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Warum Dating-Apps unbedingt User-Bewertungen brauchen

Foto: Serena Brown.
Wenn wir Essen gehen wollen, schauen die meisten von uns zuerst in die Google-Bewertungen, um die Restaurant-Erfahrungen anderer zu lesen (4,2 Sterne oder mehr, drunter ist Mist). Was wäre, wenn du dasselbe mit dem Mann tun könntest, den du über eine App kennengelernt hast? Online suchen Frauen nach „Bewertungen“ für ihre Dates in wachsenden Communitys, die sich darauf spezialisiert haben, Informationen über gewalttätige oder manipulative Männer und schmierige Fuckboys zu sammeln.
Are We Dating The Same Guy?‘ (Daten wir denselben Typen?) wurde als Facebook-Gruppe für New Yorkerinnen gegründet, in der Frauen anonym Warnungen über Männer austauschen können, mit denen sie ausgegangen sind, oder Informationen über potenzielle Verehrer anfordern können. (Im Grunde ist es eine Art offenes Register über Gewalttäter und Arschlöcher zugleich.) Die Gruppe hat in nur wenigen Monaten über 60.000 Mitglieder gewonnen und Ableger in den meisten großen US-Städten (Boston, L.A., Austin usw.) und auf internationaler Ebene (in London, Sydney, Melbourne usw.) hervorgebracht.
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Oberflächlich betrachtet scheint die Idee, Bewertungen über eine Person wie über eine Pizzeria zu lesen, etwas dystopisch. Aber ist das wirklich so überraschend, wenn man die Kultur der Wegwerfgesellschaft und der sexuellen Gewalt bedenkt, die sich in den letzten zehn Jahren in Dating-Apps breit gemacht hat? Eine Umfrage unter fast 10.000 Dating-App-Nutzer:innen hat vor Kurzem gezeigt, wie sehr Dating-Apps von Sexualstraftaten geprägt sind. Drei Viertel der befragten Nutzer:innen haben online sexuelle Gewalt erlebt und ein Drittel berichtete von Übergriffen wie Nötigung, Täuschung und Körperverletzung beim persönlichen Kontakt.
Natürlich müssen bestimmte Verhaltensweisen nicht unbedingt illegal sein, um jemandem Schaden zuzufügen. Und wenn die Apps für irgendetwas berüchtigt sind, dann für schlechtes Benehmen: Ghosting und Versetztwerden sind zu festen Bestandteilen vom Online-Dating geworden. Das alles wird durch eine Benutzeroberfläche begünstigt, die dir das Gefühl gibt, ein Spiel zu spielen, bei dem der nächste große Treffer immer nur einen Swipe entfernt sein könnte. Und während Dating-Apps unseren Dating-Pool enorm vergrößert haben (was eine großartige Sache sein kann), haben sie auch die meisten der gemeinsamen Verbindungen abgeschafft, die uns zu mehr Verantwortungsbewusstsein zwingen. Für einige ist das ein großer Nachteil des Online-Datings. Aber für andere ist es der Hauptvorteil. In der gleichen Studie gab fast die Hälfte der Opfer an, dass der:die Täter:in das eigene Profil gelöscht, sein:ihr Opfer blockiert oder entmatcht hat, um nicht erwischt zu werden.
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Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass ‚Are We Dating the Same Guy?‘ nur ein paar Wochen, nachdem ‚West Elm Caleb‘ auf TikTok viral ging, gegründet wurde. Falls du es nicht weißt: ‚West Elm Caleb‘ ist ein 1,90 m großer Brooklyner in den Zwanzigern, der beim Möbelhändler West Elm arbeitet. Anfang des Jahres wurden seine Tinder-Screenshots öffentlich, nachdem mehrere Frauen (darunter einige Influencerinnen) auf TikTok negative Erfahrungen mit ihm geteilt hatten. Die Geschichte entfaltete sich wie ein schmutziges Puzzle, das in Echtzeit zusammengesetzt wurde und das Porträt eines Serien-Daters enthüllte, der mehrere Frauen manipulierte, damit sie mit ihm schliefen, bevor er sie schließlich alle verließ.
Calebs Verhalten war nach Aussage derer, die mit ihm zusammen waren, zweifellos schrecklich, aber die Reaktionen auf ihn waren extrem. Er wurde auf der Social-Media-Plattform völlig zerrissen und der Hashtag #westelmcaleb erreichte fast 100 Millionen Aufrufe. Caleb ist bei Weitem nicht der einzige Typ, der ein echt beschissenes Dating-Verhalten an den Tag legt. Aber wie internet princess feststellt, hat er genau deshalb so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Jede:r hat schon einmal einen Typen wie West Elm Caleb gedatet. Er tauchte in der viralen Erzählung als eine Art Softboi auf, ein moderner Durchschnittstyp, der all das verkörpert, was Internet-Romantik ausmacht. Die kollektive Empörung bezog sich weniger auf die Verfehlungen eines einzelnen Brooklyner Playboys, sondern war vielmehr eine Massenkatharsis von Frauen, die von der gefühllosen, entmenschlichenden Dating-Landschaft der heutigen Zeit genervt waren.
‚West Elm Caleb‘ hatte eine doppelte Wirkung. Er warf ein Licht auf die gestörte Dynamik bei der Partnersuche, die durch das gebrochene Versprechen der Apps entstanden ist, die Liebe einfacher zu machen. Die Geschichte zeigte auch, wie mächtig eine große Community sein kann, wenn es darum geht, Informationen und Erfahrungen zu teilen. Wenn die Taten eines Mannes die ganze Welt erreichen können, dann gibt es vielleicht auch eine Möglichkeit, ausbeuterische Serien-Dater:innen in den Kreisen, in denen sie sich bewegen, zur Verantwortung zu ziehen.
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In den zehn Jahren, seit es Dating-Apps gibt, haben wir es einfach als selbstverständlich angesehen, dass wir nicht mehr über die Personen wissen, die wir treffen, als das, was sie uns erzählen. Aber in dem digitalen Panoptikum der Überwachung, das wir Tag für Tag mitaufbauen, könnte sich diese Normalität ändern. In einer Online-Dating-Welt, in der menschliche Interaktionen bereits zur Ware geworden sind, ist es vielleicht nur logisch, dass es einen Raum geben sollte, in dem wir diese Ware überprüfen und bewerten. So geschieht es schließlich auch auf jedem anderen Markt. Und ist es nicht genau das, was Dating-Apps ausmacht?
Trotz der Nachteile ist Online-Dating nicht nur schlecht. Viele Menschen haben online liebevolle, feste Beziehungen gefunden. „Wenn du dich ausschließlich auf Offline-Dating beschränkst, könntest du mit einem leeren Terminkalender dastehen“, sagt Cyber-Dating-Expertin und Beziehungscoach Julie Spina. Die Statistiken geben ihr Recht: Da immer mehr Menschen Apps nutzen, hat Online-Dating das Kennenlernen durch Freund:innen als häufigste Form des Kennenlernens von heterosexuellen (39 Prozent) und gleichgeschlechtlichen (65 Prozent) Paaren abgelöst.
Laut Julie kann das Hinzuziehen einer ‚Referenz‘ eine Möglichkeit sein, dein Date zu überprüfen und dich sicherer zu fühlen, während du den digitalen Balzprozess navigierst. „In einer perfekten Welt sollte jede:r eine:n Freund:in oder ein Familienmitglied als Referenz haben, aber verlass dich nicht darauf“, sagt Julie. „Das Beste am Online-Dating ist, dass es digitale Tools gibt, mit denen du Informationen über dein Date finden kannst.“
Julie empfiehlt, ein wenig im Internet zu schnüffeln, um herauszufinden, ob ihr einige gemeinsame Kontakte habt. Wenn sich dabei nichts ergibt, ist das okay. „Sei mutig und frage dein Date, ob ihr euch zu einem Doppeldate verabreden könnt oder bringe eine:n Freund:in mit, um auf ein kurzes Kaffee-Date zu gehen. Wenn jemand aufrichtig ist, wird er:sie verstehen, dass du dich sicher fühlen willst, wenn du jemand Neues kennenlernst.“
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Im Endeffekt, sagt Julie, kommt es darauf an, deinem Instinkt zu vertrauen. „Es ist immer wichtig, auf deine Intuition zu vertrauen, wenn du jemanden online kennenlernst, denn dein Bauchgefühl ist meistens genau richtig. Wage den Sprung ins kalte Wasser und hüte dich vor Menschen, die deine Grenzen nicht respektieren.“
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