bedeutung verleihen, mit der zum Beispiel das Autofahren nicht mithalten kann.
Eine Entscheidung gegen Kinder aus Umweltgründen wird demnach oft als unorthodoxe, wenn nicht gar extreme, Einstellung betrachtet. Das weiß die 25-jährige Jemima* nur zu gut. Sie ist eine Londoner Schauspielerin und arbeitet als Freiwillige in einer wohltätigen Umweltorganisation. Sie hat sich vorgenommen, aus Sorge um die Umwelt nie leibliche Kinder in die Welt zu setzen, obwohl sie eigentlich immer Mutter werden wollte. Hier erklärt sie, warum.
Mir wurde vor rund drei Jahren klar, dass ich keine eigenen Kinder bekommen möchte. Ich hätte gern Kinder, finde aber nicht, dass ich sie bekommen sollte. Mein Ex-Freund ist ein wundervoller, leidenschaftlicher Aktivist, der meinen Blick auf viele Dinge verändert hat, und je mehr wir uns damit beschäftigten, wie schnell es mit unserem Planeten bergab geht, desto sicherer waren wir uns, dass wir keine Kinder bekommen würden, sollten wir zusammen bleiben. Inzwischen sind wir kein Paar mehr; wir haben uns letztes Jahr getrennt. Heute bin ich mit einem Mann zusammen, der sich sehr wohl eigene Kinder wünscht – das ist aber ein anderes Thema.
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Obwohl er gern eigene Kinder hätte, glaube ich nicht, dass ich mich darauf einlassen würde, falls wir zusammen bleiben. Ich würde mich nicht damit wohl fühlen, wie das Leben meines Kindes in der Zukunft aussehen könnte – das würde sich auch nicht ändern, selbst wenn ich mit meinem jetzigen Freund zusammen bleibe. Adoption wäre für mich trotzdem eine Option. Momentan weiß ich noch nicht viel über den Prozess; mir ist aber klar, dass der nicht so leicht ist, wie er sich vielleicht anhört. Ich finde aber, das wäre eine tolle Möglichkeit.
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Wenn wir schon jetzt all diese Probleme haben, während ich 25 Jahre alt bin, will ich mir gar nicht ausmalen, was passieren könnte, wenn mein zukünftiges Kind 25 ist.
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Meine größte Motivation hinter meiner Entscheidung ist die Geschwindigkeit, mit der sich die Erde gerade verändert. Sieh dir nur mal die Überflutungen und Hochwasser an, die sich gerade überall auf der Welt ergeben – und das Klima wird ja nur noch schlimmer. Wenn wir schon jetzt all diese Probleme haben, während ich 25 Jahre alt bin, will ich mir gar nicht ausmalen, was passieren könnte, wenn mein zukünftiges Kind 25 ist. Selbst wenn wir den Klimawandel morgen abbremsen könnten – zum Beispiel durch neue gesetzliche Vorgaben und einen stärkeren Fokus auf erneuerbare Energien –, hat er schon jetzt so fatale Konsequenzen, dass das Leben meines Kindes davon stark negativ beeinflusst würde. Ich käme mir selbstsüchtig vor, weil ich das Kind für mich bekommen würde. Das wäre keine Entscheidung für das Kind.
In der Generation unserer Eltern hat sich beim Kinderkriegen wohl kaum jemand Gedanken über das Klima gemacht. In unserer Generation ist das hingegen ein riesiges Thema. Trotzdem trennen wir die Debatte um die Umwelt immer noch weitestgehend von der Entscheidung für oder gegen Kinder, obwohl beides zusammenhängt. Klar kannst du dich vegan ernähren, aufs Fliegen verzichten und so weiter – aber die Geburt eines Kindes hat ein enormes Gewicht. Der Film First Reformed von 2018 mit Amanda Seyfried und Ethan Hawke beschäftigt sich schon mit diesem Dilemma von Kindern und Umwelt, und das fantastische Theaterstück Lungs hat sich ebenfalls damit auseinandergesetzt. Die Debatte rückt also zum Glück immer weiter in den Mainstream.
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Dieses Abwägen ist kompliziert, weil es so emotional aufgeladen ist – viel stärker, als es vielleicht sein müsste. Es ist schwierig, mehr auf die Logik als auf dein Herz zu hören. Wenn Leute argumentieren, dass die Menschheit wohl aussterben könnte, wenn alle so denken würden wie ich, kontere ich mit der Tatsache, dass die Welt ohnehin bereits überbevölkert ist und wir laut der UN im Jahr 2050 schon fast zehn Milliarden Menschen sein werden, wenn die Weltbevölkerung weiter so wächst wie bisher. Das ist für unseren Planeten nicht tragbar. Und vermutlich werden sich nicht alle dieser zehn Milliarden Menschen sterilisieren lassen.
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Klar kannst du dich vegan ernähren, aufs Fliegen verzichten und so weiter – aber die Geburt eines Kindes hat ein enormes Gewicht.
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Ich spreche nicht mit vielen Leuten über meine Entscheidung, weil das Ganze so ein emotionales Thema ist; damit vertraue ich mich nur meinen besten Freund:innen an, aber auch nur, wenn mich jemand direkt darauf anspricht. Es kann sich schnell wie ein Vorwurf anhören, wenn man auf etwas verweist, was jemand tut oder nicht tut. Daher ist es mir immer unangenehm, darüber zu reden. Zum Glück spielt die Umwelt in Gesprächen über das Kinderkriegen eine immer größere Rolle; einige meiner Freund:innen sagen inzwischen, sie wollen nur ein Kind bekommen und gegebenenfalls weitere adoptieren.
Meiner Mutter fiel es anfangs ziemlich schwer, mit meiner Entscheidung klarzukommen, weil meine Schwester das alles sehr ähnlich sieht. Meine Mutter ist aber ziemlich offen für solche Debatten, und wir haben schon ganz pragmatisch darüber gesprochen, getrennt von den Emotionen – darüber, dass es selbstsüchtig von mir wäre, nur aus dem Grund Kinder zu bekommen, um meine Gene weiterzureichen. Dieselbe tiefe Verbindung zwischen Eltern und Kind lässt sich auch aufbauen, ohne dass dieses Kind zum Beispiel meine Augenfarbe hat. Wenn sich in der Energie-Industrie alles dramatisch ändern würde, würde ich mir meine Entscheidung aber vielleicht nochmal überlegen. Ich habe mir schon immer Kinder gewünscht und bekam mit zehn Jahren meine Regel; es ist also irgendwie nervig, dass mich mein Körper eigentlich seitdem aufs Muttersein vorbereitet.
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Ich würde niemals die Freiheit anderer Leute einschränken wollen, indem ich sie davon abhalte, Kinder zu bekommen. Das wäre furchtbar. Ich finde aber sehr wohl, dass wir es uns gründlich überlegen sollten, Kinder in die Welt zu setzen; dazu sollte es definitiv mehr Literatur geben. So eine Entscheidung sollte niemals leichtfertig getroffen werden – und niemals als kontrovers betrachtet werden.
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