„Es dauert halb so lange, wie du mit jemandem zusammen warst, bis du über diese Person auch wieder hinweg bist“, sagte mal Charlotte York aus Sex And The City. Diese Beziehungsweisheit ist zwar eine grobe Vereinfachung davon, wie sich ein gebrochenes Herz wirklich anfühlt, hat uns aber doch ein besseres, leichteres Verständnis für die chaotische Zeit nach einer Trennung geschenkt. Wieso? Weil diese mathematische Gleichung so viel unkomplizierter ist als die emotionale Achterbahnfahrt, die uns nach einer Trennung oft erwartet.
Natürlich gibt es nicht die eine Antwort darauf, wie (und wie schnell) man eine Trennung am besten hinter sich lassen sollte. Trotzdem können wir einiges unternehmen, um den Heilungsprozess zumindest so angenehm wie möglich zu gestalten.
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Was heißt es überhaupt, mit jemandem „abzuschließen“?
Zuallererst solltest du verstehen, was das „Hinwegkommen“ über eine:n Ex überhaupt bedeutet, meint die Psychologin Dr. Linda Blair. Obwohl viele Leute glauben, mit einer Trennung wirklich abgeschlossen zu haben, ist ein echter Abschluss eigentlich erst nach zwei konkreten Schritten möglich. „Den ersten Schritt kannst du leider überhaupt nicht beeinflussen – und das ist die Zeit“, erklärt Dr. Blair. „Du musst schlicht ergreifend warten, bis du keine starken Gefühle mehr empfindest, wenn du an diese Person denkst oder an sie erinnert wirst. Erst, wenn du ganz leidenschaftslos an diese Person denken kannst, hast du das Zeit-Element der Trennung hinter dir.“
Wie lange dauert diese erste Phase ungefähr? Laut den Expert:innen hängt das von diversen Faktoren ab – zum Beispiel davon, ob es deine erste ernste Beziehung war, wie lange ihr zusammen wart, ob ihr zusammengelebt habt, einen Freundeskreis teilt und wie viele gemeinsame Gewohnheiten ihr als Paar entwickelt habt. „Es kommt auf die Intensität der Beziehung und Trennung an“, meint Dr. Blair. „Es ist eine Art der Trauer nach einem Verlust, und die meisten Verluste haben wir erst nach einem Jahr überwunden.“
Warum Selbstreflexion so wichtig ist
Sobald du beim Gedanken an deine:n Ex nicht mehr am liebsten Geschirr auf dem Boden zerschmettern würdest, ist es an der Zeit, zum zweiten Schritt überzugehen: der Selbstreflexion. Dazu betont Dr. Blair, wie wichtig es ist, ein starkes Support-Netzwerk um dich herum zu haben, das dir während dieser Phase zur Seite steht. „Setz dich mit einer vertrauten Person hin und frage: ‚Was habe ich aus alldem gelernt?‘, und: ‚Welche Rolle habe ich darin gespielt, dass alles schief lief?‘ Wenn du darüber nicht nachdenkst, wirst du alle alten Fehler nämlich einfach wiederholen und am Ende wieder in derselben Situation landen“, erklärt sie.
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Dieser Rat allein genügt vielen Leuten schon, um mit einer Trennung heilsam abzuschließen. Manche haben aber größere Schwierigkeiten dabei, die Phasen nach einer Trennung zu durchlaufen. „Gewisse Charakterzüge können dabei einen großen Einfluss haben“, sagt Dr. Blair. „Wenn du eher impulsiv und extrovertiert bist oder nur ungern in dich hineinhörst, kann es sein, dass du überstürzt mit deiner Trennung abschließen willst, bevor du alles wirklich verarbeitet hat. Introvertierte Menschen haben dahingehend den Vorteil, dass sie sich allein wohl fühlen und daher eher die Ruhe zur Selbstreflexion haben.“
Die Persönlichkeit ist nicht der einzige Grund dafür, dass der Prozess des Verarbeitens manchen leichter fällt als anderen. Wenn du größere Probleme damit hast, den Verlust einer Beziehung zu verdauen, kann das auch mit einem Schamgefühl zusammenhängen, das dich davon abhält, dich mit deinen Emotionen auseinanderzusetzen. „Ich glaube, manche Leute haben den Eindruck, ‚versagt‘ zu haben. Niemand versagt gerne. Aber eine Trennung ist kein Versagen“, betont Dr. Blair. „Jedes Mal, wenn etwas schief geht, lernst du dazu. Obwohl das wehtut, wirst du jedes Mal weiser, wenn du einen Fehler machst.“
Es ist wichtig, dir selbst Zeit und Raum zu gewähren
Wenn du dich mit starken Gefühlen wie Scham herumschlägst, halten sie dich davon ab, die emotionale Arbeit zu leisten, die entscheidend wäre. Womöglich hast du dadurch den Eindruck, auf deinem Weg zur Heilung „stecken zu bleiben“. Vielleicht glaubst du sogar, der einzige Mensch zu sein, der einfach nicht mit einer Trennung abschließen kann; laut der Beziehungstherapeutin Jennifer Warwick ist es aber fast unmöglich, nie über eine:n Ex hinwegzukommen. „Es kommt dir vielleicht extrem schwierig vor, einen Schlussstrich zu ziehen und wieder glücklich zu werden. Das passiert aber, wenn du dir selbst genug Zeit und Raum gibst“, erklärt sie.
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Manche brauchen eine Therapie, um diese Phase zu erreichen. Auf jeden Fall solltest du dir eingestehen, wenn dir eine Trennung dabei in die Quere kommt, dein Leben ganz normal weiterzuführen, meint Jennifer. Das kann sich beispielsweise dadurch äußern, dass du über längere Zeit hinweg alltägliche Aktivitäten (wie die Arbeit oder Treffen mit Freund:innen) verpasst. Obwohl es nicht immer nötig ist, empfiehlt Jennifer in solchen Situationen, mit einem Therapeuten oder einer Therapeutin zu sprechen. „Auch Beziehungsberater:innen können dir dabei helfen, deine Gefühle rund um die Trennung zu verarbeiten und einen Weg zur Heilung zu finden“, erklärt sie.
Anderen bringt es am meisten, die Heilung allein in Angriff zu nehmen. Sowohl Jennifer als auch Dr. Blair empfehlen dazu, alles niederzuschreiben. „Notiere dir, was du rund um die Beziehung empfindest – egal, in welcher Reihenfolge. Danach liest du dir all das nochmal durch und versuchst, es zu ordnen“, meint Dr. Blair. „Das Leben ergibt erst Sinn, wenn wir es im Nachhinein betrachten. Wenn du alle Ereignisse und Gefühle sinnvoll ordnest, kann das beruhigend wirken, weil unser Gehirn gut auf tiefere Bedeutungen anspricht. Lass also erstmal alles raus, sortiere dann deine Gedanken – und dann kannst du die Notizen auch wegwerfen, wenn du das möchtest. Sie gehen ja auch niemanden außer dir etwas an.“
Wie lange sollte es also dauern, über jemanden „hinwegzukommen“? Die wahre Antwort lautet: Das kommt drauf an. „Es wird einige Zeit dauern, und du solltest nachsichtig mit dir selbst umgehen. Es ist wichtig, deinem Kopf auch mal eine Pause zu gönnen“, erklärt Jennifer. Und wenn du manchmal das Gefühl hast, die ganze Heilung sei zu überwältigend, solltest du tief durchatmen – und vielleicht ein bisschen frische Luft schnappen. „Wenn wir das Haus verlassen, werden wir daran erinnert, dass sich die Welt immer noch weiterdreht und du es irgendwann auch tust.“ Charlotte York hat vielleicht Trost in ihrer mathematischen Formel gefunden. In Wahrheit haben wir aber alle unseren ganz eigenen Heilungsprozess – und der dauert eben so lange, wie er soll.
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