Es war ein wunderschöner sonniger Tag im Juli 2017. Die Grillen zirpten und die Bäume tanzten im Rhythmus des Windes – und ich saß in meinem abgedunkelten Zimmer und hörte mir Amy Winehouses Back To Black an, während mir glitzernde Tränen meinen Eyeliner versauten. Ich war von einem Mann betrogen worden, für den ich viel zu viele Farben getragen hatte. Schnell füllte Schwarz die Lücke, die er in meinem Herzen hinterlassen hatte. Schwarz war für mich die einzige Farbe, die ich verstand – also tauchte ich darin ab. Ich widmete meine ganze Garderobe der Dunkelheit. Ich spazierte über Friedhöfe. Und ich entzündete Kerzen im Mondschein. Kurz gesagt: Mein Goth-Ära hatte begonnen.
WerbungWERBUNG
Wegen meiner puerto-ricanischen Wurzeln war ich als braves christliches Mädchen erzogen worden, hatte zum Gottesdienst bunte Kleider getragen und mir christliche Musik angehört. Ich war gefangen in den kulturellen und religiösen Erwartungen daran, was ein Mädchen ausmacht – insbesondere ein „gutes“ Mädchen. Als ich aber zu einem Verwandten „verbannt“ wurde, weil ich mich zu oft daneben benommen hatte, fing ich an, mich vom Christentum zu distanzieren. Stattdessen konzentrierte ich mich immer mehr auf spirituelle Praktiken – einige von ihnen übernommen von meinen Vorfahr:innen. Ich entdeckte Hexerei, Hellseherei und Tarot für mich; mystische Traditionen, die im Christentum als „böse“ abgestempelt werden, mich aber gleichzeitig trösteten und mir eine Bedeutung gaben.
Meine Familie konnte das nicht nachvollziehen. Sie dachten, ich versuchte damit einfach nur, ein „weißes Mädchen“ zu sein, weil sie keine anderen Frauen of color in Goth-Outfits kannten. Sie sagten mir, ich sähe aus wie eine alte weiße Frau und fragten mich, ob ich denn je wieder Farben tragen würde. Trotz ihrer Verwirrung stießen sie mich nie dafür aus, dass ich nur noch Schwarz trug – auch wenn sie nicht unbedingt glücklich darüber waren.
Im Gegensatz zu ihnen – und vielen der Leute, die auf der Straße stehenbleiben und mich irritiert anschauen – erkenne ich die Schönheit in der Dunkelheit. Sie erinnert mich an die zyklische Natur des Lebens, und ich sehe darin eine Zukunft für mich. Der Kontrast von Schwarz und Weiß repräsentiert das Leben selbst: Licht und Schatten, Geburt und Tod, Freude und Trauer. Wie kannst du eines ohne das andere wertschätzen? Meine Goth-Ära eröffnet mir ganz neue Perspektiven auf das Leben. In der Dunkelheit liegen Hoffnung, Schönheit und Wiedergeburt.
WerbungWERBUNG
Du möchtest gern wissen, wie du selbst auf die „dunkle Seite“ kommst? Das bringe ich dir heute bei. Hier kommen nun fünf Tipps dafür, wie du die Goth-Ästhetik und den damit verbundenen Lifestyle ausleben kannst.
Trage Klamotten, die so dunkel sind wie die Nacht – aber hab keine Angst vor einem Kontrast.
Wenn es irgendwo eine Goth-Bibel gäbe, stünde auf der ersten Seite sicher etwas wie: „Du sollst Schwarz tragen bis ans Ende aller Zeit.“ Schwarz zu tragen, ist ein entscheidender Aspekt des Goth-Styles – aber zögere nicht dafür, auch mal ein bisschen Kontrast ins Spiel zu bringen, damit Teile deines Outfits mehr herausstechen. Manchmal ziehe ich den vollen viktorianischen Goth-Look durch und trage nur Schwarz. An anderen Tagen habe ich Lust auf ein wenig Kontrast und trage beispielsweise einen schwarzen Rock oder ein schwarzes Top mit weißen Rüschen, oder füge ein bisschen Farbe hinzu – für einen „Pastel Goth“-Style.
Trag umwerfendes Make-up.
Goth-Make-up ist bekanntermaßen vor allem dunkel – und wunderschön. Ich setze zuerst auf schwarze Lippen, am liebsten mithilfe eines hochwertigen, flüssigen, matten Lippenstifts. Manchmal mag ich auch einen kleinen Kontrast, indem ich in der Mitte der schwarzen Lippen weißen Lippenstift auftrage und beides miteinander verblende. Danach kommt der Lidschatten. Ich liebe ein Smoky Eye mit schwarz-silbernem Farbverlauf und sehr langen Wimpern am Oberlid – manchmal auch unten, für einen dramatischeren Augenaufschlag. Wenn ich Lust habe, klebe ich mir auch Sticker auf die Stirn, wie zum Beispiel ein Pentagramm oder ein Kreuz. Darauf folgt ein Hauch Farbe mit Rouge auf den Wangen und der Nasenspitze, weil ich mich damit fühle wie eine Goth-Puppe. Zu guter Letzt setze ich meine farbigen Kontaktlinsen ein. Weil ich von Natur aus dunkle Augen habe, trage ich am liebsten pinke, blaue oder rote Linsen.
WerbungWERBUNG
Such dir messerscharfe Accessoires.
Oder gerne auch einfach Messer-Accessoires! Was mir mitunter am liebsten daran gefällt, mir ein Outfit zusammenzustellen, ist die Wahl der richten Accessoires. Von Gürteln über Ohrringe bis hin zu Haar-Deko – du hast so viele Optionen. Ich trage gerne Statement-Ketten oder Ohrringe, die meinem Outfit den letzten Schliff geben. Auf einigen meiner Accessoires sind beispielsweise Illustrationen von Katzen, Messern, Spinnen, Totenköpfen, Monden und Pentagrammen zu sehen. Manchmal trage ich einen Gürtel – zum Beispiel in der Taille, mit einer Schnalle in Form einer Fledermaus, oder einen Gürtel, an dem Kreuze baumeln. Ich liebe es, in Secondhand-Läden, einzigartigen Geschäften oder auf Online-Plattformen wie Etsy nach Accessoires zu suchen. Neue Ideen sammele ich in einem Pinterest-Board – und dann gehe ich auf eine Art Schnitzeljagd, um diese Dinge in Läden zu finden.
Beim Haar gilt: Mehr ist mehr.
Ich liebe in letzter Zeit voluminöse weiße Perücken. Die stehen in tollem Kontrast zu meinen weitestgehend schwarzen Outfits. Entweder toupiere ich die Perücke oder style sie à la Amy Winehouse in die Höhe. Nach dem Styling folgen diverse Schleifen, Blumen, Clips und Haarreifen. Ich betrachte meine Perücke als meine riesige Krone und dekoriere sie auch entsprechend – als sei ich die Königin der Goths.
Sei du selbst – und mutig.
Das goth-igste an mir ist wohl, wie ich mein Leben lebe. Ich tue immer das, was mir natürlich vorkommt. Irgendjemand hat immer was dazu zu sagen, und ich habe gelernt, dass ich es nie allen recht machen kann. Viele Leute sind der Meinung, ich würde nicht genug Goth-Musik hören und sei demnach gar keine „echte“ Goth, aber das hält mich nicht davon ab, mich so anzuziehen, wie ich es will und die Person zu sein, die ich eben bin. Ich sage: Sei einfach du selbst. Es ist nichts falsch daran, dir einen fantastischen Style zuzulegen. Lebe dein Leben so, wie es dich glücklich macht. Dann ziehst du auch genau die Menschen an, die auf derselben Wellenlänge unterwegs sind wie du.
Lust auf mehr? Lass dir die besten Storys von Refinery29 Deutschland jede Woche in deinen Posteingang liefern. Melde dich hier für unseren Newsletter an!
WerbungWERBUNG