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Das Comeback der Clutch: Die eigenartigste aller Taschen ist zurück

Die schönste Clutch, die ich besitze, habe ich zu meinem 18. Geburtstag geschenkt bekommen. Sie ist etwa 20 Zentimeter lang und besteht aus türkisfarbenem, mit Pailletten und Edelsteinen besticktem Satin. Damals habe ich sie als Symbol gesehen für den Lifestyle, der mich nun als offiziell Erwachsene erwartete. Ich dachte, die Partyeinladungen würden sicher schnell folgen. Sie würden wie Hogwarts-Briefe in meine Wohnung flattern. Und dann würden meine Clutch und ich uns ins schillernde Nachtleben stürzen und ein glamouröses Leben führen.
Ich war einmal mit der Tasche aus. Maximal zweimal. Ich fand es einfach eigenartig, sie die ganze Zeit in der Hand halten zu müssen. Wenn ich mich richtig erinnere, ist sie irgendwann sogar in einer Bierpfütze gelandet, weil ich keinen Bock mehr hatte, sie zu tragen und sie auf einen Tisch gelegt hatte. Zuhause angekommen verstaute ich sie dann erst Mal in einem Schrank – damit sie nicht noch dreckiger wird. Und ist sie immer noch. 13 Jahre später liegt sie immer noch in der gleichen Schublade, zusammen mit einem Duzend anderer Taschen, die ich auch so gut wie nie benutzt habe. Ich besitze winzige bestickte Beuteltaschen und glitzernde Vintagetäschchen, streichelzarte Envelope-Bags aus Samt und mehr oder weniger edgy Varianten aus Kunstleder. Ich habe eine Baguette, die wir früher Achselschweißfänger genannt haben, weil na ja, das ist das Einzige, wofür sie wirklich gut ist. Und dann wäre da noch dieses pinkfarbene Etwas, das ich auf dem Cover des Facebook-Albums mit dem Titel “Good Timezz“ trage… Ohne Worte. All diese Schätze habe ich fein säuberlich in einer Schublade aufbewahrt. Mein trauriges persönliches Archiv vergnügter Zeiten. Aber vielleicht hole ich sie dieses Jahr ja mal wieder raus! Denn... Trommelwirbel... die Clutch ist zurück!
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Zugegeben: Es ist gar nicht mal so leicht, sich mit dem Gedanken anzufreunden – besonders im Zeitalter der Bauchtaschen und Handyketten. Niemand muss mehr irgendwas in den Händen tragen, wenn er oder sie nicht will. Warum sollten wir jetzt also wieder einen Schritt zurück machen und die unbeschwerte Zeit der freien Hände hinter uns lassen? Aber sind wir mal ehrlich: Seit wann steht bei Fashiontrends der praktische Aspekt im Vordergrund – außer vielleicht bei Birkenstock- und Trekkingsandalen? Eben. Und ich meine im Vergleich zum Tiny-Bag-Hype (den ja wohl niemand treffender umgesetzt hat als Lizzo bei den AMAs), sind Clutches fast schon alltagstauglich und vernünftig! Fast.
Die Clutches von A.W.A.K.E Mode sind weich und knautschbar und damit das perfekte Notfallkopfkissen für die Busfahrt um 3 Uhr morgens. Stilvoller als mit der Satin-Lunch-Bag von Alexander Wang kannst du dein Mittagessen nicht zur Arbeit transportieren – oder deinen Lippenstift zum Date. Und das Kultobjekt “The Pouch“ von Bottega Veneta aus butterweichem Leder, von der auch Rosie Huntington-Whiteley ein Fan ist, ist superchic und trotzdem groß genug, um zur Übernachtungstasche umfunktioniert zu werden.
Und dann gibt es noch Handtaschen im Vintage-Stil – wie Hartschalenetuis oder Federtaschen. Manche von ihnen haben auch kleine Trageriemen oder -griffe, aber das sind keine echten Clutches. Bei einer echten Clutch muss deine Hand am Ende des Abends einer unförmigen Klaue gleichen. 
Am Ende welchen Abends, denkst du? Ja, das ist die große Frage: Wann solltest du am besten zur neuen alten It-Bag greifen und wann besser nicht?
Es gibt nur eine Handvoll Events, bei denen es irgendwie Sinn macht, eine Clutch zu wählen. Kein Wunder also, dass das Ergebnis meiner Twitter-Umfrage, bei der ich alle Clutch-Besitzer*innen gefragt habe, wie oft sie die Tasche tatsächlich benutzen, wie folgt aussah:  33 Prozent sagten “ein paar Mal pro Jahr, 28 Prozent “einmal pro Jahr“ und 35 Prozent antworteten “lol nie“. Nur 4 Prozent gaben an, einmal oder sogar mehrmals pro Monat zur Clutch zu greifen.
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Hochzeiten zählen beispielsweise zu diesen besonderen Anlässen, bei denen Clutches durchaus akzeptiert werden – und zwar selbst dann, wenn der Dresscode nicht so streng ist. Denn würdest du eine zu große oder praktische Tasche nehmen, könnte am Ende noch jemand denken, du hast deinen Laptop dabei und willst zwischen Jawort und Sektempfang schnell noch Arbeitsmails checken. Clutches werten jedes noch so simple Outfit im Handumdrehen auf, was bei einer Hochzeit nicht schaden kann. Bei einer Night-out mit den Mädels oder beim Abendessen mit dem Schwarm kann sie dagegen für unnötigen Druck sorgen; nach dem Motto: Dieser Abend muss etwas ganz Besonderes werden. Ich glaube ja, der Mythos einer perfekten, superglamourösen Partynacht wurde nur erfunden, um mehr Clutches zu verkaufen. Wie auch immer: Die Weihnachtspartys, auf die ich eingeladen wurde, erforderten zumindest kein kleines Schwarzes und auch keine Glitzerhandtaschen, sondern einen Ugly-Christmas-Sweater und eine Bauchtasche.
Und kommen wir noch mal zum Thema Praxistauglichkeit zurück. Ja, es gibt unzählige Fotos von Influencer*innen mit süßen Minibags. Was du auf den Bildern aber nicht siehst ist, dass der Fotograf währenddessen ihren oder seinen Shopper hält. Oder hast du wirklich gedacht, Influencer*innen müssen ihr Make-up nicht auffrischen? Wir Normalsterblichen haben aber leider keine*n persönliche*n Jutebeutelträger*in. Und das bedeutet im Klartext: Vom Gym ins Büro und danach zu Afterwork-Drinks? Mit einer Tasche, in die gerade mal ein Super Plus Tampon passt? Keine Chance.
Ich wäre zwar gern eine dieser super entspannt wirkenden Frauen, die nach der Arbeit schnell in ein Slipdress schlüpfen, Handy, Lippenstift und Kreditkarte in die Clutch werfen und dann raus in die Nacht gehen und Party machen. Bin ich aber nicht. Was, wenn ich irgendwo hängenbleibe und spontan Ersatzstrumpfhosen brauche? Oder mein Akku leer ist, meine Powerbank zu Hause liegt und ich kein Taxi rufen kann? Und ich bin der festen Überzeugung, dass genau an dem Abend, an dem ich mich doch für eine Clutch entscheide jemand in die Bar gestürmt kommt und schreit: „Hilfe! Ich brauch Hilfe! Ich brauche sofort einen in zusammengeknüllte Kassenbons gewickelten alten Kaugummi und ein eingestaubtes Hustenbonbon! Es geht um Leben oder Tod!“
Trotz alledem hat die Clutch echte Fans. „Das ist so ein Mamading “, hat mal eine Freundin zu mir gesagt. „Du kannst sie in die Wickeltasche stecken und wenn du das Kind bei den Großeltern abgegeben hast, nimmst du sie einfach raus und spazierst in die Freiheit. Ich habe eine silberfarbene Clutch, die mir immer das Gefühl gibt, immer noch ein Leben neben dem Mutterdasein zu haben.“ Klingt logisch, oder? Vielleicht sind sie unpraktisch und ein bisschen too much. Na und? Manchmal ist es genau das, was wir brauchen. Und wenn es einfach nur deshalb ist, weil sie uns davon träumen lassen, dass es vielleicht doch eine ganz besondere Nacht werden könnte.
Ich weiß nicht wie es dir geht, aber je älter ich werde, desto größer werden meine Handtaschen. Kein Wunder: Aus meinem kleinen Schminktäschchen ist eine ausgewachsene Waschtaschengröße geworden, die nicht nur Lippenstift, Concealer und Tampons enthält, sondern auch Pflaster, Aspirin und Nagelpfeile. Abgesehen vom Kulturbeutel landen in meiner Tasche folgende Ding: Kopfhörer, Regenschirm, wiederverwendbarer To-Go-Becher, Glaswasserflasche und gesunde Snacks wie Nüsse oder ein Apfel. Und meine Lesebrille. Denn die brauch ich mittlerweile. Statt einer Handtasche nehme ich im Alltag oft einen Rucksack – dem Rücken zuliebe… Was ich sagen will: Die Tage meiner unbeschwerten Clutchzeit sind gezählt, also vielleicht sollte ich sie schnell noch mal ausnutzen, bevor es zu spät ist. Vielleicht sollte ich nicht erst auf Einladungen zu fancy Partys warten (die ohnehin nicht kommen werden), sondern meinen türkisfarbenen Satintraum einfach so mal wieder ausführen. Weil Freitag ist. Oder Dienstag. Zu Jeans, T-Shirt und Oversize-Blazer. Warum eigentlich nicht? Vielleicht finde ich ja sogar eine Clutch in der Größe einer Laptoptasche! Das wäre doch die perfekte Lösung für mich und meinen Kram.

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