Der diesjährige Schauenmarathon ist am 3. Oktober nach Stationen in New York, London und Mailand in Paris zu Ende gegangen. Das modische Fazit: 2018 bringt den „Summer of Love“ zurück. Auf den internationalen Laufstegen erleben wir gerade eine Art zweite sexuelle Revolution. Nachdem wegweisende Marken wie Gucci, Vetements und Céline den Genderless-Look auf die Straße brachten, der sich in braven Schluppenblusen, züchtigen Midi-Röcken, Oversize-Hoodies und Anzügen mit Anleihen aus der Herrenschneiderei entlud, zeichnet sich in der kommenden Saison eine Rückkehr zur Sexyness ab. Nein, nicht als Absage an den modernen Unisex-Look, sondern als Erweiterung. Das Genderless-Dressing, das vom jungen Modenachwuchs propagiert wird und in der Zusammenlegung der Frauen- und Herrenkollektionen gipfelt, zeichnet ein positives Abbild der heutigen Gesellschaft.
WerbungWERBUNG
Die Ungleichheit zwischen Mann und Frau wird bekämpft. Frauen wollen ihre Fähigkeiten nicht mehr durch gängige Geschlechterrollen bestimmen lassen, auf ihre Sexualität reduziert werden und dadurch ohnmächtig in eine Ecke gedrängt werden. Der Aufbruch von Gender-Kategorien ist auch in der Mode richtig und gut für unsere Entwicklung. Ebenso wichtig für eine befreite und gleichberechtigte Gesellschaft ist der offene und gesunde Umgang mit Sex – dafür hat die Hippie-Bewegung der 60er und 70er Jahre gekämpft und sich als Antwort auf die Prüderie der 50er Jahre aus der sexuellen Unterdrückung befreit. Die 10er Jahre des 21. Jahrhunderts orientierten sich wieder an der einstigen Prüderie und klammerten Sex aus dem gesellschaftlichen Diskurs fast völlig aus oder verbanden ihn mit Perversion, Gewalt oder Macht. Serien wie „Game of Thrones“ oder Bestseller wie „Fifty Shades of Grey“ sind nur ein paar Beispiele dafür.
Als George Michaels († 25. Dezember 2016) Song „Fredoom! 90's“ jüngst über den Mailänder Laufsteg tönte und Donatella Versace zum Finale ihrer Frühjahr/Sommer 2018 Präsentation flankiert von den 90er-Supermodel-Ikonen Carla Bruni (49), Claudia Schiffer (47), Naomi Campell (47) und Cindy Crawford (51) über den Laufsteg lief, wirkte der Anblick ihrer Power-Dekolletés in funkelnden Roben tatsächlich befreiend. Donatellas Show und die gesamte Kollektion sind eine Hommage an ihren Bruder und Label-Gründer Gianni Versace, der vor 20 Jahren auf den Stufen seiner Villa in Miami erschossen wurde.
Die italienische Designerin ging in die Archive ihrer Ateliers und legte die ikonischen Prints und It-Pieces, die zwischen 1991 – 1995 unter der kreativen Leitung von Gianni Versace entstanden, modern auf. Neben Ornament-Mustern, Warhol-Drucken und knalligen Farben transportierten vor allem die Schnitte der Frühjahr/Sommer-Kollektion 2018 die Botschaft des George-Michael-Songs aus dem Jahre 1990 in die Welt: hautenge Leggings, ultrageschlitzte Kleider und vor allem Korsagen, die den Busen so pushen, dass kein Gesetzt der Schwerkraft dagegen ankommt.
WerbungWERBUNG
Gianni Versace deklarierte Sexappeal zur feministischen Botschaft und verlieh dem weiblichen Körper mit seinen fast schon obszönen Schnitten Stärke. Übermodels à la Claudia Schiffer und Cindy Crawford wurden durch ihn zu einer ganz neuen Art von Sexsymbolen stilisiert, die nicht mehr der männlichen Phantasie entsprangen, sondern mutig ihre eigene Sexualität formulierten und sich nahmen, was sie brauchten.
Nicht nur Donatella Versace erinnert sich jetzt an die Macht der weiblichen Kurven. Von New York bis nach Paris feiern die Designer die Rückkehr der Sexyness und setzen sie auf moderne Weise für den Sommer 2018 um.
Push it Baby!
Der Wonderbra, der in den 90er Jahren den Busen zur Perfektion formte, ist in Form von Push-up-Korsagen und BH-Tops auf den Laufsteg zurückgekehrt: Als Teil enger Jumpsuits, die mit besetzten FunkelSteinen wie sexy Rüstungen daherkommen (Christian Dior), als coole Jeans-Corsagen (Mugler) oder als raffiniert geschnürte (Saint Laurent) und drapierte (Off White) Tops.
Mini vs. Midi
A-linienförmige Minis in Retro-Shapes lösen jetzt züchtige Midis ab. Sie erinnern an ihre Erfinderin Mary Quant, die damit in den 60er Jahren eine modische Revolution auslöste: 2018 bekommt der Mini-Rock aus Lackleder in Kombination mit weitem Bouclé-Blazer (Sonia Rykiel), mit futuristischem, wellenartigem Saum (Ellery) und in Schlangenleder-Optik (Chloé) eine moderne Note. In Kombination mit transparenten Lack-Overknees vereinen Ultra-Minis aus Bouclé Vergangenheit und Zukunft (Chanel).
WerbungWERBUNG