Geschlechterneutrale Mode und Entwürfe, die unser binäres Kleidungssystem aufbrechen, gehören seltsamerweise noch immer eher zur Ausnahme. Während wir gegen das generische Maskulinum wettern und zum Pride Month international die LGBT-Communitys feiern und supporten, kriecht die Modeindustrie noch etwas langsam hinterher.
Mit lustigen Regenbogen-Prints ist das Problem zwar spektral, aber nicht von allen Seiten beleuchtet. Gleichzeitig gehören wiederum die Brands, die sich dem Thema Unisex-Kleidung widmen, zur modischen Avantgarde. Die Neunzigerjahre waren mit den klaren, geradlinigen und ätherischen Looks von Calvin Klein oder Jil Sander eine Dekade, in der Mode über das binäre System hinauswuchs. Auch die Beautyindustrie entdeckte das Potenzial von Unisex-Düften. Nur: Dieses Nicht-Konform-Sein drang leider nie bis in die stark konformen Geschäfte vor.
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Da wurden Kleidung und Düfte dann ordentlich in die Damen- oder Herrenabteilung sortiert, damit auch ja niemand durcheinander kommt. Ein Store in Manhattan hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, mit diesem Einteilungswahn aufzuräumen: The Phluid Project. Die Idee hierzu stammt von Rob Smith, einem 53-jährigen, man könnte schon sagen Modeveteran. In verschiedenen Positionen arbeitete der US-Amerikaner über 25 Jahre lang für große Namen wie Victoria's Secret, Macy's und American Apparel. Nach einer halben Weltreise durch Südamerika und Asien kam Rob nicht nur mit einem gereinigten Geist zurück, sondern mit einer Vision: ein „Gender Neutral Concept Store“.
Doch The Phluid Project ist mehr als nur ein Concept Store. Im NoHo-Teil von Manhattan ist eine Plattform für die LGBTQA+ Community entstanden, die neben Kleidung und einem Café auch Begegnungszentrum und Veranstaltungsort ist. Neben der eigenen Marke werden Brands wie Dr. Martens, Champion oder Oak verkauft. Außerdem Unisex-Duftkerzen, deren kompletter Verkaufserlös an Organisationen geht, welche wiederum die LGBTQA+ Community unterstützen. Der Lower Phloor kann stundenweise gemietet werden und bietet somit einen Platz für neue Ideen und Projekte.
Besonders lobenswert: Die Preisspanne der angebotenen Mode liegt im Schnitt bei 50 Dollar für ein Teil. Wie oft nämlich werden solche Projekte und Ideen umgesetzt, nur, um dann doch wieder zu elitär und noch teurer daherzukommen? Ich habe jedenfalls oft das Gefühl, dass Ideen, die unsere Gesellschaft weiterbringen würden, leider sehr oft sehr schnell wieder in der Versenkung verschwinden, weil sie entweder nicht zugänglich sind oder aber weil die Umsetzung zu viel Geld verschlingt, welches dann wiederum an die potenziellen Kund*innen und Nutzer*innen weitergegeben wird.
Dabei kann es doch eigentlich ganz einfach und, vor allem, so einfach nicht-binär sein, oder?
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