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Blutiger Etikettenschwindel: Wenn Echtpelz als Fake Fur ausgegeben wird

Gucci verbannt echten Pelz aus seinen Kollektionen - und entfacht damit die Diskussion um Schummelpelze neu. Denn guter Webpelz ist teuer. Daher wird Kunst-Pelz durch echtes Fell ersetzt, das in Chinas Pelztierfarmen billig produziert wird. Unter grausamen Bedingungen.
Tschüss, goldener Herbst - hallo eisiger Winter! Es wird kalt in Deutschland, die ersten Schneefälle werden erwartet. Und wenn uns der kalte Wind frieren lässt, sind wir froh über den flauschigen Kranz an der Kapuze. Tief ins Gesicht gezogen, bleiben die Schneeflocken in den feinen Härchen des Fellkragens hängen. Pelzan wärmender Jacke, das ist immer noch Trend für den Winter.
Und fragt man die vor Kälte klappernden Mädels an Bushaltestellen oder Einkaufspassagen, ob sie etwa echten Pelz an ihrer Jacke haben, bekommt man meist die gleiche Reaktion. Erst verdrehen sie die Augen, dann wird kurz geschnaubt und genervt geantwortet: "Natürlich nicht, ey. Das ist Fake-Fur. Verstehste?"
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Pelz scheint out zu sein. Sogar das Luxus-Label Gucci verbannt nun echten Pelz aus allen Kollektionen und verramscht Restbestände für den Tierschutz. Außerdem ist das Unternehmen der Fur Free Alliance beigetreten, einer Gruppierung unterschiedlicher Organisationen, die gegen Echtpelz in der Modeindustrie kämpfen. Doch dieser Schritt bedeutet nicht, dass die Pelz-Optik unmodern geworden ist. Flauschiger Besatz an Jacken und Mützen bleibt Trend - dank täuschend echter Fake-Pelze.
Doch was im Geschäft oder online noch als ziemlich hochpreisige Pelz-Imitation daherkommt, stellt sich mitunter als echtes Fell heraus. Die grausige Logik dahinter: Echter Pelz ist in den heruntergekommenen Tierfabriken Chinas billiger herzustellen als teurer Kunstpelz.

Grausames Geschäft mit Pelz

Schon 2014 macht der NDR den Test, kaufte verschiedene Kleidungsstücke mit Fellbesatz, die verdächtig erschienen. Im Etikett gab es keinen Hinweis darauf, dass es echter Pelz sein könnte. Das Ergebnis: Statt Polyester handelte es sich in allen Fällen um echtes Fell von Kaninchen und "hundeähnliche" Pelze. Hinter diesem schwammigen Begriff steht das Fell des Marderhundes. Im November 2015 veröffentlichte der NDR eine Reportage über die Pelzindustrie in China. Auch die Tierschützer von "Animal Equality" zeigen mit einer aufrüttelnden Recherche, wie grausam Marderhunde gequält werden - bevor ihre Felle nach Europa gelangen. Und das ganz legal.

Marderhund-Kragen für elf Euro

China hat sich in den vergangenen Jahren zum größten Pelz-Hersteller weltweit entwickelt. 50 Prozent aller Pelzprodukte stammen aus dem Land. Während es in Deutschland Tierschutzgesetze zur Haltung und Tötung von Tieren gibt, sind solche Bestimmungen in China unbekannt. Marderhunde werden dort auf großen Farmen für die Fellproduktion gezüchtet. Das Fell des "Racoon Dog", also des Waschbären-Hundes, wird auf Etiketten gerne direkt zum Waschbär umbenannt. Hundepelz will einfach niemand gerne tragen. Daher gibt es eine Vielzahl schillernder Namen für Hunde, Katzen und Kaninchen. Die Pelze werden dann direkt vor Ort zu Schleuderpreisen verkauft. Ein ganzes Fell kostet rund 70 Euro. Nach der weiteren Verarbeitung verkaufen Fabriken Pelzbommel für Mützen für vier bis fünf Euro und Fellkragen für elf bis 13 Euro. Marderhundfell landet vor allem auf dem europäischen Markt. Ein Fabrikbesitzer erzählt dem NDR, dass deutsche Firmen und Auftraggeber bei dem Fell zugreifen. Ein Drittel der verarbeiteten Felle aus China kommt zu uns.
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Marderhund auch bei Luxus-Herstellern

Auch in diesem Jahr hängen wieder Jacken mit echtem Pelz in den Läden. Wie eine Recherche von "Animal Equality" zeigt, finden sich auch in den noblen Geschäften Jacken mit Marderhund-Fell. So entdeckten die Tierrechtler Marderhundbesatz beispielsweise an einer Jacke von Hugo Boss. Doch das Modeunternehmen hat inzwischen umgeschwenkt: Seit 2016 verkauft Hugo Boss keinerlei Echtpelze mehr. Auch andere Firmen wie Asos, Calvin Klein, H&M, Tommy Hilfiger, S. Oliver, Jack Wolfskin oder Zara haben Pelz aus ihren Kollektionen verbannt.
Verboten ist der Handel mit Marderhund nicht. Zwar hat die EU 2009 ein Importverbot für Haustierfell erlassen. Doch Marderhunde zählen nicht zu den Haustieren. Dennoch wird geschummelt: Echtpelz wird als Polyester oder "Racoon"getarnt und darf natürlich in die EU gebracht werden. Und seit 2012 müssen "nicht-textile Bestandteile tierischen Ursprungs" bei Kleidung deklariert sein. Das passiert ebenfalls nicht, wenn Echtpelz als Kunstfell durchgeschummelt wird. Den Herstellern und Bekleidungsunternehmen kann das herzlich egal sein. Ihnen droht in der Regel nur eine Bußgeldstrafe bei einem Verstoß gegen die EU-Verordnung.

Echt oder falsch? Wie man Pelz erkennt

Wer sicher gehen will, macht den Vier-Stufen-Test: Sehen, Pusten, Berühren, Anzünden. Echter Pelz glänzt anders als künstliche Fasern, die Haare sind unterschiedlich lang. Als nächstes wird gepustet: Die feinen Haare des echten Pelzes legen sich durch den Luftzug zur Seite, nun kann man deutlich die Unterwolle darunter erkennen. Webpelze sind dagegen eher starr und fest. Beim Anfassen wird der Unterschied deutlicher: Echter Pelz sitzt auf der Haut des Tieres. Das Leder ist deutlich zu erkennen. Das gibt es nur bei echtem Pelz, der Webpelz kommt ohne Haut aus. Der Anzünde-Test klappt nur zu Hause: Ein paar Härchen ausreiße und anzünden. Verschrumpelt das Haar, riecht es nach Plastik und bleiben kleine gekringelte Kügelchen über? Dann handelt es sich um Kunstpelz.
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