Vor ungefähr einem Monat hatte ich ein Hinge-Date. Unser erstes Treffen ging 22 Stunden. Eigentlich wollten wir uns nur auf einen Drink treffen. Aber daraus wurden schnell mehrere. Und nachdem wir die Nacht zusammen verbracht hatten, gingen wir am nächsten Tag gemeinsam Frühstücken und erkundeten dann noch die Stadt zusammen. Man könnte also sagen: Unsere Beziehung war von Anfang an recht unkonventionell.
Zwei Wochen später hatte er dann so einen komischen Husten. Damals war COVID-19 aber eigentlich nur in China und Italien ein großes Problem. Wir kamen damit nur durch die Medien in Berührung. Doch einige Zeit später wurde uns mitgeteilt, dass sein Chef gerade erst aus Italien zurückgekommen war und da er ja Kontakt zu ihm hatte, sollten wir die nächsten sieben Tage das Haus nicht verlassen und uns von der Außenwelt isolieren. Wenn wir nach sieben Tagen keine Symptome zeigten, waren wir keine Gefahr für andere.
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Jetzt hatte aber weder er noch ich ein Auto. Und da er die Öffis nicht benutzen durfte, blieb uns eigentlich nichts anderes übrig, als gemeinsam bei mir die sieben Tage durchzustehen.
Plötzlich gezwungen zu sein, eine Woche mit einer anderen Person zu verbringen, während man krank ist und das auch noch so früh in einer Beziehung, machte mir wirklich Angst. Ich bin so froh, dass wir in meiner Wohnung festsaßen und nicht in seiner. Ich hatte nicht nur meine häuslichen Annehmlichkeiten, sondern auch ein Gästezimmer, was bedeutet, dass wir – sollten wir am dritten Tag Schluss machen – zumindest vermeiden konnten, im selben Raum zu sein.
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Plötzlich gezwungen zu sein, eine Woche mit einer anderen Person zu verbringen, während man krank ist und das auch noch so früh in einer Beziehung, machte mir wirklich Angst.
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Zuerst musste er es seinen Eltern erzählen. Da wir erst seit zwei Wochen zusammen waren, wussten sie natürlich noch nicht, dass ich existierte. Was folgte, war ein recht unangenehmes Telefongespräch. Er musste ihnen beichten, dass er an den letzten beiden Wochenenden nicht „seinen Freund Jim getroffen“ hatte und dass ich in Wirklichkeit „Jim“ war. Hoffentlich nennt mich sein Vater von jetzt an nicht Jim.
Wir haben letztendlich beschlossen, unsere Quarantäne einfach als Gelegenheit zu sehen, um uns gegenseitig besser kennenzulernen. Die Woche starteten wir also in bester Laune. Immerhin hatte er nur einen leichten Husten und ich hatte sogar gar keine Symptome. Am zweiten Tag sah aber alles schon ganz anders aus. Sein Husten wurde schlimmer und er war lethargisch und fühlte sich allgemein unwohl. Am vierten Tag war er auf dem Weg der Besserung, aber dann begann sich mein Zustand zu verschlechtern.
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Obwohl wir einen großen Teil der Woche wegen virusbedingter Erschöpfung schlafend verbrachten, hatten wir doch auch ein paar sehr interessante Momente zusammen. Einer, am vierten Tag, stach mir dabei besonders ins Auge: Ihm ging es langsam besser, mir dagegen immer schlechter. Das hätte ich ihm aber natürlich nie gesagt. Ich wollte uns zum Essen eine Carbonara machen, aber gerade als ich die Eier in die Pfanne haute, wurde aus meiner Carbonara-Soße ein Rührei. Normalerweise hätte mir das ja nichts ausgemacht. Da es mir aber wirklich dreckig ging, bin ich in dem Moment einfach zusammengebrochen.
Und dann stand er plötzlich an meiner Seite, legte seinen Arm um meine Taille, gab mir einen Kuss auf die Stirn und versuchte rasch unser Abendessen zu retten. Diese Geste von ihm bedeutete mir sehr viel, denn eigentlich bin ich immer diejenige, die versucht, Dinge in der Beziehung wieder gut zu machen. Ich glaube, da habe ich mich sogar etwas in ihn verliebt.
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Wir haben letztendlich beschlossen, unsere Quarantäne einfach als Gelegenheit zu sehen, um uns gegenseitig besser kennenzulernen.
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Wir haben viel Zeit damit verbracht, uns kennenzulernen. Und zum Glück waren viele Erkenntnisse größtenteils sehr positiv. Und ein paar Dinge, waren auch nur halb so schlimm. Ich habe zum Beispiel herausgefunden, dass er ein unglaublich guter – aber sehr unordentlicher – Koch ist. Er dagegen meinte zu mir, ich sei in Sachen Ordnung recht pingelig (da kann meine Mutter nur lachen). Außerdem habe er sehr viel Spaß dabei, mir bei der Arbeit zuzuschauen. Das habe ihm klar gemacht, wie klug ich eigentlich bin.
Und weil wir durch die Isolation schon viele Meilensteine einer Beziehung im Schnelldurchlauf durchmachten, ist es wahrscheinlich für niemanden verwunderlich, dass auch unsere Toilettengewohnheiten Teil davon waren. Wir waren schnell an dem Punkt, wo er nicht einmal mehr die Tür zumachte, wenn er pinkeln ging.
Fazit: Ich würde dir nicht raten, in Selbst-Isolation mit einer Person zu gehen, die du erst seit zwei Wochen kennst – egal wie gern ihr euch auch habt. Aber in meinem Fall konnte ich mich wirklich nicht beklagen. Wir sind uns nicht an die Gurgel gegangen. Im Gegenteil, wir sind jetzt schon an einem Punkt in der Beziehung, wo normalerweise nur alte Ehepaare sind. Viele sagen jetzt sicher, wir haben die rosarote Phase deshalb überhaupt nicht genießen können. Aber für mich ist das kein Problem. Ich liebe unsere Beziehung so, wie sie ist.
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