Romantische Weihnachtskomödien fallen meist in die Kategorie „So schlecht, dass es schon wieder gut ist“. Simple Plots und kitschige Szenen sorgen für lockere Unterhaltung, vor allem rund um Weihnachten, wenn du vielleicht ohnehin schon etwas sentimentaler gestimmt bist. Als ich mir aber letztens einige meiner alten Favoriten wie Tatsächlich… Liebe und Liebe braucht keine Ferien und auch ein paar neue Versionen des Genres angeschaut habe, wurde mir klar: Meine Sentimentalität hatte mich gegenüber dem offensichtlichen Problem dieser Filme total blind gemacht. In allen davon geht es um toxische Männer. Ob die nun ihre Auserwählte gaslighten, von ihr das Maximum verlangen, während sie selbst nur das Minimum leisten, oder frauenfeindliche Tendenzen haben – eines haben die Männer in all meinen liebsten Weihnachtsfilmen gemeinsam: Sie erwarten, dass die Frauen die Probleme der Männer beheben.
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In 2021 war mein erster Weihnachtsfilm eine Netflix-RomCom, Love Hard. Die dreht sich um Natalie (Nina Dobrev), die an Weihnachten ans andere Ende der USA reist, um den Mann zu überraschen, den sie seit ein paar Wochen virtuell datet. Der Twist? Als sie ankommt, stellt sie fest, dass Josh (Jimmy O. Yang) sie gecatfisht hat: Der Typ auf seinen Fotos ist nicht wirklich er. Love Hard hakt so viele Punkte auf dem klassischen Weihnachtsfilm-Wunschzettel ab: zwei sehr attraktive Darsteller:innen, eine unerwartete Lovestory, grandiose Sprüche. Ich meine, die Hauptcharaktere singen sogar eine Version von „Baby, It’s Cold Outside“, die den frauenfeindlichen Unterton des Originals kritisiert. Aber als der Film zu Ende war, fühlt ich mich irgendwie komisch – irgendwie unbefriedigt. Denn der Film endet (und dieser *Spoiler Alert!* ist sehr vorhersehbar) damit, dass sich Josh und Natalie ineinander verlieben und sie seinen Identitätsbetrug abwinkt, als sei das bloß ein blöder kleiner Streit gewesen.
Klar, von Netflix’ Weihnachtsfilmen erwarte ich nicht unbedingt die tiefschürfendste Unterhaltung – aber diese grob vereinfachte Darstellung von Catfishing ist mindestens mal problematisch, weil Opfer dieser Form von Betrug oft finanzielle und emotionale Schäden davontragen. Das so runterzuspielen, fühlte sich für mich nicht richtig an. Genauso wenig, dass der männliche Hauptcharakter am Ende für seine Täuschung belohnt wurde – für die er sich übrigens nicht mal großartig entschuldigt hatte.
Und das ist nur der Anfang. Im Laufe der Jahre haben wir über jede Menge furchtbares Verhalten der Charaktere in unseren Lieblings-Weihnachtsfilmen hinweggesehen; und ja, dazu zählen auch die allergrößten Klassiker wie Liebe braucht keine Ferien und Tatsächlich… Liebe.
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Sehen wir uns zuerst mal Liebe braucht keine Ferien von 2006 an. Jack Blacks Charakter Miles ist eindeutig problematisch. Immer wieder macht er Iris (Kate Winslet) Hoffnungen, lässt sie dann aber für seine toxische Ex fallen – bis er schließlich doch mit Iris zusammenkommt. Okay, so weit, so schlimm. Aber zumindest Jude Laws Charakter Graham ist der perfekte Mann, oder? Nope. Als ich mir den Film im Jahr 2021 nochmal anschaute, wurde mir klar, dass der superattraktive Graham nicht bloß sturzbetrunken in Amandas (Cameron Diaz) Ferienhäuschen stolpert (und die beiden kennen sich zu dem Zeitpunkt noch nicht mal), sondern ihr auch noch am nächsten Tag verklickert, dass sie ihn vermutlich nie wiedersehen wird.
„Ich neige dazu, Frauen zu verletzen, indem ich einfach ich selbst bin“, ergänzt er und stellt klar, dass er das „klassische Männerproblem“ habe, nie dranbleiben zu können – sprich: Er ruft die Frauen nach dem Sex nie wieder an. Diese Erkenntnis ließ mich in Panik ausbrechen. Konnte es sein, dass Jude Law in Liebe braucht keine Ferien der ultimative Fuckboy ist? Der Film will uns ziemlich angestrengt vom Gegenteil überzeugen und stellt auch Miles in einem unverdient guten Licht dar. Dabei ließe sich die Handlung von Liebe braucht keine Ferien so zusammenfassen: Zwei sorgengequälte Frauen versuchen, zwei toxische Typen zu „retten“.
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Scheinbar finden wir es irgendwie festlich, wenn eine Frau einen Mann „verbessert“ oder (vor sich selbst) rettet.
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In der Vergangenheit sind mir die problematischen Elemente des Films nie so aufgefallen; vermutlich habe ich mich von verschneiten Winterlandschaften und Cameron Diaz’ absurd glänzendem Haar blenden lassen. Wenn du aber mal bewusst versuchst, diese weihnachtliche Fassade zu durchschauen, stellst du schnell fest: Liebe braucht keine Ferien ist insofern genauso problematisch wie Love Hard, als dass der Film das toxische Verhalten von Männern nicht bloß durchgehen lässt, sondern sie dafür sogar belohnt.
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Bei Tatsächlich… Liebe sieht es nicht besser aus, und das wird in den vergangenen Jahren immer mehr seiner (ehemaligen) Fans schmerzhaft klar. Da hätten wir beispielsweise Mark (Andrew Lincoln), der der frisch verheirateten Frau seines besten Freundes auf riesigen Pappschildern seine Liebe gesteht. Eindeutig ein Arschloch. Und niemand könnte die Szene vergessen, in der Harry (Alan Rickman) seiner Frau (Emma Thompson) durch seine Affäre mit seiner deutlich jüngeren Sekretärin das Herz bricht.
Selbst einige der liebenswürdigeren Männer in dem gefeierten Richard-Curtis-Film werden nur durch die Frauen an ihrer Seite „gerettet“ und rehabilitiert. Colin (Kris Marshall) investiert überhaupt keine Mühe, landet aber am Ende in den Armen dreier schöner Amerikanerinnen, und Hugh Grants Premierminister hat nur durch seine Beziehung zu seiner lustigen, charmanten Angestellten Natalie (Martine McCutcheon) emotionalen Tiefgang. Die feuert er übrigens, nachdem sie vom US-Präsidenten sexuell belästigt wird. Schlimm.
Man sollte meinen, in den 20 Jahren seit dem Release von Tatsächlich… Liebe hätte sich einiges zum Besseren verändert. Netflix scheint die toxischen Männer und die Frauen, die ihnen verzeihen, aber zu seinem ultimativen Weihnachts-RomCom-Rezept gekürt zu haben. Das lässt sich nicht nur in Love Hard erkennen; in A Christmas Prince, einem der beliebtesten Weihnachtsfilme des Streamingportals verliebt sich Amber (Rose McIver) in den Prinzen Richard, obwohl der als Playboy berüchtigt ist und sie bei ihrem ersten Treffen enorm unfreundlich behandelt. Amber verbringt daraufhin den Großteil der Story damit, den Charakter des Prinzen aufzuwerten – sowohl in den Augen der Öffentlichkeit als auch ihren eigenen. Ähnlich geht’s in The Knight Before Christmas zu, wo Brooke (Vanessa Hudgens) einem zeitreisenden Mittelalter-Ritter die moderne Welt erklären will und sich während dieser Bemühungen immer wieder für sein unangebrachtes Verhalten entschuldigen und rechtfertigen muss.
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Die Formel ist meist dieselbe: Er und sie lernen sich kennen, irgendwas läuft schief, das Problem wird gelöst, sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Eine Frau, die einen toxischen Mann „heilt“, ist eine unkomplizierte Variante dieser Formel.
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Scheinbar finden wir es irgendwie festlich, wenn eine Frau einen Mann „verbessert“ oder (vor sich selbst) rettet. Vielleicht spricht uns das so an, weil viele von uns über die Feiertage nach Hause fahren und dort behütet werden; es könnte sein, dass eine Frau, die ihrem Typen vergibt und hilft, genau den mütterlichen Instinkt repräsentiert, nach dem sich viele Leute über Weihnachten sehnen.
Noch dazu ergibt sich daraus ein sehr simpler Plot – eine wichtige Voraussetzung für jede Weihnachts-RomCom. Die Formel ist meist dieselbe: Er und sie lernen sich kennen, irgendwas läuft schief, das Problem wird gelöst, sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Eine Frau, die einen toxischen Mann „heilt“, ist eine unkomplizierte Variante dieser Formel, und vielleicht sehen wir an Weihnachten eher über diese anspruchslose Handlung hinweg. Noch dazu liegen die Feiertage mitten in der sogenannten Cuffing Season, in der wir uns umso mehr eine:n Partner:in wünschen – und eventuelle Charakterschwächen einfach ausblenden. Die „Frau korrigiert toxischen Mann“-Storyline gewährt uns außerdem den Funken Hoffnung, dass (selbst die schlimmsten) Männer gar nicht so schlimm sind, wie sie wirken, und definitiv zur Liebe fähig sind – was vielleicht eher der Fantasie als der Erfahrung vieler Frauen entspricht. Nicht ohne Grund kehren viele von uns schließlich rund um Weihnachten zu unseren Ex-Partner:innen zurück und/oder geben toxischen Beziehungen eine weitere Chance.
Zum Glück ist nicht alles schlecht. Einige Weihnachtsfilme brechen mit dieser furchtbaren Tradition; Last Christmas von 2019, zum Beispiel, mit Emilia Clarke in der Hauptrolle. Ohne jetzt zu viel zu verraten: Der männliche Protagonist rettet Emilia Clarkes Charakter in einem emotionalen Plottwist das Leben. Und auch Prinzessinnentausch ist eine der Netflix-Ausnahmen, in der die Protagonistin nicht dazu da ist, einen Mann zu retten. Ganz à la Ein Zwilling kommt selten allein begegnet Vanessa Hudgens darin einer Fremden, die genauso aussieht wie sie – und die beiden tauschen ihre Leben. Beide Hauptrollen haben darin noch mehr Ziele und Interessen als nur die romantischen Beziehungen in ihrem Leben, wodurch die Männer bloß Nebenrollen spielen und sogar relativ un-toxisch rüberkommen (vielleicht auch, weil sie eben nicht so große Rollen spielen).
Diese Filme zeigen, dass eine Weihnachts-RomCom ohne die Rechtfertigung toxischen Verhaltens kein Ding der Unmöglichkeit ist. Während Streamingportale ihren modernen Versionen der klassischen Weihnachtsromanze aber heutige Storylines wie Catfishing aufdrücken, sollten sie sich dabei ihrer Verantwortung bewusst sein. Viele von uns wollen mit diesen Filmen bloß abschalten, ohne sie kritisch zu hinterfragen; die Verharmlosung von toxischem Verhalten hat deswegen darin nichts zu suchen.
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