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Zum Thema Gendern – ein Plädoyer für einen offenen Dialog

Dieser Artikel erschien zuerst bei im gegenteil!
Mein Freund war vorgestern beim Arzt. Nein, bei der Ärztin. Darauf machte er mich aufmerksam, als ich ihn fragte, wie es denn gewesen war – und nicht genderte. Ich, die Gender-Queen. Mir war es ganz unangenehm und doch bestätigte es mich in meiner Annahme, wie festgefahren meine Denkweisen und Sprachmuster immer noch sind.
Jetzt könnte man annehmen, dass das nicht so schlimm sei. Ich meine, Arzt oder Ärztin, gehen beide der gleichen Beschäftigung nach und in den heutigen Zeiten kann doch jede*r alles oder? Naja, eben nicht ganz … Gestern sah ich dann ein Video, in welchem Studierende gefragt wurden, ob ihnen das Gendern von Wörtern wichtig sei. Die folgenden vier Hauptargumente wurden von den Befragten aufgeführt.
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Wenn Lehrer adressiert würden, fühlten sich automatisch auch gleich alle Lehrerinnen angesprochen – glaubt einer

Nein, eigentlich nicht. Die deutsche Sprache ermöglicht es, Wörter zu gendern und somit können auch alle Lehrerinnen angesprochen werden. Wenn ich also Lehrer*innen ansprechen möchte, warum tue ich dies nicht einfach? Genauso wie bei der Arzt/Ärztin-Situation. Es geht hierbei nämlich nicht nur um die Inklusion von allen Menschen auch in unsere sprachlichen Muster, sondern um die Wirkung, die meine Sprache auf mein Denken hat.

Ich muss mir nur einen Professor, einen Feuerwehrmann und einen Lehrer vorstellen und vor meinem inneren Auge erscheinen automatisch männliche Personen. 

Ich muss mir nur einen Professor, einen Polizist, einen Feuerwehrmann und einen Lehrer vorstellen und vor meinem inneren Auge erscheinen automatisch männliche Personen. Es ist wichtig, auch sprachlich die Diversität der Gesellschaft zu repräsentieren, um zu beweisen, dass Frauen heutzutage in vielen verschiedenen Feldern tätig sein können und sind.
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In offiziellen Briefen (z. B. vom Finanzamt) sei es wichtig, auch Frauen anzusprechen – generell lenke es jedoch eher von der Gleichberechtigungsdebatte ab.

Wenn ich im alltäglichen Sprachgebrauch gendere, werde ich schon oft auch belächelt. Trotzdem denke ich, dass genau hier die Gleichberechtigungsarbeit anfängt. Würden diese Formen gängig verwendet und würde erkannt, dass Gendern kein “komisches Phänomen” ist, würden vielleicht auch in offiziellen Schreiben öfter beide Geschlechter verwendet werden.

Sprache formt das Denken und nimmt somit direkten Einfluss auf das Bild unserer Gesellschaft.

So wie es selbstverständlich sein sollte, Frauen als vollwertige Mitglieder in die Gesellschaft einzubinden, so sollte es auch selbstverständlich sein, diese als ständigen Bestandteil in unsere Sprache einzufügen – denn nochmal: Sprache formt das Denken und nimmt somit direkten Einfluss auf das Bild unserer Gesellschaft.
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Kann man verstehen, mit Bezug auf unsere Geschichte “und so”, aber in der heutigen Gesellschaft sei das übertrieben.

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Hm. Ich kann die Argumentation nicht ganz nachvollziehen. Es wird nicht weiter spezifiziert, welche Geschichte gemeint ist. Ich nehme an, dass es sich hierbei um die Geschichte der Frau und ihres harten Kampfes für Gleichberechtigung handelt. Erst vor 100 Jahren durften Frauen das erste Mal in Deutschland wählen.
Ein oft und offen begangener Denkfehler ist es, von der eigenen privilegierten auf eine generelle privilegierte Position der Frau zu schließen. Frauen werden in vielen Bereichen der Gesellschaft immer noch benachteiligt und diskriminiert. Der Wert der unbereinigten Gender Pay Gap liegt in Deutschland bei knapp 21 Prozent.

Der Spruch “Men will be men” ist eine faule Ausrede, die dafür sorgt, dass Männer sich nicht ihrer Verantwortung stellen müssen.

Frauen werden in ihrem Leben mit einer 70 prozentigen Chance Opfer von Gewalttaten. Statistiken legen nahe, dass eine von fünf Frauen im Laufe ihres Lebens Opfer einer (versuchten) Vergewaltigung wird. Es lohnt sich deshalb, weiterhin für Gleichberechtigung zu kämpfen. Der Spruch “Men will be men” ist eine faule Ausrede, die dafür sorgt, dass Männer sich nicht ihrer Verantwortung stellen müssen.
Natürlich ist es auch richtig, dass Frauen schon viel erreicht haben und Frauenrechtler*innen in den letzten 100 Jahren riesige Fortschritte gemacht haben. Darüber kann man sich freuen. Dies alleine reicht jedoch nicht. Ich halte es deshalb nicht für übertrieben, zu gendern – auch nicht im 21. Jahrhundert. Denn Fakt ist, dass es noch ein weiter Weg bis zur Gleichberechtigung von Mann und Frau ist.
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Trägt es tatsächlich zu Gleichberechtigung bei? Viele nervt es eigentlich nur.

Gendern ist der neue Veganismus! Oder andersrum? Ach, keine Ahnung, was zuerst da war… Ja, manche Menschen nervt es. Und ich kann auch gut nachvollziehen, dass es nervt, immer verbessert zu werden. Wenn zum Beispiel Freunde in meinem Umfeld nicht gendern, werfe ich auch nicht jedes Mal die gendergerechte Form rein.
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Aber es lohnt sich, das zu diskutieren! Man kann hinterfragen, warum er oder sie gendert oder dies eben bewusst nicht tut. Ich finde es schade, wenn diese Debatte automatisch als nervig bezeichnet wird. Besonders Männern würde es gut tun, sich die andere Seite auch anzuhören, anstatt diese Debatten als nervig und unnötig abzustempeln.
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Generell stieß der Gendern offensichtlich auf wenig Anklang bei den sieben Münchner Studierenden.

Generell stieß der Gendern offensichtlich auf wenig Anklang bei den sieben Münchner Studierenden. Ich verstehe, dass es anstrengend sein kann, sich mit Themen konstruktiv auseinanderzusetzen. Es handelte sich bei dem Format auch um einen “Meinungsquerschnitt”, der spontan und ohne große Aufarbeitung des Themas erfolgte.
Ich verurteile dieses Format nicht, gebe jedoch zu bedenken, dass gerade bei diesem Thema inhaltliche Debatten dringend notwendig wären. Es wäre gut zu wissen, welche Argumente für oder gegen das Gendern sprechen, damit sich jede*r sein/ihr eigenes Bild machen und auf der Grundlage von fundierten Argumenten entscheiden kann, ob Gendern tatsächlich so nervig oder unnötig ist, wie in diesem Meinungsformat dargestellt.
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