Die Anzahl von Geschichten, die davon berichten, dass schwarze Models bei Runway Castings abgewiesen wurden, steigt weiter an. Genauso verhält es sich mit Fällen, bei denen Models zwar für Shows gebucht wurden, dann aber doch nicht liefen. Deshalb feiern wir Premieren wie die, in der ein schwarzes Model in diesem Jahr zum allerersten Mal in der 163-jährigen Geschichte von Louis Vuitton eine Show eröffnete oder als Comme des Garçons zum ersten Mal schwarze Models castete. Ein weiteres Beispiel ist, dass im letzten Februar so viele Models of Color auf dem Laufsteg waren wie noch nie zuvor (genauso wie bei der vergangenen Couture-Saison). Es erinnert uns daran, dass sich die Modeindustrie langsam, aber sicher weiterentwickelt und mehr Diversity und Inklusion zu sehen ist. Gleichzeitig zeigt es aber auch ganz klar, welche Marken die Thematik noch nicht ganz so ideal angehen.
WerbungWERBUNG
Am Montag sahen wir eine erschreckende Seite der Branche als die Nachrichten- und Medienseite Racked berichtete, dass schwarze Models von einem Casting bei der Miami Swim Week weggeschickt wurden. Im Artikel wurde zwar nicht explizit gesagt, um welches Label es sich handelt, es kamen aber verschiedene Models zu Wort. „Sie sagten uns, dass sie keine schwarzen Models mehr haben wollen und dass Afros gar nicht gehen“, so ein Model in einem selbst aufgenommenen Video auf Facebook. „Wir fahren jetzt wieder zurück nach L.A., wo wir geschätzt und gebucht werden“.
Nachdem sich unsere New Yorker Kolleg*innen an verschiedene Agenturen und Models gewendet hatten, die für die Miami Fashion Week gearbeitet haben, fanden sie heraus, dass es sich um das kalifornische Label KYASwim handelt. Soweit sich Joia Talbott erinnert, zeigte die*der Casting Director auf ihren Afro zeigte und sagte: „deine Haare – nein!“. In dem Moment akzeptierte sie die Entscheidung seitens der Brand. „Noch nicht jede*r begreift unsere natürliche Schönheit und man kann ihnen nicht direkt einen Vorwurf machen“, erzählt Joia. „Sie wollen, was sie wollen. Das ist okay“. Aber als die*der Casting Director Berichten zufolge sagte: „keine dunkle Haut mehr“ wurde sie wütend. Sie betont, dass es ihr nicht darum geht, dass sie bei der Show nicht laufen durfte, sondern um die Art und Weise, wie die*der Casting Director mit ihr sprach. „In den sozialen Medien sagen manche, dass das halt einfach das Business ist. Ich sei einfach nur sauer, weil ich nicht gecastet wurde“, erklärt sie. „Aber das ist keinesfalls der Grund. Absagen bekommt man als Model schließlich jeden Tag“.
WerbungWERBUNG
Neben Talbott erzählte auch Model Kate Citron Refinery29 von ihren Erfahrungen. Sie hat tolle Beziehungen zur Miami Swim Week und deren Labels. „Ich möchte schwarze Models verteidigen, aber auch meine Klienten und mich selbst beschützen“, sagt sie und ergänzt, dass sie glaubt, dass diese spezielle Brand dafür verantwortlich gemacht werden soll, dass sie eine engstirnige Ansicht von Gleichberechtigung hat. „Ob es an unserer Hautfarbe lag oder daran, dass wir einfach nicht dem Look entsprachen, den sie sich vorgestellt hatte, bleibt ein Rätsel“.
Claire B, ein weiteres schwarzes Model, sagte, dass ihnen bei der Ankunft beim Casting gesagt wurde, dass KYA Swim nur nach kleinen weißen Models mit blonden Haaren sucht. Wie Talbott und Citron fühlte sie sich deswegen nicht angegriffen. „Es ist okay, nicht den Kriterien der Klienten zu entsprechen. Ich glaube nicht, dass die Miami Swim Week irgendjemanden diskriminiert. Ich denke, es ist KYA Swim“.
Model Fig O’Reilly, die eine Vollzeit-Coderin bei der NASA ist, wenn sie nicht modelt, nahm auch an dem Casting teil. Als sie vor fünf Jahren mit dem Modeln anfing, fiel ihr auf, dass es eine Art Schuldzuweisungsspiel ist: Agenturen beschuldigen die Klient*innen, die wiederum die Kund*innen verantwortlich machen. „Ich bin mir nicht ganz sicher, wer damit angefangen hat. Ich weiß nur, dass es aufhören muss“, so O’Reilly.
Nachdem wir mit vielen Models gesprochen hatten, wandten wir uns an KYA Swim und erhielten folgendes Statement: „Wir bei KYA Swim sind zutiefst erschüttert über die Anschuldigungen, die uns von Joia Talbott und anderen Models entgegengebracht werden“, so ein*e Sprecher*in der Brand. „KYA Swim ist stolz auf die bisherige Diversity. Wir untersuchen gerade die besagten Vorfälle und überprüfen, wie die für das Casting verantwortliche Produktionsfirma gehandelt hat“.
Wenn KYA Swim Diversity wirklich so sehr am Herzen liegt, müssten es dann nicht auch die sozialen Plattformen und die Website des Labels widerspiegeln? Im Jahr 2018 sollte eine Brand Instagram und Co. als Spiegelbild des Firmenethos, aber auch der angestrebten Zielgruppe sehen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels zeigt KYA Swims Instagram-Feed vielleicht grade mal eine Handvoll schwarze Frauen (inklusive Stars wie Gabrielle Union und Simone Biles) seit 2017.
Es ist immer einfach, die Schuld anderen zuzuschieben, wenn Dinge wie diese passieren – das wissen auch wir als Medienunternehmen. Doch auch wenn Geschichten wie diese leider immer noch zur Realität gehören, sollte gleichzeitig auch erwähnt werden, dass bei den meisten Shows der Miami Swim Week keine homogenen, weißen Castings mehr auf den Laufstegen zu sehen waren. Was bei KYA Swim passiert ist, sollte nicht toleriert werden, aber es erinnert uns auch daran, dass der Versuch, die Branche inklusiver zu machen, erst dann gelingt, wenn alle mitziehen.
WerbungWERBUNG