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Sorry, aber Netflix’ Awake macht keinen Sinn

Foto: bereitgestellt von Netflix
Achtung: Spoiler für den Netflix-Film Awake direkt voraus!
Innerhalb von 90 Minuten versucht der neue Netflix-Film Awake, den wir uns laut Netflix’ Top 10 scheinbar gerade alle angucken, eine Frage zu beantworten, die niemand gestellt hat: „Was würde passieren, wenn weltweit plötzlich alle Autos nicht mehr fahren, Elektrizität nicht mehr funktioniert und niemand schlafen kann?“ Die Antwort ist… ziemlich finster.
Und ebenso finster ist auch der Film, dessen Handlung sich um die Ex-Soldatin Jill (Gina Rodriguez), ihre Tochter Matilda (Ariana Greenblatt) und ihren Sohn Noah (Lucius Hoyos) dreht. Jill versucht verzweifelt herauszufinden, was zur Hölle hier eigentlich abgeht, als die Welt um sie herum aufhört zu funktionieren – inklusive der menschlichen Fähigkeit zum Schlafen. Matilda ist nur eine von zwei (bekannten) Personen, die noch schlafen können, weswegen Forscher:innen mit ihr herumexperimentieren wollen, um die Menschheit zu retten. Die imaginäre Uhr tickt dabei jedoch immer lauter, weil der Schlafmangel früher oder später zum Tod führen wird; eher früher, weil der körperliche Verfall aus mysteriösen Gründen scheinbar zwei- bis dreimal so schnell abläuft wie üblich. Gruselig! Während ihrer Reise zur Forschungsstation, wo sich Matilda untersuchen lassen soll, erleben Jill und ihre Familie immer wieder verstörende, brutale Gewalt, und fangen irgendwann an zu halluzinieren. Wie gesagt: Finster.
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Das Problem mit Awake ist allerdings, dass dir der Film diese ziemlich komplizierte Rahmenhandlung nur flüchtig erklärt und daraufhin eine Logiklücke auf die andere stapelt – und das in nur anderthalb Stunden. Sobald du den Film aber anfängst, bist du gefangen; trotz all seiner Fehler fragst du dich direkt von Anfang an, wo zur Hölle dich Awake eigentlichhinführen möchte.
Zum Ende des Films hin erreichen Jill, Matilda und Noah die Forschungseinrichtung, wo eine ältere Frau (Joan Gregson) bereits untersucht wird, die ebenfalls schlafen kann. Die Soldat:innen und Wissenschaftler:innen spritzen sich dort regelmäßig ein Mittel, das sie wachbleiben lässt; trotzdem scheinen sie alle langsam dahinzusiechen und leiden unter Halluzinationen. Irgendwann fangen einige Soldat:innen an, einander zu töten, gefolgt von allen, die sie in die Finger bekommen, und die Ärzt:innen sind allesamt irgendwie verdächtig und gruselig. 
Mitten in diesem brutalen Chaos versuchen Matilda und Jill zu entkommen; Noah bekommt allerdings einen elektrischen Schlag. Warum es genau hier doch Strom zu geben scheint, obwohl die Versorgung überall sonst komplett ausgefallen ist, wird nicht völlig erklärt. Danach versuchen Matilda und Jill, ihn mit einem Defibrillator wiederzubeleben, achten aber nicht darauf, währenddessen keinen Körperkontakt zu ihm zu haben – und fallen direkt in Ohnmacht. Naja, Jill fällt nicht komplett in Ohnmacht, weil sie ja laut der Regeln des Films nicht bewusstlos sein kann.
Am nächsten Morgen wacht Matilda auf und bemerkt, dass Noah gar nicht tot ist – sondern schläft. Weil er geschlafen hat, ist Noah jetzt wie Matilda wieder völlig bei Besinnung; Jill hingegen ist immer noch schlaflos, und ihr Körper droht zu versagen. Kurz darauf begreift Matilda allerdings, was hier los ist. Sie fragt Noah, ob sie im Autounfall zu Beginn des Films gestorben sei, als das Auto im See versank.
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Die drei waren dem Auto zwar entkommen, doch hatte Matilda kurz das Bewusstsein verloren. Jetzt begreift sie: Sie war für einige Momente tot – und kann jetzt schlafen. Auch Noah ist gestorben, inzwischen wieder am Leben und kann schlafen. Das Sterben muss also des Rätsels Lösung sein. 
Die Konsequenz ist klar: Matilda und Noah beschließen, ihre Mutter zu retten, indem sie sie töten und wiederbeleben. Also ertränken sie Jill und versuchen es dann mit einer Reanimation – und die Szene, in der diese Kinder gewaltsam ihre Mutter ertränken, ist einfach nur verstörend. Der Film endet schließlich mit einer Nahaufnahme von Jills Augen, als sie plötzlich tief Luft holt. Der Plan hat funktioniert.
Die Zukunft der Familie sieht allerdings alles andere als rosig aus: Die Welt um sie herum stürzt nach und nach ins völlige Chaos. Leute bringen einander um oder sterben, wenn ihre Organe versagen. Noah und Matilda haben keine Möglichkeit, ihre Entdeckung mit der Welt zu teilen – und selbst wenn, hieße das, dass alle Menschen sterben und wiederbelebt werden müssten. Ein schwieriges Unterfangen, um mal ordentlich zu untertreiben. Plus: Was ist mit dem Strom? Mit den Autos? Den komischen Satelliten, die Noah im Himmel entdeckt hat? Und was genau plant eigentlich das Militär?
Es ist nicht ganz klar, was uns Awake eigentlich mitteilen möchte. Manchmal wirkt der Film wie ein Kommentar zu posttraumatischen Belastungsstörungen unter Soldat:innen; manchmal wie eine religiöse Allegorie. Die erste Szene zeigt einen Pastor (Barry Pepper) und seine wütende Gemeinde, und die Ertränkungsszene erinnert an eine Taufe. Noch dazu haben wir hier nur eine Familie, die eventuell allein die Apokalypse überlebt, und eines ihrer Mitglieder heißt wortwörtlich Noah. Alles ziemlich biblisch.
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Aber… was heißt das alles? Als Matilda fragt, ob sie nach ihrem kurzen Tod „neugestartet“ sei, soll uns das ganz offensichtlich irgendwas dazu sagen, dass Menschen einen Neuanfang brauchen. Aber was haben die Menschen in diesem Szenario denn verbrochen? Der Film stellt das nie so richtig klar.
Anstatt uns also am Ende von Awake bei Jills Erwachen hoffnungsvoll zu fühlen oder uns über irgendeine große, tiefschürfende Metapher den Kopf zu verbrechen, sind wir danach vor allem eins: verwirrt. Das Ende zeigt uns nur, dass Jill und ihre Kinder überlebt haben – und das sonst kaum jemandem gelingen dürfte. Es sei denn, die drei schaffen es, ganz schnell ein Massensterben und -wiederbeleben auf die Beine zu stellen.
Ich mein ja nur: Irgendwie eine komische Message, oder?

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