Die 28-jährige Abbi hat eine Freundin, die sie seit der Uni kennt. Diebeiden haben einen sehr ähnlichen Sinn für Humor und sind im Laufe der Jahreganz schön zusammengewachsen. Diese Freundin ist immer jemand gewesen, dem Abbivertrauen und mit dem sie reden konnte, wenn es ihr nicht gut ging.
Vor drei Jahren sprach Abbi mit dieser Freundin darüber, ob sie zu ihrem Exzurückkehren sollte oder nicht. Diese erwähnte daraufhin ganz beiläufig, dassAbbi ein bisschen „naiv“ und „zu dramatisch“ sei. Abbi nahm das Ganze nichtweiter ernst, da sie wusste, dass dieser Kommentar nicht böse gemeint war (siekehrte nicht zu diesem Exzurück und das war ihrer Meinung nach ohne Frage die richtigeEntscheidung). Diese Bemerkung hat aber die Art und Weise, wie sich Abbi seitdiesem Zeitpunkt selbst sieht, völlig verändert. Seitdem hat sie das Gefühl,dass sie sich zurückhalten und alle ihre Entscheidungen hinterfragen muss, vorallem in der Anwesenheit dieser Freundin. Früher konnte sich Abbi fallenlassen, wann immer die beiden Zeit miteinander verbrachten. Jetzt denkt siezweimal darüber nach, bevor sie etwas sagt, und beißt sich manchmal sogar aufdie Zunge.
Abbi möchte das Ganze hinter sich lassen und nicht mehr daran denken müssen,aber das fällt ihr wirklich schwer. Das hat vor allem damit zu tun, weil siedieser Freundin vertraut. Außerdem glaubt Abbi, dass diese wahrscheinlich Rechtmit ihrem Kommentar hatte. Aber die Tatsache, dass andere Leute sie so sehen,wie es ihreFreundin beschrieb, ist ihr unangenehm. Was soll sie also am bestentun, um die Sache ruhen lassen zu können?
Dr. Sheri Jacobson, eine Psychotherapeutin im Ruhestand mit über 17 Jahrenklinischer Erfahrung und Gründerin von HarleyTherapy.comkann hier weiterhelfen.
Dr. Sheri Jacobson: Zuallererst möchte ich hervorheben,dass jede Beziehung ihre eigene Dynamik hat und dass es keine feste Regel gibt,was als akzeptabel gilt und was nicht. Für manche Menschen sind Scherze undWitze über den anderen in Beziehungen völlig in Ordnung, während das für andereüberhaupt nicht ok ist. Das Ganze kommt wirklich auf die Art der jeweiligenBeziehung an.
All das hat mit unseren grundlegenden Überzeugungen zu tun, die wir in Bezugauf uns selbst, die Welt und andere Menschen haben. Wenn du also im Kern glaubst,dass du ein:e Lügner:in oder ein schlechter Mensch bist – oder in Abbis Fall„naiv und zu dramatisch“ –, kann das zu einer negativen Gedankenspiraleführen, was wiederum negative Gefühle verursachen kann. Das scheint beiAbbi passiert zu sein.