Balenciaga, Giorgio Armani, Richard Tyler, Pierre Balmain, Christian Lacroix – kaum einer weiß eigentlich, wie hochkarätig die Liste der Designer ist, die weltweit bereits Uniformen für Flugpersonal kreiert haben. Die Historie ist stylish und interessant, doch die Zukunft ist technisch auf einer ganz anderen Flughöhe: Es geht nicht mehr nur um den Style, sondern vor allem auch um smarte Funktionen – die Digitalisierung im Outfit sozusagen.
Aus diesem Grund entstand die Challenge „Telekom Fashion Fusion & Lufthansa FlyingLab“: Drei junge Entwicklerteams bestehend aus überwiegend Studierenden in den Bereichen Design, IT und Ingenieurwesen haben es in die Endrunde geschafft und tüfteln seit Juni 2017 an ihren Konzepten für die Verschmelzung von Mode und Technologie. Die Prototypen produzierten sie in den letzten Monaten im Fab Lab in Berlin, dem Abenteuerspielplatz für Forscher – inklusive 3-D-Drucker und Laser-Cutting. Anschließend wurden die Entwürfe in 10.000 Metern Höhe während eines Flugs von Frankfurt über Houston nach Las Vegas vorgestellt, wo die CES stattfand, die wichtigste Tech-Messe der Welt. Praktischerweise war Refinery29 mit an Bord des Lufthansa-Airbus A380.
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Die Fashionshow über den Wolken muss man sich so vorstellen: Im Oberdeck des größten Passagierflugzeugs der Welt nahmen die Teams Platz, außerdem Experten der Luftfahrt und der Digitalisierungs-Branche, zwei Kamerateams und eine Handvoll Journalisten. Vor der ersten Reihe war eine Kamera aufgebaut, die die Vorträge der Finalisten und Diskussionen der Spezialisten in dem knapp Zwölf-Stunden-Flug nach Houston per Live-Stream auf die Geräte der restlichen 450 Gäste auf der Linie direkt übertrug. Die Gänge dienten als Laufstege und so konnten wir die Updates der Uniformen live begutachten, anfassen und testen.
Es geht nicht nur um den Style, sondern auch um smarte Funktionen
Alle drei Teams haben sich Systeme überlegt, die Mode an Devices im Flugzeug koppelt: Das Team „feel.flight“ hat kleine Displays an den Manschetten der Crew integriert, die mit Mikrocontrollern und damit auch mit Künstlicher Intelligenz verbunden sind. Es wurde ein Chatbot programmiert, der über die meisten gängigen Messenger wie WhatsApp oder Facebook angesprochen werden kann. Klingt kompliziert, aber ein Beispiel macht es einfacher zu verstehen: Wer bei WhatsApp fragt, wie weit das Ziel noch entfernt ist, bekommt die Antwort aufs eigene Gerät. Wenn jemand eintippt, dass er oder sie Flugangst hat, wird diese Info auf die Manschetten des Personals gesendet und das versucht dann in persona zu helfen. Durch künstliche Intelligenz wird unterschieden, ob der Chatbot behilflich sein kann oder ob ein Flugbegleiter gerufen wird.
Das Konzept von Team „Lyra“ klingt ähnlich, funktioniert aber anders: Die Flugbegleiter tragen Datenbrillen, durch die sie die Wünsche und Fragen von den Gästen direkt vor den Augen angezeigt bekommen. So können Passagiere über eine eigens programmierte Webapplikation beispielsweise ein Getränk bestellen oder beispielsweise fragen, ob der Anschlussflug noch erreicht wird. Der nächste freie Flugbegleiter bekommt die Anfrage dann auf seine Smart Glasses.
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Wie realistisch sind die Designs?
Der Name der dritten Finalisten-Gruppe verrät auch schon, dass sie sich nicht nur um einen technischen Relaunch von Uniformen gekümmert haben: Neben dem futuristischen Outfit aus Stoffen, die Wärme regulierend, atmungsaktiv, antibakteriell und antiallergisch sind, entwarfen die JAK-Studenten aus Hamburg im Team „Smart Chair“ noch einen Designer-Stuhl, der durch einen Kokon mit einem klappbaren Head-Dispaly vom Nebensitz abschirmt. Das sieht nicht nur hübsch aus, sondern sorgt vor allem für Privatsphäre.
Es wurde viel über die Fusion von Fashion und Technik gesprochen, doch wie realistisch sind die Designs? Ist dieser Text eine Zusammenfassung ferner Zukunftskonzepte oder erleben wir die intelligenten Outfits auch bald in Serie? Tatsächlich, laut Jury und Experten, ist Smart Fashion das große Thema der nächsten Jahre. „Fliegen und Fashion gehören bei uns zusammen wie Tomatensaft und Pfeffer“, sagt Dr. Torsten Wingenter, Senior Director Digital Innovations Lufthansa Group. „Die Crew-Mode hat bei Lufthansa eine über 60-jährige Tradition. Eine smarte Uniform ist deshalb die konsequente Weiterentwicklung dessen und passt perfekt in unsere Digitalisierungsoffensive.“ Wir können uns also anschnallen, denn die Maschinen Richtung Data-Styles sollen bald abheben. Neben den großen Designern sitzen also heute auch Programmierer am Skizzentisch.
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