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Man ist so alt, wie man sich anzieht: Das Geburtsjahr sollte nie den Look diktieren

Was muss ich beachten, wenn ich neben dem Studium noch arbeite? Wie kleide ich mich zum Bewerbungsgespräch? Und wie soll ich eigentlich mein Leben auf die Reihe kriegen? In unserer #EndlichErwachsen-Themenwoche pünktlich zum Semester- & Bewerbungsstart wollen wir dir die Angst vor dem Erwachsenwerden nehmen und sprechen über das, was wir in der Schule nie fürs Leben gelernt haben – aber gerne gewusst hätten.
Zu fast jedem Outfit, dass ich mir am Morgen überwerfe, hat mein Freund genau ein Statement, welches er auch nicht müde wird abzugeben: „Du siehst halt aus wie Zwölf.”
Das ist nicht der Satz, den man mit knapp 32 Jahren hören möchte, außer, er bezieht sich auf meine Gesichtshaut. Ein wenig hat er allerdings recht, ich tendiere dazu mich eher jung zu kleiden. Und mit jung meine ich nicht nur kindlich, sondern vielleicht auch kindisch. Das ist bei einer Körpergröße von 1,60 Metern nicht immer von Vorteil, aber ich fühle mich in dieser Kleidung irgendwie wohl. Ich mag es gerne unkonventionell und kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte mal ein Hemd getragen habe und mich darin rundum wohlgefühlt habe.
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Und überhaupt, wer hat den Dresscode zu unserem Alter festgelegt? Mindestens ein Mal im Jahr lassen es sich die klassischen Modemagazine nicht nehmen diese „Looks für jedes Alter”-Editorials zu schießen. Hier kann Frau dann sehen, wie sie sich mit 30, 40, 50 und 60 Jahren bitte zu kleiden hat, um ihrem Alter entsprechend vor die Türe zu treten. Ich finde diese Editorials immer sehr diktatorisch. Vor allem da man das Gefühl hat, dass mit zunehmender Dekade immer mehr Spaß aus dem Look-Luftballon entweicht. Zum Schluss sind die Outfits meist so grau, wie die Haare des Models.
Ich lache beim Durchblättern immer leise in mich hinein und bekräftige mich in der Einstellung, dass ich immer das tragen werde, worauf ich Lust habe. Alter? Ist nur eine Zahl.
Die Realität holte mich ein, als es ausgerechnet mein Freund war, der mich zum Tragen eines Crop Tops überreden wollte. Ich? Crop Top? Mit 31? Ähm, ciao. Erklärte ich ihm auch in etwa so und merkte, dass ich gerade mein Kryptonit gefunden hatte. Und es hörte nicht bei bauchfrei auf. Je länger ich darüber nachdachte, umso mehr Kleidungsstücke fielen mir ein, für die ich mich zu alt fühlte. Latzhosen, zum Beispiel, sehen an gefühlt allen Frauen fantastisch aus. Ich traue mich nicht mal, eine anzuprobieren, da ich Angst davor habe, ob meines Kinderlooks in Tränen auszubrechen. Minikleider und -röcke sind auch so eine Sache. Früher konnte es mir nie kurz genug sein und meine Garderobe bestand zu gefühlt 80 Prozent aus Haut. Heute bekomme ich bei dem Gedanken daran, dass eventuell auch nur mehr als die Hälfte meines Oberschenkels Richtung Hintern zu sehen ist, die Krise.
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Auch ganz schlichte, gestreifte T-Shirt-Kleider lasse ich im Laden hängen, obwohl sie mir meist gut gefallen. Genau, denke ich dann, dazu trage ich jetzt noch Vans und sehe aus wie die 14-jährige Version meiner selbst. Es ist eine Mischung aus dem Verlangen kompetent daher zu kommen (was auch immer das bedeutet) und dem Wunsch, endlich erwachsen zu werden. Ich bin da mit dem Kopf noch lange nicht am Ziel.
Gestern Abend habe ich es dann „gewagt”. Das Konzert einer meiner absoluten Lieblingsbands meiner Jugend habe ich zum Anlass genommen mich so anzuziehen, wie ich es sonst nicht mehr mache. Levi's 501, gecropptes Longsleeve (in Rippenstrick!!!) und Stan Smiths. Von hinten sah ich vermutlich aus wie 15. Und wisst ihr was? Ich hatte einen fantastischen Abend, niemand hat mich komisch angeschaut, ich bin optisch und musikalisch ganz feierlich die Memory Lane hinuntergelaufen und es war phänomenal.
Ich weiß, ich bin nicht allein. Ein Freund von mir, 27 Jahre alt, findet sich zu alt für Skinny Jeans. Und im Office wurde bei Crop Tops, Chokern und Latzhosen eifrig genickt. Gleichzeitig waren wir uns aber auch alle einig, dass man sich mal frei machen sollte von diesem Brett vor dem Kopf.
Wenn ich eine über 60-Jährige in einer Latzhose sehen würde, ich würde ganz sicher dumm gucken, beim zweiten Hinschauen aber mit den Schultern zucken. Wenn sie meint. Ich bin, und das kann ich ehrlich sagen, darüber hinaus Leute nach ihrem Outfit zu beurteilen oder meinen Geschmack als universell gültige Regel zu sehen – was vor dem Hintergrund meines nicht wirklich vorhandenen Stils im Übrigen auch ziemlich anmaßend wäre. Seit gestern schließe ich hier auch meine persönliche Altersbarriere im Kopf und vor allem mich selbst mit ein.
Ich werde vielleicht nicht in einem Sport-BH raven gehen, aber ich werde mir endlich meine langersehnte Latzhose kaufen und ich werde sie mit Stolz tragen.
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